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Rede empfangen: ›Heute wird es also Ernst‹ (weil es die letzte Stunde vor dem Urlaub werden sollte) und hatte das »Ernst« scherzhaft zu »Ernscht« verbreitert. Im Laufe der Stunde verspricht sie sich immer wieder von neuem, und ich merke endlich, dass sie mich nicht bloss imitiert, sondern dass sie einen besonderen Grund hat, im Unbewussten bei dem Worte Ernst als Namen zu verweilen.

      3 ›Ich bin so verschnupft, ich kann nicht durch die Ase natmen – Nase atmen‹ passiert derselben Patientin ein anderes Mal. Sie weiss sofort, wie sie zu diesem Sprechfehler kommt. ›Ich steige jeden Tag in der Hasenauergasse in die Tramway, und heute früh ist mir während des Wartens auf den Wagen eingefallen, wenn ich eine Französin wäre, würde ich Asenauer aussprechen, denn die Franzosen lassen das H im Anlaut immer weg.‹ Sie bringt dann eine Reihe von Reminiszenzen an Franzosen, die sie kennen gelernt hat, und langt nach weitläufigen Umwegen bei der Erinnerung an, dass sie als 14jähriges Mädchen in dem kleinen Stück ›Kurmärker und Picarde‹ die Picarde gespielt und damals gebrochen Deutsch gesprochen hat. Die Zufälligkeit, dass in ihrem Logierhaus ein Gast aus Paris angekommen ist, hat die ganze Reihe von Erinnerungen wachgerufen. Die Lautvertauschung ist also Folge der Störung durch einen unbewussten Gedanken aus einem ganz fremden Zusammenhang.

      4 Ähnlich ist der Mechanismus des Versprechens bei einer anderen Patientin, die mitten in der Reproduktion einer längst verschollenen Kindererinnerung von ihrem Gedächtnis verlassen wird. An welche Körperstelle die vorwitzige und lüsterne Hand des Anderen gegriffen hat, will ihr das Gedächtnis nicht mitteilen. Sie macht unmittelbar darauf einen Besuch bei einer Freundin und unterhält sich mit ihr über Sommerwohnungen. Gefragt, wo denn ihr Häuschen in M. gelegen sei, antwortet sie: an der Berglende anstatt Berglehne.

      5 Eine andere Patientin, die ich nach Abbruch der Stunde frage, wie es ihrem Onkel geht, antwortet: ›Ich weiss nicht, ich sehe ihn jetzt nur in flagranti‹. Am nächsten Tage beginnt sie: ›Ich habe mich recht geschämt, Ihnen eine so dumme Antwort gegeben zu haben. Sie müssen mich natürlich für eine ganz ungebildete Person halten, die beständig Fremdwörter verwechselt. Ich wollte sagen: en passant.‹ Wir wussten damals noch nicht, woher sie die unrichtig angewendeten Fremdworte genommen hatte. In derselben Sitzung aber brachte sie als Fortsetzung des vortägigen Themas eine Reminiszenz, in welcher das Ertapptwerden in flagranti die Hauptrolle spielte. Der Sprechfehler am Tage vorher hatte also die damals noch nicht bewusst gewordene Erinnerung antizipiert.

      6 Gegen eine Andere muss ich an einer gewissen Stelle der Analyse die Vermutung aussprechen, dass sie sich zu der Zeit, von welcher wir eben handeln, ihrer Familie geschämt und ihrem Vater einen uns noch unbekannten Vorwurf gemacht habe. Sie erinnert sich nicht daran, erklärt es übrigens für unwahrscheinlich. Sie setzt aber das Gespräch mit Bemerkungen über ihre Familie fort: ›Man muss ihnen das eine lassen: Es sind doch besondere Menschen, sie haben alle Geiz – ich wollte sagen Geist.‹ Das war denn auch wirklich der Vorwurf, den sie aus ihrem Gedächtnis verdrängt hatte. Dass sich in dem Versprechen gerade jene Idee durchdrängt, die man zurückhalten will, ist ein häufiges Vorkommnis (Vgl. den Fall von Meringer: zum Vorschwein gekommen). Der Unterschied liegt nur darin, dass die Person bei Meringer etwas zurückhalten will, was ihr bewusst ist, während meine Patientin das Zurückgehaltene nicht weiss, oder wie man auch sagen kann, nicht weiss, dass sie etwas und was sie zurückhält.

      7 ›Wenn Sie Teppiche kaufen wollen, so gehen Sie nur zu Kaufmann in der Mathäusgasse. Ich glaube, ich kann Sie dort auch empfehlen‹, sagt mir eine Dame. Ich wiederhole: ›Also bei Mathäus …. bei Kaufmann will ich sagen.‹ Es sieht aus wie Folge von Zerstreutheit, wenn ich den einen Namen an Stelle des anderen wiederhole. Die Rede der Dame hat mich auch wirklich zerstreut gemacht, denn sie hat meine Aufmerksamkeit auf anderes gelenkt, was mir weit wichtiger ist als Teppiche. In der Mathäusgasse steht nämlich das Haus, in dem meine Frau als Braut gewohnt hatte. Der Eingang des Hauses war in einer anderen Gasse, und nun merke ich, dass ich deren Namen vergessen habe und ihn mir erst auf einem Umweg bewusst machen muss. Der Name Mathäus, bei dem ich verweile, ist mir also ein Ersatzname für den vergessenen Namen der Strasse. Er eignet sich besser dazu als der Name Kaufmann, denn Mathäus ist ausschliesslich ein Personenname, was Kaufmann nicht ist, und die vergessene Strasse heisst auch nach einem Personennamen: Radetzky.

      8 Folgenden Fall könnte ich ebenso gut bei den später zu besprechenden »Irrtümern« unterbringen, führe ihn aber hier an, weil die Lautbeziehungen, auf Grund deren die Wortersetzung erfolgt, ganz besonders deutlich sind. Eine Patientin erzählt mir ihren Traum: Ein Kind hat beschlossen, sich durch einen Schlangenbiss zu töten. Es führt den Entschluss aus. Sie sieht zu, wie es sich in Krämpfen windet usw. Sie soll nun die Tagesanknüpfung für diesen Traum finden. Sie erinnert sofort, dass sie gestern abends eine populäre Vorlesung über erste Hilfe bei Schlangenbissen mit angehört. Wenn ein Erwachsener und ein Kind gleichzeitig gebissen worden sind, so soll man zuerst die Wunde des Kindes behandeln. Sie erinnert auch, welche Vorschriften für die Behandlung der Vortragende gegeben hat. Es käme sehr viel darauf an, hat er auch geäussert, von welcher Art man gebissen worden ist. Hier unterbreche ich sie und frage: Hat er denn nicht gesagt, dass wir nur sehr wenig giftige Arten in unserer Gegend haben, und welche die gefürchteten sind? ›Ja, er hat die Klapperschlange hervorgehoben‹. Mein Lachen macht sie dann aufmerksam, dass sie etwas Unrichtiges gesagt hat. Sie korrigiert jetzt aber nicht etwa den Namen, sondern sie nimmt ihre Aussage zurück. ›Ja so, die kommt ja bei uns nicht vor; er hat von der Viper gesprochen. Wie gerate ich nur auf die Klapperschlange?‹ Ich vermutete, durch die Einmengung der Gedanken, die sich hinter ihrem Traum verborgen hatten. Der Selbstmord durch Schlangenbiss kann kaum etwas anderes sein als eine Anspielung auf die schöne Kleo pat ra. Die weitgehende Lautähnlichkeit der beiden Worte, die Übereinstimmung in den Buchstaben Kl..p..r in der nämlichen Reihenfolge und in dem betonten a sind nicht zu verkennen. Die gute Beziehung zwischen den Namen Klapperschlange und Kleopatra erzeugt bei ihr eine momentane Einschränkung des Urteils, derzufolge sie an der Behauptung, der Vortragende habe sein Publikum in Wien in der Behandlung von Klapperschlangenbissen unterwiesen, keinen Anstoss nimmt. Sie weiss sonst so gut wie ich, dass diese Schlange nicht zur Fauna unserer Heimat gehört. Wir wollen es ihr nicht verübeln, dass sie an die Versetzung der Klapperschlange nach Egypten ebensowenig Bedenken knüpfte, denn wir sind gewöhnt, alles Aussereuropäische, Exotische zusammenzuwerfen, und ich selbst musste mich einen Moment besinnen, ehe ich die Behauptung aufstellte, dass die Klapperschlange nur der neuen Welt angehört.

      Weitere Bestätigungen ergeben sich bei Fortsetzung der Analyse. Die Träumerin hat gestern zum erstenmal die in der Nähe ihrer Wohnung aufgestellte Antoniusgruppe von Strasser besichtigt. Dies war also der zweite Traumanlass (der erste der Vortrag über Schlangenbisse). In der Fortsetzung ihres Traumes wiegte sie ein Kind in ihren Armen, zu welcher Szene ihr das Gretchen einfällt. Weitere Einfälle bringen Reminiszenzen an » Arria und Messalina«. Das Auftauchen so vieler Namen von Theaterstücken in den Traumgedanken lässt bereits vermuten, dass bei der Träumerin in früheren Jahren eine geheim gehaltene Schwärmerei für den Beruf der Schauspielerin bestand. Der Anfang des Traumes: ›Ein Kind hat beschlossen, sein Leben durch einen Schlangenbiss zu enden‹, bedeutet wirklich nichts anderes als: Sie hat sich als Kind vorgenommen, einst eine berühmte Schauspielerin zu werden. Von dem Namen Messalina zweigt endlich der Gedankenweg ab, der zu dem wesentlichen Inhalt dieses Traumes führt. Gewisse Vorfälle der letzten Zeit haben in ihr die Besorgnis erweckt, dass ihr einziger Bruder eine nicht standesgemässe Ehe mit einer Nicht— Arierin, eine Mésalliance eingehen könnte.

      Bei dem psychotherapeutischen Verfahren, dessen ich mich zur Auflösung und Beseitigung neurotischer Symptome bediene, ist sehr häufig die Aufgabe gestellt, aus den wie zufällig vorgebrachten Reden und Einfällen des Patienten einen Gedankeninhalt aufzuspüren, der zwar sich zu verbergen bemüht ist, aber doch nicht umhin kann, sich in mannigfaltigster Weise unabsichtlich zu verraten. Dabei leistet oft das Versprechen die wertvollsten Dienste, wie ich an den überzeugendsten und andererseits sonderbarsten Beispielen dartun könnte. Die Patienten sprechen z. B. von ihrer Tante und nennen sie konsequent, ohne das Versprechen zu merken, »meine Mutter«, oder bezeichnen ihren Mann als ihren »Bruder«. Sie machen mich auf diese Weise aufmerksam, dass sie diese Personen miteinander »identifiziert«, in eine Reihe gebracht haben, welche für ihr Gefühlsleben die Wiederkehr desselben Typus bedeutet. Andere Male reicht eine ungewöhnlich klingende Wortfügung, eine gezwungen