Название | Gesammelte Werke: Psychoanalytische Studien, Theoretische Schriften & Briefe |
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Автор произведения | Sigmund Freud |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075836731 |
4) Derselbe Träumer berichtet ein anderes Mal von einem kurzen Traum, der fast an die Technik eines Rebus erinnert. Sein Onkel gibt ihm im Automobil einen Kuß. Er fügt unmittelbar die Deutung hinzu, die ich nie gefunden hätte; das heiße: Autoerotismus. Ein Scherz im Wachen hätte ebenso lauten können.
5) Der Träumer zieht eine Frau hinter dem Bett hervor. Das heißt: Er gibt ihr den Vorzug.
6) Der Träumer sitzt als Offizier an einer Tafel dem Kaiser gegenüber: Er bringt sich in Gegensatz zum Vater.
7) Der Träumer behandelt eine andere Person wegen eines Knochenbruches. Die Analyse erweist diesen Bruch als Darstellung eines Ehebruches u. dgl.
8) Die Tageszeiten vertreten im Trauminhalt sehr häufig Lebenszeiten der Kindheit. So bedeutet z. B. um ¼6 Uhr früh bei einem Träumer das Alter von 5 Jahren und 3 Monaten, den bedeutungsvollen Zeitpunkt der Geburt eines jüngeren Bruders.
9) Eine andere Darstellung von Lebenszeiten im Traume: Eine Frau geht mit zwei kleinen Mädchen, die 1¼ Jahre auseinander sind. – Die Träumerin findet keine Familie ihrer Bekanntschaft, für die das zuträfe. Sie deutet selbst, daß beide Kinder ihre eigene Person darstellen und daß der Traum sie mahnt, die beiden traumatischen Ereignisse ihrer Kindheit seien um soviel voneinander entfernt. (3½ und 4¾ Jahre.)
10) Es ist nicht zu verwundern, daß Personen, die in psychoanalytischer Behandlung stehen, häufig von dieser träumen und alle die Gedanken und Erwartungen, die sie erregt, im Traume ausdrücken müssen. Das für die Kur gewählte Bild ist in der Regel das einer Fahrt, meist im Automobil, als einem neuartigen und komplizierten Vehikel; im Hinweis auf die Schnelligkeit des Automobils kommt dann der Spott des Behandelten auf seine Rechnung. Soll das »Unbewußte« als Element der Wachgedanken im Traume Darstellung finden, so ersetzt es sich ganz zweckmäßigerweise durch »unterirdische« Lokalitäten, die andere Male, ganz ohne Beziehung zur analytischen Kur, den Frauenleib oder den Mutterleib bedeutet hatten. »Unten« im Traume bezieht sich sehr häufig auf die Genitalien, das gegensätzliche »oben« auf Gesicht, Mund oder Brust. Mit wilden Tieren symbolisiert die Traumarbeit in der Regel leidenschaftliche Triebe, sowohl die des Träumers als auch die anderer Personen, vor denen der Träumer sich fürchtet, also mit einer ganz geringfügigen Verschiebung die Personen selbst, welche die Träger dieser Leidenschaften sind. Von hier ist es nicht weit zu der an den Totemismus anklingenden Darstellung des gefürchteten Vaters durch böse Tiere, Hunde, wilde Pferde. Man könnte sagen, die wilden Tiere dienen zur Darstellung der vom Ich gefürchteten, durch Verdrängung bekämpften Libido. Auch die Neurose selbst, die »kranke Person«, wird oft vom Träumer abgespalten und als selbständige Person im Traume veranschaulicht.
11) (H. Sachs, 1911.) »Aus der Traumdeutung wissen wir, daß die Traumarbeit verschiedene Wege kennt, um ein Wort oder eine Redewendung sinnlich-anschaulich darzustellen. Sie kann sich z. B. den Umstand, daß der darzustellende Ausdruck zweideutig ist, zunutze machen und, den Doppelsinn als ›Weiche‹ benutzend, statt der ersten in den Traumgedanken vorkommenden Bedeutung die zweite in den manifesten Trauminhalt aufnehmen.
Dies ist bei dem kleinen, im folgenden mitgeteilten Traume geschehen, und zwar unter geschickter Benutzung der dazu tauglichen rezenten Tageseindrücke als Darstellungsmaterial.
Ich hatte am Traumtage an einer Erkältung gelitten und deshalb am Abend beschlossen, das Bett, wenn irgend möglich, während der Nacht nicht zu verlassen. Der Traum ließ mich scheinbar nur meine Tagesarbeit fortsetzen; ich hatte mich damit beschäftigt, Zeitungsausschnitte in ein Buch zu kleben, wobei ich bestrebt war, jedem Ausschnitt den passenden Platz anzuweisen. Der Traum lautete: ›Ich bemühe mich, einen Ausschnitt in das Buch zu kleben; er geht aber nicht auf die Seite, was mir großen Schmerz verursacht.‹
Ich erwachte und mußte konstatieren, daß der Schmerz des Traums als realer Leibschmerz andauere, der mich denn auch zwang, meinem Vorsatz untreu zu werden. Der Traum hatte mir als ›Hüter des Schlafes‹ die Erfüllung meines Wunsches, im Bette zu bleiben, durch die Darstellung der Worte ›er geht aber nicht auf die Seite‹ vorgetäuscht.«
Man darf geradezu sagen, die Traumarbeit bediene sich zur visuellen Darstellung der Traumgedanken aller ihr zugänglichen Mittel, ob sie der Wachkritik erlaubt oder unerlaubt erscheinen mögen, und setzt sich dadurch dem Zweifel wie dem Gespött aller jener aus, die von Traumdeutung nur gehört und sie nicht selbst geübt haben. An solchen Beispielen ist besonders das Buch von Stekel, Die Sprache des Traumes (1911), reich, doch vermeide ich es, von dort die Belege zu entnehmen, weil die Kritiklosigkeit und technische Willkür des Autors auch den nicht in Vorurteilen Befangenen unsicher machen.
12) Aus einer Arbeit von V. Tausk, ›Kleider und Farben im Dienste der Traumdarstellung‹ (1914): a) A. träumt, er sehe seine frühere Gouvernante im schwarzen Lüsterkleid, das über dem Gesäß straff anliegt. – Das heißt, er erklärt diese Frau für lüstern.
401 b) C. sieht im Traum auf der X-er Landstraße ein Mädchen, von weißem Licht umflossen und mit einer weißen Bluse bekleidet.
Der Träumer hat auf jener Landstraße mit einem Fräulein Weiß die ersten Intimitäten ausgetauscht.
c) Frau D. träumt, sie sehe den alten Blasel (einen 80jährigen Wiener Schauspieler) in voller Rüstung auf dem Diwan liegen. Dann springt er über Tische und Stühle, zieht seinen Degen, sieht sich dabei im Spiegel und fuchtelt mit dem Degen in der Luft herum, als kämpfe er gegen einen eingebildeten Feind.
Deutung: Die Träumerin hat ein altes Blasenleiden. Sie liegt bei der Analyse auf dem Diwan, und wenn sie sich im Spiegel sieht, dann kommt sie sich insgeheim trotz ihrer Jahre und ihrer Krankheit noch sehr rüstig vor.
13) Die »große Leistung« im Traume.
Der männliche Träumer sieht sich als gravides Weib im Bette liegend. Der Zustand wird ihm sehr beschwerlich. Er ruft aus: Da will ich doch lieber… (in der Analyse ergänzt er, nach einer Erinnerung an eine Pflegeperson: Steine klopfen). Hinter seinem Bett hängt eine Landkarte, deren unterer Rand durch eine Holzleiste gespannt erhalten wird. Er reißt diese Leiste herunter, indem er sie an beiden Enden packt, wobei sie aber nicht quer bricht, sondern in zwei Längshälften zersplittert. Damit hat er sich erleichtert und auch die Geburt befördert.
Er deutet ohne Hilfe das Herunterreißen der Leiste als eine große »Leistung«, durch welche er sich aus seiner unbehaglichen Situation (in der Kur) befreit, indem er sich aus seiner weiblichen Einstellung herausreißt … Das absurde Detail, daß die Holzleiste nicht nur bricht, sondern der Länge nach splittert, findet seine Erklärung, indem der Träumer erinnert, daß die Verdoppelung im Verein mit der Zerstörung eine Anspielung auf die Kastration enthält. Der Traum stellt sehr häufig die Kastration im trotzigen Wunschgegensatz durch das Vorhandensein von zwei Penissymbolen dar. Die »Leiste« ist ja auch eine den Genitalien nahe liegende Körperregion. Er fügt dann die Deutung zusammen, er überwinde die Kastrationsdrohung, welche ihn in die weibliche Einstellung gebracht hat.
14) In einer von mir französisch durchgeführten Analyse ist ein Traum zu deuten, in dem ich als Elefant erscheine. Ich muß natürlich fragen, wie ich zu dieser Darstellung komme. »Vous me trompez«, antwortet der Träumer (trompe = Rüssel).
Der Traumarbeit gelingt oft auch die Darstellung von sehr sprödem Material, wie es etwa Eigennamen sind, durch gezwungene Verwertung sehr entlegener Beziehungen. In einem meiner Träume hat mir der alte Brücke eine Aufgabe gestellt. Ich fertige ein Präparat an und klaube etwas heraus, was wie zerknülltes Silberpapier aussieht. (Von diesem Traume noch später mehr.) Der nicht leicht auffindbare Einfall dazu ergibt: »Stanniol«, und nun weiß ich, daß ich den Autornamen Stannius meine, den eine von mir in früheren Jahren mit Ehrfurcht betrachtete Abhandlung über das Nervensystem der Fische trägt. Die erste wissenschaftliche Aufgabe, die mir mein Lehrer gestellt, bezog sich wirklich auf das Nervensystem