Mein geniales Leben. Jenny Jägerfeld

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Название Mein geniales Leben
Автор произведения Jenny Jägerfeld
Жанр Книги для детей: прочее
Серия
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783825162313



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Raben, Kaninchen, Vielfraße, Wiesel, Eichhörnchen, Nerze, einfach alles! Auf dem roten Perserteppich in der Eingangshalle steht sogar ein komplettes Zebra, direkt neben der Treppe zum Obergeschoss. Das Zebra dient Oma als Ablage für Kleider, Hüte und Einsteins Hundeleine. Oma sammelt ausgestopfte Tiere. Manchmal habe ich das Gefühl, beobachtet zu werden, und wenn ich mich dann blitzschnell umdrehe, steht da ein ausgestopfter Fischotter auf einer Kommode und glotzt mich an.

      Aber eine Sache findet Mama echt gut, nämlich, dass wir umsonst hier wohnen dürfen. Natürlich nur vorübergehend, wie sie immer wieder betont. Bis sie einen Job hat und wir eine Wohnung gefunden haben. Hoffentlich dauert das noch richtig, richtig lange!

      NOCH 55 TAGE

      IN EINER MINUTE DREI TIEFKÜHL-WÜRSTCHEN AUFESSEN

      Inzwischen wohnen wir seit genau fünfzehn Tagen hier bei Oma, und Majken hat schon einen neuen Kumpel gefunden. Ich kapier einfach nicht, wie sie das macht. Mir ist das noch nie so leichtgefallen. Majken scheint ein magisches Gespür dafür zu haben, was man sagen kann und was nicht. Aber woher weiß sie das? Schließlich ist sie ja nicht unbedingt immer nett. Ehrlich gesagt kann sie ziemlich ätzend sein. Wie heute Morgen zum Beispiel. Majken stand draußen neben dem Briefkasten nur so herum und glotzte kaugummikauend vor sich hin, und da tauchte plötzlich ein Junge auf, der hatte einen Waschbäranzug aus Fleece an, in dem es irre heiß sein musste, immerhin waren es mindestens siebenundzwanzig Grad im Schatten, und schon fingen sie an miteinander zu reden. Und zu spielen! Oder wie man das nennen soll. Jedenfalls rasten sie durch den Garten und brüllten.

      Ich saß in der Fliederlaube (die ist wie ein kleines Zimmer im Garten, umgeben von Fliederbüschen) und machte gerade Skizzen für meine Harpunen-Erfindung, als das passierte, darum konnte ich alles, was gesagt wurde, notieren. Hier musste methodisch vorgegangen werden, um alles hinterher sorgfältig analysieren zu können, das war mir als Wissenschaftler klar.

      Der Waschbärjunge (aus praktischen Gründen verkürze ich den Namen zu WBJ): »Hallo.«

      Majken: »HALLO.«

      WBJ: »Was machst du?«

      Majken: »ICH STEH HIER.«

      Schweigen.

      WBJ: »Warum redest du so laut?«

      Majken: »WARUM REDEST DU SO LEISE?«

      Schweigen.

      WBJ: »Ich kann auf unserem Trampolin Saltos machen.«

      Majken: »AHA. ICH KANN IN EINER MINUTE DREI TIEFKÜHL-WÜRSTCHEN AUFESSEN.«

      Schweigen.

      WBJ: »Darf ich das mal sehen?«

      Majken: »OKAY.«

      Dann rannten sie davon.

      Meine Analyse: Zuerst begrüßten sie einander, dann redeten sie darüber, wie sie redeten (Majken laut und der Waschbärjunge leise). Dann erzählten sie je eine Sache, die sie tun konnten (Saltos auf Trampolin / tiefgefrorene Würstchen aufessen), dann sagte der Waschbärjunge: Darf ich das mal sehen?, worauf sie zusammen wegrannten.

      Erzählen, was man kann … ist das vielleicht eine Möglichkeit, jemanden kennenzulernen? »Hallo, ich kann Inliner fahren!« Ist das eine coole Einleitung? Oder klappt das nur bei Achtjährigen?

      Oh Mann, warum ist das so schwierig!

      AUS DER RATTE WURDE EIN KANINCHEN

      »Hallo, du …«

      Ich sah vom Skizzenblock auf. Vor mir stand Krille Marzipan in hellgrauem Blazer und dazu passender Hose. Auch er mit einem Block und einem Bleistift in der Hand. Er kratzte sich mit der Bleistiftspitze am Kopf.

      »Äh … Sigge. Heißt du eigentlich Sigvard oder Sigurd?«

      »Nichts von beidem. Einfach Sigge.«

      »Einfach Sigge? Komisch.«

      » … nicht besonders komisch.«

      »Einfach Sigge, sagst du.«

      »Ja.«

      »Aha.«

      Hm. Diese Konversation führte nirgends hin. Ich schaute wieder auf meinen Block. Mein Entwurf sah sehr gut aus, wie ich zufrieden feststellte. Vielleicht würde das hier meine erste voll funktionierende Erfindung werden! Ich hatte ja schon vorher Sachen erfunden, aber das waren einfache Dinger gewesen. Kinkerlitzchen. Nicht wie das hier!

      Meine Idee war, dass man mit der umgeschnallten Harpune Inliner fahren sollte. Die Harpune wäre mit zwei Riemen vor den Bauch geschnallt. Dann könnte man den Pfeil der Harpune zum Beispiel in einen Baumstamm schießen. Am Ende des Pfeils wäre eine Schnur befestigt. Als Schnur würde ich Einsteins Roll-Leine nehmen. Die bestand aus einer Kapsel, in der eine aufgerollte Leine war. Wenn Einstein schnell davonrannte, wurde die Leine aus der Kapsel gezogen. Es gab auch einen Knopf, mit dem wurde die Leine gestoppt, dann konnte sie weder raus- noch reingezogen werden. Aber wenn man ein zweites Mal auf den Knopf drückte, fuhr die Leine blitzschnell wieder in die Dose zurück. Weil Einstein so groß und stark war (er wog fünfundfünfzig Kilo!), hatte er eine sehr kräftige Roll-Leine, was für meine Erfindung echt gut war.

      Die Kapsel würde ich an der Harpune befestigen. Und wenn der Pfeil der Harpune in den Baum geschossen wurde, würde die Leine aus der Dose hinausflutschen. Und wenn man dann auf den Knopf drückte, glitt die Leine schnell wieder hinein, und man wurde ohne die geringste Anstrengung zum Baum gezogen! Das würde mir bei Steigungen helfen und bei langen, geraden Strecken. Ich war ein Genie!

      Nach reiflicher Überlegung hatte ich die Erfindung auf den Namen Arrow sparrow getauft! Arrow bedeutet Pfeil auf Englisch, und sparrow bedeutet Sperling. Der Sperlingspfeil. Wenn man ihn benutzte, sollte es ein Gefühl sein, als würde man fliegen wie ein Vogel.

      »Hast du eine Ahnung, wo Charlotte ist?«, fragte Krille.

      »Die ist im Schuppen.«

      Ich deutete auf den Geräteschuppen, aus dem dumpfes Poltern drang. Dann wurde offenbar etwas Schweres über den Schuppenboden gezogen.

      »Aha?«

      »Ja.«

      Im selben Moment ging die Tür des Schuppens auf und eine alte weißgestrichene Holztür wurde herausgewuchtet. Ich sah Omas Hände mit den langen rosa Fingernägeln, aber die ganze übrige Oma war hinter der Tür versteckt. Dann ließ sie die Tür plötzlich los, worauf die mit einem lauten RUMMS auf dem Boden landete und Staub und Holzsplitter hochwirbelten. Dahinter stand Oma in einem leuchtend blauen Pulli und zebragestreiften Leggings. Oma weiß echt, wie man einen perfekten Auftritt hinlegt, das muss man ihr lassen.

      »Good morning, Krister! In zehn Minuten bin ich fertig! Setz dich solange hin und erzähl Sigge von deinem aufregenden Leben!«

      Bitte nicht. Ich schloss die Augen und verdrehte sie. Das mache ich nie bei offenen Augen. Möchte nicht, dass jemand das sieht und dann traurig wird.

      Krille trat ein paarmal hin und her und nahm dann auf dem Stuhl mir gegenüber Platz. Eine verwelkte lila Fliederblüte hing hinter ihm aus dem Busch und legte sich wie eine kleine Baskenmütze auf seinen Kopf. Er wischte ein wenig Pollenstaub vom Tisch.

      »Ich habe gerade eine fabelhafte Idee für einen Film gehabt«, sagte er.

      »Aha.«

      »Willst du sie hören?«

      Am liebsten hätte ich gesagt »lieber nicht«, aber das kam mir unhöflich vor.

      »Okay.«

      Er strahlte übers ganze Gesicht.

      »Großartig! Also. Die Hauptperson in dieser Geschichte soll Basil Hollinghurst heißen.«

      Plötzlich kam Bobo angetrottet.

      »Hallohallo«, sagte sie und kletterte neben mich auf die Bank.