Название | Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane |
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Автор произведения | Felix Dahn |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027222049 |
«Danke, danke dir, Schlangengott!» jubelte der Sklave, «jetzt ist der Mann gerettet. Und auch du selbst. Und ich, Herr, habe dich gerettet.» Und er warf sich mit gekreuzten Armen nieder und küßte das Lagergestell seines Herrn. – Er wagte nicht, dessen Füße zu berühren. «Du mich gerettet? – Wodurch?»
«Als ich dich so todesbleich auf diese Decken gelegt, habe ich den Schlangengott herbeigeholt, dich ihm gezeigt und gesprochen: ‹Du siehst, starker Gott, des Herrn Augen sind geschlossen. Hilf, daß er sie wieder aufschlägt. Bis du geholfen, erhältst du keine Krume Brot und keinen Tropfen Milch. Und wenn er die Augen nicht wieder aufschlägt – an dem Tage, da sie ihn verbrennen, verbrennt Syphax mit, aber du, o großer Schlangengott, desgleichen. Du kannst helfen, also hilf: oder brenne.› So sprach ich und er hat geholfen.»
«Die Stadt ist sicher – das fühl’ ich, sonst hätte ich nicht entschlafen können. Lebt Belisar? Ja! Wo ist Prokop?»
«In der Bibliothek mit deinen Tribunen. Sie erwarten nach des Arztes Ausspruch noch heute dein Erwachen oder deinen… –» – «Tod? Diesmal hat dein Gott noch geholfen, Syphax. Laß die Tribunen ein.»
Bald standen die Licinier, Piso, Salvius Julianus und einige andere vor ihm; sie wollten bewegt an sein Lager eilen: er winkte ihnen Ruhe zu. «Rom dankt euch, durch mich. Ihr habt gefochten wie Römer. Mehr, Stolzeres kann ich euch nicht sagen.» Und er übersah wie nachsinnend die Reihe, dann sagte er: «Einer fehlt mir – ah, mein Korinther! Die Leiche ist gerettet. Denn ich empfahl sie Piso, sie und die beiden Letoiden; setzt ihm als Denkmal eine schwarze Platte von korinthischem Marmor an die Stelle, wo er fiel: stellt die Statue des Apollo über die Aschenurne und schreibt darauf: ‹Kallistratos von Korinth ist hier für Rom gestorben; er hat den Gott, der Gott nicht ihn gerettet.› Jetzt geht, bald sehen wir uns wieder – auf den Wällen. Syphax, nun sende mir Prokop. Und bring einen großen Becher Falernerwein.» – «Freund», rief er dem eintretenden Prokopius entgegen, «mir ist, ich habe vor diesem Fieberschlaf noch flüstern hören: ‹Prokop hat den großen Belisar gerettet.› Ein unsterblich Verdienst! Die ganze Nachwelt wird dir’s danken – so brauch ich’s nicht zu tun. Setze dich hierher und erzähle mir das Ganze… – Aber halt: erst schiebe die Kissen zurecht, daß ich meinen Cäsar wieder sehen kann. Sein Anblick stärkt mehr als Arzneien. Nun sprich.»
Prokopius sah den Liegenden durchdringend an.
«Cethegus», sagte er dann, ernsten Tones, «Belisar weiß alles.» – «Alles?» lächelte der Präfekt, «das ist viel.» – «Laß den Spott, und versage Bewunderung nicht dem Edelsinn: du, der du selber edel bist» – «Ich? Nicht daß ich wüßte.» – «Sowie er zum Bewußtsein kam, hat ihm Bessas natürlich sofort alles mitgeteilt, hat ihm haarklein erzählt, wie du befohlen, das Tor gesperrt zu halten, als Belisar in seinem Blute davor lag, den wütigen Teja auf den Fersen, daß du befohlen, seine Leibwächter niederzuhauen, die mit Gewalt öffnen wollten. Jedes Wort von dir hat er berichtet, auch deinen Ausruf: ‹Erst Rom, dann Belisar›: und hat deinen Kopf verlangt im Rat der Feldherren. Ich erbebte. Aber Belisarius sprach: ‹Er hat recht getan! Hier, Prokop, bring ihm mein eigen Schwert und die ganze Rüstung, die ich an jenem Tage trug, zum Dank.› Und in dem Bericht an den Kaiser hat er mir die Worte diktiert: ‹Cethegus hat Rom gerettet und nur Cethegus! Schick’ ihm den Patriciat von Byzanz!›»
«Ich danke, ich habe Rom nicht für Byzanz gerettet.» – «Das brauchst du mir nicht erst zu sagen, unattischer Römer.»
«Ich bin nicht in attischer Laune, Lebensretter! Was war dein Dank?»
«Still. Er weiß nichts davon. Und soll es nie erfahren.»
«Syphax, Wein. – So viel Edelsinn kann ich nicht vertragen! Es macht mich schwach. Nun, wie war der Reiterspaß?»
«Freund, das war kein Spaß. Sondern der furchtbarste Ernst, der mir noch begegnet. Um ein Haar fehlte es, so war Belisar verloren.»
«Ja, es ist jenes eine Haar, um das es immer fehlt bei diesen Goten! Dumme Tölpel sind sie samt und sonders.»
«Du sprichst, als wär’ es dir sehr leid, daß Belisar nicht umgekommen.»
«Recht wär ihm geschehen. Ich hab’ ihn dreimal gewarnt. Er sollte endlich wissen, was einem alten Feldherrn ziemt und was einem jungen Raufbold.»
«Höre», sagte Prokop, ihn ernsthaft betrachtend, «du hast dir ein Recht erworben, so zu sprechen, vor dem Grabmal Hadrians, früher, wenn du des Mannes Heldentum herabzogst…» – «Dachtest du, ich spräche aus Neid gegen den tapfern Belisar! Hört es, ihr unsterblichen Götter.»
«Ja, zwar deine gepidischen Lorbeern…» –
«Laß mich mit diesen Knabenstreichen zufrieden! Freund, wenn es gilt, muß man den Tod verachten, sonst aber vorsichtig das Leben lieben. Denn nur die Lebendigen herrschen und lachen, nicht die stummen Toten. Das ist meine Weisheit, und nenn’ es meine Feigheit, wenn du willst. Also euer Überfall – mach’s kurz! Wie ging’s?»
«Scharf genug. Als wir die Gegend erkundet hatten, – alles schien frei vom Feind und sicher zum Futterholen –, da wandten wir die Rosse allmählich wieder gegen die Stadt, die wenigen Ziegen und die magern Schafe, die wir aufgetrieben, in der Mitte, Belisar voran, der junge Severinus, Johannes und ich an seiner Seite. Plötzlich, wie wir aus dem Dorf ad aras Bacchi ins Freie kommen, jagen aus den Gehölzen zu beiden Seiten der valerischen Straße von links und rechts gotische Reiter auf uns zu. Ich sah, daß sie uns stark überlegen waren und riet, die Flucht mitten durch sie hindurch auf der Straße nach Rom zu versuchen. Aber Belisar meinte: ‹Viele sind es, doch nicht allzu viele›, und sprengte gegen die Angreifer zur Linken, ihre Reihen zu durchbrechen. Doch da kamen wir übel an: die Goten ritten besser und fochten besser als unsere mauretanischen Reiter: und ihre Führer, Totila und Hildebad, – jenen erkannte ich an den langflatternden gelben Haaren und diesen an der ungeschlachten Größe –, hielten sichtlich scharf auf den Feldherrn selbst. ‹Wo ist Belisar und sein Mut?› schrie der lange Hildebad vernehmlich durch das Klirren der Waffen.
‹Hier!› antwortete dieser unverzüglich: und ehe wir ihn abhalten konnten, hielt er schon dem Riesen gegenüber. Der war nicht faul und hieb ihm mit seinem wuchtigen Beil auf den Helm, daß der goldene Kamm mit dem weißen Roßhaarbüschel zerschmettert zur Erde rollte und Belisars Haupt bis auf den Kopf des Pferdes niederfuhr. Und schon holte jener zum zweiten, dem tödlichen Streiche aus: da war der junge Severinus, des Boëthius Sohn, heran und fing den Hieb mit dem runden Schilde auf. Aber das Beil des Barbaren drang durch den Schild und flog noch tief in den Hals des edeln Jünglings. Er stürzte» – Prokop stockte in schmerzlichen Gedanken.
«Tot?» fragte Cethegus ruhig.
«Ein alter Freigelassener seines Vaters, der ihn begleitete, trug ihn aus dem Gefecht. Doch starb er schon, so hört’ ich, eh’ er das Dorf erreichte.» – «Ein schöner Tod!» sagte Cethegus. «Syphax, einen neuen Becher Wein!»
«Belisar hatte sich aber inzwischen aufgerafft und stieß nun in großem Zorn mit seinem Speer den Goten so gewaltig auf die Brustplatte seines Harnischs,’ daß er der Länge nach vom Pferde flog. Laut jubelten wir auf, aber der junge Totila» –
«Nun?»
«Sah kaum seinen Bruder fallen, als er sich grimmig durch die Lanzen der Leibwächter Bahn brach zu Belisar. Aigan, sein Bannerträger, wollte ihn decken, aber des Goten Schwert traf seinen linken Arm: er riß ihm die Fahne aus der erschlafften Hand und warf sie dem nächsten Goten zu. Laut auf schrie Belisar vor Zorn und wandte sich gegen ihn: aber der junge Totila ist rasch wie der Blitz, und zwei scharfe Hiebe trafen, eh’ er sich’s versah, des Feldherrn beide Schultern: der wankte im Sattel und sank langsam vom Pferd, das im selben Augenblick ein Wurfspeer traf und niederwarf. ‹Gib dich gefangen, Belisar!› rief Totila.
Der Feldherr hatte gerade noch die Kraft, das Haupt verneinend zu schütteln, da sank er vollends zur Erde. Rasch war ich abgesprungen, hatte ihn auf mein eigen Pferd gehoben und der Sorge des Johannes