Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel. Nadine Erdmann

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Название Die Totenbändiger - Äquinoktium - Die gesamte erste Staffel
Автор произведения Nadine Erdmann
Жанр Языкознание
Серия Die Totenbändiger - Die gesamte Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783958344105



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Karte. »Knapp hundertfünfzig Meter den Weg entlang.«

      »Na, dann hoffen wir mal, dass wir dort was finden«, meinte Connor. »Wenn die Schächte alle in Ordnung sind und die Geister nicht aus dem Untergrund kommen, können wir den Anwohnern hier nämlich nicht helfen. Gegen die Geistermigration aus den Nobelvierteln sind wir machtlos, solange der Stadtrat die Spuk Squads nicht aufstockt. Und dafür werden die mit Sicherheit so schnell keine Gelder lockermachen.«

      »Ich fürchte, selbst wenn an einem der Schächte etwas nicht in Ordnung ist, liegt ein Teil des Problems trotzdem an der Geistermigration.« Gabriel trat zu den anderen beiden zurück auf den Parkweg. »Sky hat schon recht. Es war klar, dass wir hier in Camden die Leidtragenden vom Zaun am Regent’s Park sein werden.«

      »Wow, dann hat mir ja doch jemand zugehört und ich hab gerade keine Selbstgespräche geführt.«

      »Das heißt nicht, dass ich meinen Kaffee nicht trotzdem lieber ohne Gebrabbel geschlürft hätte.«

      »Vielleicht bekommen wir dann ja jetzt endlich die versprochene Verstärkung in unser Team«, überging Sky seinen Kommentar geflissentlich. »Wenn die Schächte hier alle okay sind, können Thad und Pratt sicher mehr Druck machen, damit wir die Nächsten sind. Wichtigstes Einstellungskriterium für unseren Zuwachs: Es muss ein Morgenmensch sein.« Sie grinste frech zu ihrem Bruder und deutete dann nach links. »Da drüben hinter den Büschen müsste laut Karte der Eingang zum Wartungsschacht liegen.«

      Tat er auch – halb verdeckt unter altem Laub. Die Eisenplatte, die man als Siegel über dem eigentlichen Eingang angebracht hatte, ähnelte der Platte am Lüftungsschacht, war allerdings deutlich größer. Auch sie war schon älter und hatte Rost angesetzt, Löcher oder Risse gab es aber auch hier keine.

      Trotzdem stimmte etwas mit der Platte nicht.

      »Seht euch die Schweißnähte an.« Connor hatte sich wieder hingehockt, um die Platte besser in Augenschein nehmen zu können.

      »Die sind schief und viel unregelmäßiger als die am Lüftungsschacht«, stellte Sky fest. »Sieht nicht so aus, als hätte das ein Profi gemacht.«

      Gabriel fuhr mit dem Finger über eine der Nähte. »Nein. Und sie sind auch nicht so alt wie die Platte.«

      Connor zog sein Handy aus der Hosentasche und machte ein paar Fotos. »Okay. Wie wahrscheinlich ist es, dass das hier das Werk von Adrenalinjunkies ist, die nach ihrem Abenteuer im Untergrund den Schacht zum Wohle der Bevölkerung brav wieder verschlossen haben?«

      »Ungefähr so wahrscheinlich wie ein Besuch der Zahnfee«, seufzte Sky Übles ahnend.

      »Ich schicke Thad die Fotos und sage ihm, dass wir hier vermutlich einen Ablageort haben.«

      Da der Londoner Untergrund nicht betreten werden durfte, nutzten viele Kriminelle ihn zum Entsorgen von Beweismitteln oder um gefahrlos unliebsame Zeugen loszuwerden. Sie töteten ihre Opfer nicht, sondern brachten sie stattdessen schwerverletzt in den Untergrund, um sie dort sterben zu lassen. Auf diese Weise konnten die Verbrecher sich rechtzeitig in Sicherheit bringen, bevor ihre Opfer zu Geistern wurden. An einem Verlorenen Ort fiel ein weiterer Geist nicht auf und weil niemand diese Orte betrat, blieben Leichen meistens unentdeckt.

      Die alten Schächte der U-Bahn wurden außerdem von skrupellosen Firmen auch gerne als Ablageort für Giftmüll benutzt, um sich die Kosten für eine ordnungsgemäße Entsorgung zu sparen.

      Doch egal, welches Verbrechen vertuscht werden sollte, um zu verhindern, dass man ihnen auf die Schliche kam, versiegelten die Kriminellen die Zugänge, die sie benutzt hatten, in der Regel wieder. Niemanden sollte durch erhöhtes Geisteraufkommen darauf aufmerksam werden, dass ein Eingang geöffnet worden war.

      Alles andere als angetan davon, gleich in den Schacht hinuntersteigen zu müssen, um mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit die Hinterlassenschaften irgendeines Verbrechens zu untersuchen, richtete Sky sich wieder auf. »Klärt ihr die Sache mit Thad. Ich hole unsere Ausrüstung her.«

      Keine zehn Minuten später hatte Sky ihren Wagen von der Branch Hill Road in den Park geholt. Sie parkte auf dem Weg nahe des Wartungsschachts und legte den Ausweis, der das Fahrzeug als Dienstwagen der Metropolitan Police auswies, gut sichtbar hinter die Windschutzscheibe. So spießig, wie es hier aussah, kamen mit Sicherheit bald ein paar neugierige Nachbarn vorbei, um nachzusehen, warum hier ein Wagen stand, der zu keinen Gärtnereibetrieben gehörte.

      »Und?«, fragte sie, als sie ausstieg und den Kofferraum öffnete.

      »Wir sollen den Schacht öffnen und nachsehen«, gab Connor Thads Anweisungen weiter.

      »Dann hoffen wir mal, dass es nicht allzu eklig wird. Ich hab heute nämlich ausnahmsweise mal vor meiner Schicht gegessen.«

      Sie legten ihre Ausrüstungsgürtel um und während Connor und Gabriel die Öffnung zum Untergrund mit einem Ring aus einer dicken Eisenkette absicherten, machte Sky sich mit einem Schneidbrenner daran, die Platte zu lösen. Darunter kam die eigentliche Einstiegsluke zum Vorschein.

      »Bereit?«, fragte Connor, als er das Schloss der Luke geknackt hatte.

      Gabriel und Sky positionierten sich so, dass sie Geister, die eventuell hinter der Öffnung lauerten, sofort bändigen konnten.

      Als die beiden nickten, zog Connor die Luke auf.

      Eisenstiegen einer Leiter und nackte graue Betonwände kamen zum Vorschein.

      Dann schlug ihnen ein Schwall widerlicher Luft entgegen.

      Metallisch. Faulig. Und ekelhaft süß.

      Verwesungsgeruch.

      »Super«, stöhnte Sky.

      Da keine Geister im Schacht lauerten, wandte sie sich ab und reichte Connor und Gabriel Atemmasken. Die waren bei der Erkundung von verlassenen Häusern oder Tunneln, in denen man auf gefährlichen Schimmel oder verwesende Leichen treffen konnte, unerlässlich.

      »Wie tief geht es runter?«

      »Laut Plan der Stadtwerke ungefähr zwanzig Meter.« Connor zog sich seine Maske über. »Der Schacht führt in einen Tunnel, der oberhalb des U-Bahn-Tunnels parallel nach Norden und Süden verläuft, Zugänge zu den tiefer liegenden Bahngleisen liefert und zu zwei stillgelegten Technikräumen führt.«

      Gabriel hatte ein Seil an den Karabinerhaken seiner Taschenlampe geknotet und schaltete das Magnesiumlicht ein, um mögliche Geister zu verscheuchen, die vielleicht in der Dunkelheit am Fuße des Schachts lauerten.

      »Hoffentlich müssen wir nicht den kompletten Bereich absuchen.« Er ließ seine Lampe in die Tiefe sinken.

      »Glaube ich nicht. Auch wenn der Zugang von der Straße uneinsehbar ist, wird sich der Täter hier trotzdem nicht länger als nötig aufgehalten haben.«

      »Und so wie es in dem Schacht riecht, liegt die Leiche mit Sicherheit ganz in der Nähe«, fügte Sky naserümpfend hinzu.

      »So wie es riecht, wette ich, dass da unten nicht nur eine Leiche liegt.« Vorsichtig ließ Gabriel seine Taschenlampe noch weiter in den Schacht hinunter und der helle Lichtkegel enthüllte immer mehr Eisenstiegen der Leiter und graue Betonwände.

      Dann erreichte der Lichtschein der Lampe das Ende des Schachts.

      »Shit.«

      »Was zur Hölle …«

      Arme. Beine. Verdrehte Körper. Als hätte jemand einfach einen nach dem anderen den Schacht hinuntergeworfen. Die Köpfe schienen zerschmettert, die Leiber aufgeplatzt und alles war dunkel von Blut.

      »Wie viele sind das?« Connor hatte sein Handy hervorgezogen, zoomte so nah wie möglich heran und schoss ein paar Bilder.

      »Keine Ahnung.« Gabriel knotete das Seil mit der Taschenlampe an die oberste Leitersprosse. »Ich zähle mindestens sechs, obwohl das bei dem Zustand der Leichen schwer zu sagen ist.«

      »Wir müssen da