Die Ankündigung. Nancy Mehl

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Название Die Ankündigung
Автор произведения Nancy Mehl
Жанр Языкознание
Серия Ein Kaely-Quinn-Krimi
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783775175098



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sachlich fest.

      »Da bin ich mir allerdings nicht so sicher.«

      »Dann prüft das bitte.«

      »Machen wir.«

      »Ihr müsst auch eine Erklärung für die Tierhaare finden.«

      »Welche Tierhaare?«, fragte Phil.

      »Tierhaare auf den Kleidern der Opfer. Tierhaare bei ihnen zu Hause.«

      »Wir haben nur ganz wenige gefunden. Bestimmt versehentlich dort eingeschleppt. Passiert andauernd. Freunde und Angehörige kommen zu Besuch und bringen ihre Tiere mit.«

      »Kann sein, aber erklär mir mal die Hundehaare am Hals bei zwei Opfern.«

      Solomon hörte, wie Phil Unterlagen durchblätterte. »Oh … okay.«

      »Sie wurden mit einer Leine erwürgt. Einer Hundeleine.«

      »Aber dieser Kerl … Ich meine …«

      »Morgan ist stark genug, um jemanden von hinten zu erdrosseln, Phil. Vielleicht findet ihr bei den Opfern zu Hause eine Art Flugblatt. Du weißt schon – irgendeinen Spendenaufruf, zum Beispiel für ein Tierheim. Damit könnte er sich Zutritt verschafft haben. Selbst Leute, die keine eigenen Haustiere haben, können nur schwer Nein sagen, wenn jemand misshandelten Tieren helfen will.«

      Diesmal sprach die Stille in der Leitung Bände.

      »Ihr habt schon so was gefunden, stimmt’s?«

      »Stimmt. Bei zwei Opfern in der Wohnung. Wir dachten, die seien in der Gegend verteilt worden.«

      »Nein«, entgegnete Solomon. »Er hat sich damit Zugang verschafft. Weil er einen harmlosen Eindruck machte, haben die Leute ihn reingelassen.«

      Phil schnaubte. »Jetzt warte mal. Die Opfer waren bereit, für den guten Zweck zu spenden, aber das war nicht genug?«

      »Nicht für diesen Kerl. Vermutlich meint er, die wollen sich nur freikaufen.«

      »Das ist doch Quatsch!«

      »Oha … war das jetzt eine ernsthafte Bemerkung?«

      »Nein. Also gut, wir sehen zu, dass wir ihn finden und noch einmal vernehmen. Ich halte dich auf dem Laufenden.«

      »Ich bitte darum. Und … ach ja, dieser Kerl nimmt keine echten Trophäen mit, aber vielleicht entdeckt ihr ja leere Lebensmittelverpackungen aus den Wohnungen der Opfer. Ihr könntet sogar Spendengelder finden. Möglicherweise hat er sie noch nicht weitergeleitet, aber falls Schecks auftauchen …«

      »Wir schauen. Und … Solomon …«

      »Ja?«

      »Ich danke euch. Es könnte sein, dass deine Agentin einen vierten Mord verhindert hat. Sie ist wirklich erstaunlich. Jemand wie sie ist mir noch nie begegnet.«

      »Ich weiß. Und … übrigens, Phil, Special Agent Quinn ist sich durchaus bewusst, dass ihr es seid, die diese Fälle eigentlich lösen. Ohne Morgans Aussage in der Akte hätte sie diesem Kerl niemals auf die Spur kommen können.«

      Vom anderen Ende der Leitung kam ein leises Lachen. »Ich weiß, dass sie Respekt vor uns hat, Solomon. Das ist einer der Gründe, warum wir sie so schätzen. Ich bin auch überhaupt nicht beleidigt. Nur sehr dankbar.«

      »Seht einfach zu, dass ihr die nötigen Beweisstücke findet, um diesen Fall zu lösen, damit wir Kaely aus dem Spiel lassen können. In der Verhaltensanalyse sind ihre Alleingänge nicht so gern gesehen. Mach’s gut, Phil.«

      »Du auch.«

      Solomon legte auf und sah auf die Uhr. 20:30 Uhr. Eigentlich sollte er schon längst zu Hause sein, aber er war noch nicht fertig. Joyce, seine Frau, war in den letzten Monaten immer stiller geworden. Er wusste, wie sehr sie ihren Sohn Austin vermisste, der vor ein paar Monaten als letztes Kind das Haus verlassen hatte, um aufs College zu gehen. Ihre Tochter Teresa war nun im dritten Studienjahr und Hannah, ihre andere Tochter, schon verheiratet und lebte in Seattle. Das elterliche Nest war leer und Joyce fühlte sich verlassen und nutzlos. Er hatte gehofft, dass sie sich andere Beschäftigungen suchen und neue Interessen entwickeln würde. Aber bisher war das nicht geschehen. Sie schien so auf ihn fixiert und verlangte nach mehr Aufmerksamkeit, als er ihr geben konnte. Wenn er abends von der Arbeit kam, fühlte er sich körperlich und emotional ausgelaugt. Joyce wollte gern mit ihm auf eine zweiwöchige Kreuzfahrt in die Karibik gehen und lag ihm schon lange damit in den Ohren. Vielleicht würde es sich irgendwann machen lassen. Sein Stellvertreter konnte für eine Weile die Leitung übernehmen. Ron war zwar noch nicht lange da, aber er war eine hervorragende Vertretung. Und warum wehrte Solomon sich eigentlich innerlich gegen den Wunsch seiner Frau? Warum zog es ihn nicht nach Hause? Er griff zum Telefon und rief Joyce an, um ihr zu sagen, dass er nun endlich auf dem Weg sei. Sie klang bedrückt. Und er fühlte sich schuldig.

Ornament

      Kaely bremste vor dem Pförtnerhäuschen an der Einfahrt zu ihrem geschlossenen Wohnkomplex. Ernie Watts, der Wachmann, lächelte ihr zu und winkte sie durch. Als Polizist im Ruhestand sicherte er nun die Anlage, in der Kaely eine Eigentumswohnung hatte. Eigentlich hätte sie lieber auf dem Land gelebt, fernab der vielen Menschen. Aber Drohungen in der Vergangenheit machten einen gewissen Schutz unumgänglich.

      Sie steuerte ihren Wagen auf ihren überdachten Parkplatz und stieg aus. Der Novemberwind blies ihr scharf ins Gesicht, als sie zu ihrer Eingangstür lief. Ihre Maisonettewohnung kam ihrem derzeitigen Lebensstil sehr entgegen. Sie war pflegeleicht und sicher, aber nicht mehr als ein Platz zum Schlafen und Arbeiten. Alex hatte oft gewitzelt, ihr Zuhause sei ungefähr so einladend wie ein Motelzimmer: schnörkellos, jedes Ding an seinem Ort, nichts, was nicht irgendwie funktional wäre. Aber genau so wollte Kaely es haben.

      Sie schloss auf, trat ein und zog schnell die Tür hinter sich zu. Ihr erster Weg führte sie in die Küche, wo das Licht brannte. Ihre Freundin Georgie stand hinter der Küchentheke und lächelte sie an.

      »Hallo«, begrüßte sie Kaely, als sie hereinkam. »Hast du Mr Hoover vergessen?«

      Kaely seufzte. »Danke, dass du mich daran erinnerst. Eigentlich wollte ich gar nicht so spät kommen. Was wäre ich ohne dich?«

      Ein Schmunzeln ging über Georgies freundliches, von braunen, welligen Haaren umrahmtes Gesicht. »Ich weiß nicht. Hoffentlich ist es okay für dich, dass ich mich reingelassen habe.«

      »Klar. Du kommst immer genau zur richtigen Zeit.« Mr Hoover, Kaelys Kater, sprang auf die Anrichte und setzte sich. Ein schönes Kerlchen. Genau so hatte sie sich immer ihr erstes Haustier vorgestellt. Graue Streifen, eine weiße Nase und vier weiße Pfoten. Sie lächelte, als er anfing, laut zu schnurren.

      »Bist du froh, dass du auf meinen Rat gehört und Mr Hoover in dein Leben gelassen hast?«, fragte Georgie.

      »Ja. Du hattest recht. Er ist genial. Als Kinder durften wir keine Haustiere haben.«

      »Ich weiß. Tut mir leid.« Ihre braunen Augen waren voller Mitgefühl.

      »Danke, aber das ist schon okay. Vor allem jetzt, wo ich ihn habe.«

      Der stattliche Kater schnurrte noch lauter, als habe er Kaelys Worte verstanden. Kaely hatte ihn richtig lieb gewonnen und sogar nach dem berüchtigten Direktor des FBI benannt. Bei ihren unregelmäßigen Arbeitszeiten und ihrer Eigenart, sich in Fälle zu verbeißen, war sie nicht so sicher gewesen, ob sie eine gute Haustierbesitzerin sein würde. Gut, dass Georgie immer in der Nähe war und sie daran erinnerte, was Mr Hoover brauchte. So war Kaely zuversichtlich, diesen Probelauf zu bestehen.

      Kaely war sehr dankbar für Georgie. Eine Freundin, genau wie sie sie brauchte. Eine, mit der sie über alles reden konnte, die ihr aber andererseits nie zu nahetrat. Sie erinnerte Kaely an ihre beste Schulfreundin. Eine der vielen, die sie verloren hatte, nachdem ihr Vater festgenommen worden war.

      »Was hattest du denn zum