Название | Ulysses |
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Автор произведения | James Joyce |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788726642858 |
«Ist dein Bruder wieder da, Malachi?»
«Ist in Westmeath. Bei den Bannons.»
«Immer noch? Ich bekam von Bannon eine Karte. Erzählt, dass er da unten ein reizendes Mädel kennen lernte. Er nennt sie Photomädel.»
«Momentaufnahme, was? Kurze Belichtung.»
Buck Mulligan setzte sich, die Schuhe aufzuschnüren. Ein ältlicher Mann zeigte plötzlich in der Nähe des Felsvorsprungs ein aufgedunsenes, rotes Gesicht. Er kletterte neben den Steinen hoch; Wasser glitzerte auf der Glatze und dem Kranz grauen Haares, Wasser rieselte ihm über Brust und Wanst, schwappte aus dem schwarzen, sackenden Lendentuch.
Buck Mulligan rückte zur Seite, dass er vorbei krabbeln könnte, sah hin zu Stephan und Haines, schlug fromm mit dem Daumennagel über Stirn und Brustbein das Kreuz.
«Seymour ist wieder in der Stadt», sagte der junge Mann und fasste dabei wieder nach seinem Felsvorsprung. «Hat die Medizin an den Nagel gehängt, will jetzt ins Heer.»
«Ah, der Teufel soll ihn holen», sagte Buck Mulligan. «Will nächste Woche anfangen zu oxen. Kennst du das rote Carlisle Mädchen, Lily?»
«Ja.»
«Die neulich abends an der Mole mit ihm rumschäkerte. Der Vater stinkt vor Geld.»
«Ist sie soweit?»
«Musst du Seymour fragen.»
«Seymour und Scheissoffizier!» sagte Buck Mulligan.
Er nickte vor sich hin, während er die Hose auszog; stand dann auf und sagte so nebenbei:
«Rothaarige Weiber sind verflucht geil.»
Ganz erschreckt hörte er auf, betastete seine Seite unter dem flappenden Hemd.
«Meine zwölfte Rippe ist weg», rief er. «Ich bin der Übermensch. Der zahnlose Kinch und ich, die Übermenschen.»
Er arbeitete sich aus dem Hemd heraus und warf es hinter sich, dahin, wo seine Kleider lagen.
«Willst du hier rein, Malachi?»
«Ja. Rück an die Wand.»
Der junge Mann schob sich rückwärts durch das Wasser und erreichte in zwei langen, sauberen Stössen die Mitte der kleinen Bucht. Haines setzte sich auf einen Stein und rauchte.
«Kommst du nicht rein?» fragte Buck Mulligan.
«Später», sagte Haines. «Nicht gleich nach dem Frühstück.» Stephan wandte sich um.
«Ich gehe, Mulligan», sagte er.
«Gib uns den Schlüssel, Kinch», sagte Buck Mulligan, «soll mein Chemise festhalten.»
Stephan reichte ihm den Schlüssel. Buck Mulligan legte ihn quer über den Haufen seiner Kleider.
«Und zwei Pence für einen Schoppen», sagte er. «Wirf sie dahin.»
Auf den weichen Haufen warf Stephan zwei Pennies. Anziehen, Ausziehen. Aufrecht, mit gefalteten Händen stand Mulligan vor ihm und sagte feierlich:
«Wer die Armen bestiehlt, leiht dem Herrn. Also sprach Zarathustra.»
Sein plumper Körper tauchte ins Wasser.
«Wir treffen Sie nachher», sagte Haines, der sich umwandte und über den tollen Irenwitz lächelte, als Stephan den Pfad hinaufging.
Stierhorn, Pferdehuf, Sachsenlächeln.
«Im Ship», rief Mulligan. «Halb eins.»
«Gut», sagte Stephan.
Er ging über den sich aufwärts windenden Pfad.
Liliata rutilantium.
Turma circumdet.
Jubilantium te virginum.
Des Priesters grauer Heiligenschein in einer Nische, wo er sich diskret anzog. Ich will diese Nacht nicht hier schlafen. Nach Hause kann ich auch nicht gehen.
Eine Stimme, süssgetönt und weittragend, klang hinüber zu ihm vom Meere. Als er an die Wegbiegung kam, winkte er mit der Hand. Wieder rief sie. Ein glatter, brauner Kopf, eines Seehunds, weit draussen auf dem Wasser, rund.
Usurpator.
Welche Stadt wollte seine Hilfe, Cochrane?»
«Tarent, Herr.»
«Sehr gut, und weiter?»
«Eine Schlacht war entbrannt, Herr.»
«Sehr gut, und wo?»
Des Knaben leeres Gesicht sah hinüber nach dem leeren Fenster.
Zusammengefabelt von den Töchtern der Erinnerung. Und doch war sie irgendwie, wenn nicht so, wie Erinnerung sie zusammenfabelte. Ein Satz der Ungeduld dann, Rauschen von Blakes Exzessschwingen. Ich höre den Zusammenbruch allen Raumes, zerschmettertes Glas und zusammenstürzendes Mauerwerk, und Zeit ist nur eine fahle, erlöschende Flamme. Was bleibt uns dann?
«Ich habe den Ort vergessen, Herr. 279 v. Chr.»
«Ausculum», sagte Stephan und guckte nach dem Namen der Jahreszahl in dem blutigrot genarbten Buch.
«Ja, Herr. Und er sagte: Noch ein solcher Sieg, und wir sind verloren.»
Diesen Satz hatte die Welt nie vergessen. Dumme Bequemlichkeit des Geistes. Von einem Hügel über einer leichenbesäten Ebene spricht ein General zu seinen Offizieren und stützt sich dabei auf seinen Speer. Irgendein General zu irgendwelchen Offizieren. Sie leihen Ohr.
«Du, Armstrong», sagte Stephan. «Welches war das Ende des Pyrrhus?»
«Ende des Pyrrhus, Herr?»
«Ich weiss es, Herr. Fragen Sie mich», sagte Comyn.
«Warte. Du, Armstrong. Weisst du irgendwas über Pyrrhus?» Ein Säckchen mit Feigenkuchen lag in Armstrongs Tornister versteckt. Er drehte sie dann und wann in den Händen und kaute sie ganz leise. Kleine Teilchen blieben an seinen Lippen haften. Süsser Knabenatem. Wohlhabende Leute, stolz, dass ihr ältester Sohn bei der Marine war. Vico Road, Dalkey.
«Pyrrhus, Herr? Pyrrhus, ein Pier.»
Alle lachten. Freudloses lautes spöttisches Gelächter. Armstrong sah seine Klassengenossen an, dumme Freude im Gesicht. Gleich werden sie lauter lachen, wenn sie merken, dass ich keine Disziplin halten kann, weil ihre Papas ja bezahlen.
«Und jetzt sag mir mal», sagte Stephan, indem er mit dem Buch leicht auf des Knaben Schulter schlug, «was ein Pier ist.» «Ein Pier, Herr», sagte Armstrong. «So ’n Ding draussen im Wasser. Eine Art Brücke. Kingstown Pier, Herr.»
Wieder lachten einige: freudlos, aber mit deutlich erkennbarer Absicht. Zwei in der hinteren Bank flüsterten. Ja. Sie wussten: hatten niemals gelernt, weil sie niemals unschuldig waren. Alle. Mit Neid beobachtete er ihre Gesichter. Edith, Ethel, Gerty, Lily. Ihresgleichen: auch ihr Atem duftete süss nach Tee und Marmelade, ihre Armbänder klirrten leise, wenn sie sich balgten. «Kingstown Pier», sagte Stephan. «Ja, eine enttäuschte Brücke.» Die Worte liessen sie verwirrt aufblicken.
«Wie, Herr?» fragte Comyn. «Eine Brücke geht doch über einen Fluss.»
Für Haines’ Sammlung. Keiner hier, der ihn hörte. Heute abend aber ging’s wieder los, wieder wildes Saufen und Gerede, den glatten Panzer seines Geistes zu durchdringen. Was dann? Ein Narr am Hofe seines Herrn, geduldet und missachtet, den der Herr gnädig lobt. Warum hatten sie alle diese Rolle gewählt? Sicher nicht nur, um caressiert zu werden. Auch für sie war Geschichte eine Erzählung wie irgendeine andere, die man zu oft gehört hat, ihr Land ein Pfandhaus.
Wäre Pyrrhus nicht in Argos durch die Hand eines alten Weibes ums Leben gekommen, wäre Julius Cäsar nicht zu Tode gemessert worden. Sie können nicht weggedacht werden. Zeit hat sie gebrandmarkt, und gefesselt liegen sie im Raume der unendlichen Möglichkeiten, die sie evinciert haben. Aber