Название | Die Zeit der Völkerwanderung: 14 Historische Romane |
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Автор произведения | Felix Dahn |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027222049 |
«Unseliger, was hast du getan?» jammerte Kallistratos und starrte auf die Trümmer.
«Das Notwendige!» antwortete Cethegus und schleuderte den Rest von Zeus, dem Erretter, über den Wall. «Siehst du wie das traf? – zwei Barbaren auf einen Schlag» – und zufrieden blickte er hinab.
Da hörte er den Korinther rufen: «Nein, nein. Nicht diesen! Nicht den Apoll!»
Und Cethegus wandte sich und sah, wie ein riesiger Isaurier sein Beil gegen das Haupt des Latoniden schwang. «Narr, sollen die Goten herauf?» fragte der Barbar und holte wieder aus.
«Nicht meinen Apollon!» wiederholte der Hellene und umschlang den Gott schützend mit beiden Armen, weit sich vorbeugend.
Das ersah auf der nächsten Leiter Graf Markja, und glaubend, jener wolle die Statue auf ihn niederschleudern, kam er ihm zuvor: sein Wurfspeer flog und traf den Griechen mitten in die Brust. «Ach – Cethegus!» seufzte er und starb. Der Präfekt sah ihn fallen und preßte die Brauen zusammen. «Rettet die Leiche, und seine beiden Götter verschont!» sprach er kurz und stieß die Leiter um, auf der Markja gestanden, mehr konnte er nicht sagen und nicht tun, denn schon rief ihn eine neue, die drohendste Gefahr.
Witichis, von seiner Leiter halb herabgeschleudert, halb herabgesprungen, war seither hart an der Mauer gestanden unter dem Hagel der Stein-und Metalltrümmer nach neuen Mitteln spähend. Denn seit der erste Versuch der Sturmleitern durch die unverhofften, neuen Geschosse, die Götter und Heroen, abgewiesen war, hoffte er kaum noch, den Wall zu gewinnen. Während er sann und spähte, schlug das schwere Marmorfußgestell eines Mars gradivus dicht neben ihm auf die Erde, prallte nochmal empor und traf dabei an eine Mauerplatte. Und siehe, diese Platte, die ein Quader von härtestem Stein geschienen hatte, zerprang zerbröckelnd in kleine Stücke von Mörtel und Lehm: und an ihrer Stelle wurde sichtbar eine schmale Holzpforte, die, von jener Masse nur locker verkleidet und verdeckt, den Maurern und Werkleuten zum Ausgang und Eingang gedient hatte, wenn sie an dem großen Gebäude arbeiteten und nachbesserten.
Kaum ersah Witichis die Holztür, als er jubelnd ausrief: «Hierher, hierher, ihr Goten! Beile zur Hand!» Und schon schlug seine eigne Streitaxt donnernd an die dünnen Bretter, die nichts weniger als stark schienen.
Verhängnisvoll drang der neue, seltsame Ton an des Präfekten Ohr! Er hielt oben inne in der Blutarbeit und lauschte. «Das ist Eisen gegen Holz! Bei Cäsar!» sagte er zu sich selbst und sprang die schmale Mauertreppe herab, die an der Innenseite der zweiten Mauer in den schwach durch Öllampen beleuchteten Innenraum des Grabmals führte.
Da dröhnte ein Schlag lauter als alle früheren, ein dumpfes Krachen und helles Splittern folgte und jauchzendes Siegesgeschrei der Goten. Wie Cethegus auf die letzte Stufe der Treppe sprang, fiel die Pforte krachend nach innen in den Hof, und König Witichis ward sichtbar auf der Schwelle.
«Mein ist Rom!» jubelte er, das Beil fallen lassend und das Schwert aus der Scheide ziehend. «Du lügst, Witichis: Zum erstenmal im Leben!» rief Cethegus grimmig und sprang vor, so gewaltig den starken Schildstachel stoßend gegen des Goten Brust, daß dieser überrascht einen Schritt zurücktrat.
Diesen Schritt benutzte der Präfekt und stellte sich selbst auf die Schwelle, die ganze enge Pforte füllend. «Wo bleiben die Isaurier!» rief er.
Aber nur einen Augenblick hatte ihm Witichis Zeit gelassen, bis er ihn erkannte. «So treffen wir uns doch im Zweikampf um Rom.» Und nun war das Anspringen an ihm. Cethegus, bemüht, die ganze Öffnung der Pforte zu verschließen, deckte mit dem Schild seine Linke; sein rechter Arm mit dem kurzen Römerschwert vermochte nicht genug, seine rechte Seite zu decken. Der Stoß des langen Schwertes des starken Goten drang, nicht stark genug von Cethegus abgewehrt, die Schuppenringe des Panzers durchschneidend, tief in seine rechte Brust.
Der Präfekt wankte nach links, schon neigte er sich zu fallen: aber er fiel nicht. «Rom! Rom?» sagte er tonlos, und krampfhaft hielt er sich noch aufrecht.
Witichis war einen Schritt zurückgetreten, um in neuem Ansprung dem gefährlichen Feind den Rest zu geben. Aber in diesem Augenblick erkannte ihn oben auf der Zinne Piso und schleuderte einen prachtvollen, schlafenden Faun, der bereits mit abgehauenen Füßen auf dem Walle lag, auf den König herab; er traf die Schulter, und Witichis stürzte nieder. Graf Markja, Iffamer und Aligern trugen ihn aus dem Gefecht.
Cethegus sah ihn noch fallen. Dann brach er selbst auf der Schwelle der Pforte zusammen; schützende Arme eines Freundes fingen ihn auf: – aber er erkannte diesen nicht mehr, sein Bewußtsein schwand.
Doch weckte ihn gleich wieder ein wohlbekannter Ton, der seine Seele entzückte: es war die Tuba seiner Legionäre, das Feldgeschrei seiner Isaurier, die jetzt – endlich – im Sturmschritt eintrafen und, von den Liciniern geführt, in dichten Scharen sich auf die durch den Fall ihres Königs erschütterten Goten stürzten. Sie drängten sie siegreich zu einer (einstweilen von den eingedrungenen Goten von innen hinausgebrochenen) Bresche der ersten Mauer unter großem Blutvergießen hinaus.
Der Präfekt sah die letzten Barbaren flüchten, dann schlossen sich abermals seine Augen. «Cethegus!» rief der Freund, der ihn im Arme hielt, «Belisar im Sterben: und so bist auch du verloren?» Cethegus erkannte jetzt die Stimme Prokops. «Ich weiß nicht», sprach er mit letzter Kraft, «aber Rom – Rom ist gerettet!» Und damit vergingen ihm die Sinne.
Vierzehntes Kapitel
Nach der Anspannung aller Kräfte zu dem allgemeinen Sturm und seiner Abwehr, der mit dem Morgenrot begonnen und bei sinkender Sonne erst beendet war, trat bei Goten und Römern eine lange Pause der Erschlaffung ein. Die drei Führer Belisar, Cethegus und Witichis lagen wochenlang an ihren Wunden darnieder.
Aber noch mehr wurde die tatsächliche Waffenruhe veranlaßt durch die tiefe Niedergeschlagenheit und Entmutigung, die das Heer der Germanen befallen hatte, nachdem der mit höchster Anstrengung angestrebte Sieg in dem Augenblick, da er bereits gewonnen schien, ihnen entrissen wurde.
Sie hatten einen ganzen Tag lang ihr Bestes getan. Ihre Helden hatten an Tapferkeit gewetteifert: und doch waren beide Pläne, der gegen Belisar und der gegen die Stadt, im Gelingen selbst noch gescheitert. Und wenn auch König Witichis in seinem steten Mute die Gedrücktheit des Heeres nicht teilte, so erkannte er dafür desto klarer, daß er seit jenem blutigen Tage das ganze System der Belagerung ändern mußte.
Der Verlust der Goten war ungeheuer; Prokop schätzte ihn auf dreißigtausend Tote und mehr als ebenso viele Verwundete: sie hatten sich im ganzen Umkreis der Stadt mit äußerster Todesverachtung den Geschossen der Belagerten ausgesetzt, und am pankratischen Tor und bei dem Grabmal Hadrians waren sie zu Tausenden gefallen.
Da nun auch in den achtundsechzig früheren Gefechten die Angreifenden immer viel mehr als die hinter Mauer und Turm gedeckten Verteidiger gelitten hatten, so war das große Heer, das Witichis vor Monden gegen die ewige Stadt geführt, furchtbar zusammengeschmolzen. Dazu kam, daß schon seit geraumer Zeit Seuchen und Hunger in ihren Zelten wüteten. Bei dieser Entmutigung und Abnahme seiner Truppen mußte Witichis den Gedanken, die Stadt im Sturm zu nehmen, aufgeben, und seine letzte Hoffnung – er verhehlte sich ihre Schwäche nicht – bestand in der Möglichkeit, der Mangel werde den Feind zur Übergabe zwingen. Die Gegend um Rom war völlig ausgesogen: und es schien nun darauf anzukommen, welche Partei die Entbehrung länger würde ertragen oder welche sich aus der Ferne würde Vorräte verschaffen können. Schwer fehlte den Goten die an der Küste von Dalmatien beschäftigte Flotte.
Der erste, der sich von seiner Wunde erholte, war der Präfekt.
Von der Pforte, die er mit seinem Leibe verschlossen, bewußtlos weggetragen, lag er anderthalb Tage in einem Zustand, der halb Schlaf, halb Ohnmacht