Название | Mein geniales Leben |
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Автор произведения | Jenny Jägerfeld |
Жанр | Книги для детей: прочее |
Серия | |
Издательство | Книги для детей: прочее |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783825162313 |
»Ja, ganz genau so. Ich habe vor Kurzem den Namen geändert. Hotel Skärblacka klang ja unerträglich spießig.«
»Aber«, sagte Mama, »The Royal Grand Golden Hotel … ist das nicht ein bisschen zu großartig? Fast eine Lüge?«
»Finde ich nicht. Es ist doch tatsächlich das größte Hotel in Skärblacka.«
»Es ist das einzige Hotel in Skärblacka!«
»Ganz genau!«, stellte Oma lächelnd fest. »Und damit auch das größte und das großartigste.«
Mama rollte mit den Augen, dann schob sie die Zwiebeln vom Schneidebrett in die Bratpfanne, wo sie sofort zu brutzeln anfingen.
»Übrigens«, sagte Oma. »Ich kann ihm die Haare schneiden, wenn das so wichtig ist. Das Geld kannst du dir sparen.«
»Ja, gute Idee«, meinte Mama, die immer scharf darauf war, Geld zu sparen. »Aber kannst du das denn überhaupt?«
»Selbstverständlich. Schließlich hab ich Einstein jeden Sommer getrimmt, das ist nicht besonders schwierig. Und dir fällt es bestimmt leichter als Einstein, stillzuhalten, nicht wahr, Sigge? Hinterher kriegst du dann auch ein bisschen Frolic, wenn du willst.«
»Bitte, Sigge?« Mama sah mich flehend an.
»When hell freezes over«, sagte ich, das hatte ich nämlich mal in einem Film gehört. Es bedeutet »wenn die Hölle zu Eis gefriert«. Was so viel heißt wie nie.
MEIN ZOMBIEAUGE
Ja. Ich habe ein schwaches Auge. Ich schiele. Das bedeutet, dass mein eines Auge immer auf meine Nase zu gucken scheint, obwohl ich das nicht will. Als ich kleiner war, hatte ich eine Augenklappe. Die saß vor dem starken Auge, weil das schwache trainiert werden sollte. Sonst bestand die Gefahr, dass das starke Auge alle Arbeit übernehmen und das Gehirn das schwache Auge abkoppeln würde, und dann wäre ich einäugig. Oder ich hätte zwar immer noch zwei Augen, aber das eine Auge wäre wertlos und fast blind.
Ich hasste die Augenuntersuchungen und ich hasste die Augenklappe. Jedes Mal, wenn die ausgewechselt wurde, fühlte es sich an, als würde man mir die ganze Augenbraue abreißen.
Die Klappe war beige, hautfarben. Wie ein Pflaster. Echt beschissen. Erstens bin ich nicht beige. Und zweitens war sie kein bisschen unauffällig. Genauso gut hätte ich sagen können: Hallo! Ich hab hier kein Auge! Sieht man doch, oder?
Als Oma einmal vor vielen Jahren meine Babysitterin war, bat ich sie, ein Auge auf die Klappe zu malen. Ich hoffte, dann würde die Klappe weniger auffallen. Oma nahm die Aufgabe ernst und holte Opas winzig kleine Farbdöschen hervor. Damit hatte er die kleinen Häuser und Figürchen für seine geliebte Modelleisenbahn bemalt, die im Keller stand.
Oma erlaubte sich einige künstlerische Freiheiten, das muss man schon sagen. Sie malte nämlich ein Zombieauge auf die Klappe. Ein Auge, rund wie ein Tischtennisball, das aus der Augenhöhle herauszukullern schien, nur von einem kleinen roten Hautfetzen festgehalten. Die Iris hatte die gleiche Farbe wie meine eigenen Augen, dunkelgrün mit einem goldbraunen Ring. Aber rings um die Iris hatte Oma rote Striche gemalt, als wäre das Auge blutunterlaufen. Mir gefiel es, obwohl es nicht ganz so wurde, wie ich es mir vorgestellt hatte. Dass ich mich so deutlich daran erinnere, hat damit zu tun, dass am folgenden Montag in meiner Vorschule Schulfotos gemacht wurden. Mama war nicht begeistert. Aber Oma umso mehr. Sie bestellte eine Unmenge Abzüge und außerdem noch Klebebildchen und Kühlschrankmagnete mit meinem Porträt und verschenkte sie an die Verwandtschaft. Das Weihnachtsgeschenk des Jahres, wie sie es nannte. In unserer früheren Wohnung in Stockholm saß so ein Magnet am Kühlschrank. Oma hat hier in Skärblacka drei Stück am Kühlschrank kleben und im Wohnzimmer ein großes gerahmtes Foto hängen. Es ist ihr Lieblingsbild von mir.
Nur eine Sache hasse ich mehr als die Augenklappe, und zwar die Tatsache, dass ich immer noch schiele. Wenn ich meine Brille aufsetze, schiele ich nicht. Jedenfalls nur sehr wenig. Das Dumme mit der Brille ist nur – sie ist affenscheußlich. Das Gestell ist aus beigefarbenem Kunststoff, und die Gläser sind so dick wie Flaschenböden und vergrößern die Augen ganz gewaltig. Ich sehe wie ein Minion aus, wenn ich die Brille aufhabe. Sorry. Ich mache Witze, das mach ich meistens, wenn ich über mein Schielauge spreche, aber eigentlich möchte ich nur heulen. Denn soll ich euch ein Geheimnis verraten? Ich würde später am liebsten mal fürs Fernsehen arbeiten. Als Moderator für zum Beispiel Die Tierklinik. Oder noch lieber für irgendeine Sendung, die mit Erfindungen zu tun hat. Wo Kinder sich Ideen für lustige Maschinen oder Apps ausdenken und sie dann auch ausführen dürfen. Aber habt ihr jemals einen schielenden Fernseh-Moderator gesehen? Nein. Das habt ihr nicht. So jemand kriegt beim Fernsehen nämlich keinen Job. Der muss denn eben beim Rundfunk arbeiten oder in irgendeinem beschissenen Büro, wo ihn niemand sieht. Das ist der Grund, warum ich mir die Haare bis weit übers Auge hab wachsen lassen – weil ich mein Auge verbergen will. Lieber hacke ich mir mit einer Axt ins Bein, als dass ich mir die Haare schneiden lasse.
NOCH 57 TAGE
GUJKE UND JELLYBEANS
Vor ICA, dem Supermarkt, nahm Oma einen Einkaufswagen und setzte Bobo hinein. Bobo wollte nie im Kindersitz sitzen, sondern immer ausgerechnet im Warenkorb. Oma rannte ein paar Schritte, dann hängte sie sich über den Wagen und hob die Füße hoch. So rollten sie in den Laden. Bobo lachte laut. Ich folgte in einigem Abstand. Es war ein bisschen peinlich, aber eigentlich kannte ich ja niemanden hier. Noch nicht. Oma dagegen kannte viele. Jedenfalls begrüßte sie jeden, der vorbeiging. Manche grüßten zurück, andere glotzten nur. Ich sah, wie sie einander etwas zuflüsterten. Aber so was lässt Oma kalt.
»Es gibt nur eine Sache auf der Welt, die schlimmer ist, als dass die Leute über dich reden, und zwar, dass sie nicht über dich reden«, hat Oma einmal bemerkt.
Wer Oma einmal begegnet ist, vergisst sie nicht so schnell. Sie sieht nicht unbedingt wie eine ältere Dame um die fünfundsechzig aus. An diesem Tag trug sie eine enge schwarze Hose aus Leder, hochhackige grüne Schuhe und eine Bomberjacke mit Silberpailletten. Lange graue Haare, mindestens fünf klirrende goldene Ketten um den Hals und roten Lippenstift.
»So«, sagte Oma, als sie die Füße wieder auf den Boden gestellt hatte. »Was brauchen wir?«
Bobo deutete auf die Erdbeeren.
»Erdbeeren, ja, die brauchen wir dringend«, bestätigte Oma.
Bobo deutete auf eine dunkelgrüne Wassermelone, die fast so groß war wie ein Strandball.
»Eine Wassermelone, die brauchen wir auch!« Oma wuchtete die Melone in den Wagen, wo sie mit einem schweren Plumps zwischen Bobos Beinen landete.
Ich fand es super, mit Oma einzukaufen. Das fanden wir alle, Majken und Bobo auch. Darum begleiteten wir Oma jedes Mal, wenn sie einkaufen ging. Majken, die ohne Weiteres den Titel »die flinkste Maus Schwedens« hätte gewinnen können, war schon in den Laden vorausgerannt. Wahrscheinlich stand sie jetzt bei den Süßwaren vor den Behältern mit den losen Süßigkeiten und futterte die Bonbons, die auf den Boden gefallen waren. Das machte sie oft. »DIE WERDEN JA SOWIESO WEGGEWORFEN!«, erklärte sie dann. Mama drehte fast durch, wenn Majken sich so benahm, aber Oma schien das kein bisschen zu stören.
Oma schreibt nie eine Liste, bevor sie zum Einkaufen fährt, sondern kauft einfach, was ihr gerade einfällt. Das finden wir ganz besonders toll. Mama dagegen hat immer eine äußerst wohlüberlegte Liste dabei. Die Sachen, auf die sie verzichten kann, falls es zu teuer wird, stehen in Klammern. Auf keinen Fall kauft sie etwas, das nicht auf der Liste steht, da kann man noch so viel betteln. Vor allem jetzt nicht, wo sie arbeitslos ist. Aber Oma braucht man gar nicht erst zu fragen. Man legt einfach das, was man haben will, in den Einkaufswagen. Und solange keine komischen Zusätze auf der Verpackung stehen, so was wie E-314 oder so, kauft Oma es.
Natürlich war ich früher schon mal in diesem Laden gewesen, aber immer nur, wenn wir