Название | Helmut Schön |
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Автор произведения | Bernd-M. Beyer |
Жанр | Сделай Сам |
Серия | |
Издательство | Сделай Сам |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783730703175 |
Der Neue war der Mann des Tages, erzielte das erste Tor und gab die Vorlagen für beide weiteren Treffer des DSC, der das Spiel 3:2 gewann. Unter den 20.000 Zuschauern befanden sich 700 Dresdner, die mit dem Sonderzug angereist waren. Nach dem Schlusspfiff riefen sie den Zeitungsreportern zu: »Nu fahr’n m’r vergniegt heeme.«
Während der »Fußball«-Korrespondent den Debütanten Schön uneingeschränkt lobte, blieb der Berichterstatter des »Dresdner Anzeigers« zurückhaltender: »DSC. nahm für dieses so bedeutende Treffen den Junior Schön auf den so bedeutenden Posten des Mittelstürmers, vielleicht etwas früh für den schmalen, hochaufgeschossenen Jungen. Aber seine feinen, schulgerechten Vorlagen, verbunden mit Hofmanns Energie als Mittelläufer, retteten in den dramatisch bewegten, drangvollen Viertelstunden Vorsprung, Sieg und Punkte. […] Schade, daß der sympathische 17-jährige [sic] Schön so früh in die ›Knochenmühle‹ des Punktkampfes hineingenommen wurde. Für so anstrengende Aufgaben fehlt ihm doch wohl noch etwas Puste.«
Die Sorge, das junge Talent könne zu früh »verheizt« werden, trieb einige Wochen später auch den »Fußball« um. Sein Berichterstatter schrieb vom »befähigten Junior Schön, dem hoffentlich nicht zu viel von der DSC.-Leitung zugemutet wird«. Allerdings wurde Schön nicht bei jedem Spiel eingesetzt und zwischendurch immer mal wieder geschont. In der Vereinszeitung beeilte man sich zu versichern: »Wir werden Schön immer wieder in geeigneten Spielen einsetzen, wobei wir uns selbstverständlich bewußt sind, daß zwischen solchen Spielen entsprechende Ruhepausen liegen müssen.«
Um die Deutsche Meisterschaft
Schöns erste Trophäe, gewonnen im Dezember 1933, trägt keinen schönen Titel. Es handelte sich um den »Mutschmann-Pokal«, vom Reichsstatthalter ausgelobt für eine Art sächsischer Pokalrunde. Im Finale, das in Anwesenheit Mutschmanns im Ostragehege stattfand, beendete der DSC mit einem glatten 6:1 den Siegeszug der zweitklassigen Dresdner Sportfreunde, die zuvor überraschend VfB Leipzig und Polizei Chemnitz ausgeschaltet hatten. Schön spielte Mittelstürmer und musste anschließend mithelfen, des Statthalters protzigen Pokal wegzuschleppen, der laut »Fußball« »in seiner Form lebhaft an den heißumkämpften ›Pokal der Arbeit‹, den Pokal unseres sportverständigen und sportbegeisterten Führers«, erinnerte.
Der DSC gewann in Schöns Debüt-Saison 1933/34 auch die Gauliga Sachsen und war damit qualifiziert für die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft, die in vier Vorrundengruppen ausgetragen wurde. Der DSC musste gegen Borussia Fulda, 1. FC Nürnberg und Wacker Halle antreten. Im ersten Spiel gegen Fulda wurde Schön noch geschont, doch er war dabei, als es im April zum Altmeister 1. FC Nürnberg ging. Der »Fußball«, der in Süddeutschland seine größte Lesergemeinde hatte, kündigte ihn dem Publikum als Attraktion an: »Nürnberg wird sich über den Mann, wenn er nur seine Normalform mitbringt, sehr wundern.« Mittelstürmer Schön erreichte mehr als seine Normalform und erzielte beim 2:1-Sieg gleich beide Dresdner Tore. Seine Treffer waren »Glanzleistungen an Ballführung und Situationsbeherrschung«, wie der »Fußball« urteilte. Auch der »Deutsche Fußballsport«, amtliches Organ des DFB, lobte ihn: »Besonders ihr junger Mittelstürmer ließ die früheren Besetzungssorgen im Sturm vermissen. Er schoss zwei sehr schöne Tore.«
Spätestens dieses Endrundenspiel bedeutete wohl den endgültigen Durchbruch für den Youngster. Noch mehr als drei Jahrzehnte später, im Mai 1968, erinnerte sich Torhüter Willibald Kreß bei einer öffentlichen Veranstaltung an Schöns damaligen Auftritt: »Wir hatten Stürmer-Sorgen. Es blieb uns nichts anders übrig, als auf die Jugendmannschaft zurückzugreifen. Da gab’s so einen langen, schlaksigen Kerl – den ließen wir kommen. Und dieser lange Bursche ließ zweimal die gesamte Nürnberger Hintermannschaft stehen, spielte auch noch Torwart Köhl aus und spazierte mit dem Ball ins Tor. Das war beinahe unverschämt.«
Dank seiner beiden Treffer konnte Gymnasiast Schön auch sein Taschengeld aufbessern. Der Wirt des DSC-Vereinslokals hatte für jedes Tor dem jeweiligen Schützen 20 Mark versprochen. Da es nur einen Torschützen gab, wollte der gute Mann auch nur 20 Mark zahlen, doch Richard Hofmann, so erzählte es Schön, sorgte »für klare Verhältnisse«, und der Schüler war um 40 Mark reicher.
Trotz des überraschenden Auswärtssieges reichte es in der Endrunde 1934 nicht zum Gruppengewinn. Die Nürnberger konnten sich durch einen Sieg im Rückspiel knapp durchsetzen; nur aufgrund eines besseren Torquotienten erreichten sie das Halbfinale. (Die heute gültige Tordifferenz hätte für den DSC gesprochen.) Auch dort kam der »Club« weiter, doch im Endspiel verlor er gegen die kommende Übermannschaft, den FC Schalke 04, der damals seinen ersten nationalen Titel holte. Die Dresdner trösteten sich im Ostragehege mit einem Freundschaftsspiel gegen Real Madrid, das mit seiner Torhüterlegende Ricardo Zamora anreiste. Schön, Hofmann, Kreß und Co. bekamen beim 0:3 eine Lehrstunde erteilt.
Im Verlauf einer einzigen Spielzeit war Schön vom Nachwuchstalent nicht nur zum Stammspieler aufgestiegen, sondern gleich zu einem der Leistungsträger und Stars des Dresdner SC. Der »Fußball« glaubte sogar, der »ungemein begabte Mittelstürmer Schön« sei derzeit »der bedeutendste D.S.C.ler«. Eine atemberaubende Karriere – schließlich ging er noch immer aufs Gymnasium und war noch immer einer, der respektvoll zu den älteren Teamkollegen aufsah. Den »Fußball«, der in München erschien, las der junge Mann anscheinend nicht – in seiner Kladde gibt es jedenfalls keine Ausschnitte daraus. So verpasste er womöglich auch die Ausgabe vom 18. Dezember 1934, in der die Fachzeitschrift ihm ein persönliches Porträt widmete – eine Ehre, die selten vorkam.
»Sachsens Olympiakandidat Helmuth Schön zählt bestimmt zu den jüngsten Stars des deutschen Fußballreiches«, begann der ausführliche Artikel (in dem Schöns Vorname, wie künftig noch oft, falsch geschrieben wurde). Im Rückblick auf dessen Werdegang wurde betont, Schön sei kein »Gezogener«, also kein von einem anderen Verein Verpflichteter, »wie so viele andere Größen der Gegenwart«. Es folgte eine Aufzählung der »hervorragenden technischen Anlagen dieses Jungen. […] Es zeichnen ihn in allererster Linie vollendete Körperbeherrschung, Täuschungsvermögen, sichere Ballführung, uneigennützige Ballabgabe und ein grundgesunder Schuß aus allen ›Lebenslagen‹ aus. […] Persönlich ein überaus bescheidener, frischer, nicht angekränkelter Junge, so steht Schön in den Reihen der Olympiakandidaten des Reiches.«
So liest sich die Ouvertüre zu einer großen Karriere.
EXKURS
Helmut Schön und seine Lehrmeister
Schon als Junge schwärmte Helmut Schön für Matthias Sindelar, und diese Bewunderung hielt sich. Den Stürmerstar der Wiener Austria und der österreichischen Nationalmannschaft, des »Wunderteams«, nannte er auch später noch ernsthaft »mein Vorbild«. Die beiden glichen sich schon von der Statur her: schlank, hoch gewachsen und wenig robust. Auch die Spielweise von Schön und Sindelar wies Parallelen auf: Beide glänzten durch technische Eleganz und Dribbelstärke, besaßen Spielübersicht und bewiesen zudem Torgefährlichkeit.
Als der »Fußball« im Dezember 1934 auf die »papierene Verfassung« der »langen Latte« Schön hinwies, war dies wohl keine zufällige Anspielung auf den berühmten »Papierenen« Sindelar. Auch dem westdeutschen Sportjournalisten Willi Busse fiel die Ähnlichkeit auf. Er beobachtete den jungen Schön in einem Spiel der Gau-Auswahlen von Sachsen und Mittelrhein im Oktober 1934 und schwärmte: »Die Leistung dieses jungen Talents grenzte bereits an fußballerische Vollendung. […] Er spielte wie Sindelar! Mit Fuß und Kopf fehlerlos. Schnell in der Bewegung, mit technischen Einlagen wie Sindelar, als er den hoch heranfliegenden Ball virtuos zu dem zehn Meter weiter entfernten Chemnitzer Erwin Helmchen abrollen ließ. Ob Schön hart genug ist, um im Nahkampf seine Künste anzubringen? Er hat es nicht nötig, sich in körperliche Zusammenstöße