Название | Der verlorene Sohn - Der Fürst des Elends (Kriminalroman) |
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Автор произведения | Karl May |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788026866886 |
»Natürlich! Sie wollte mich heraus haben, aber ich gehorchte nicht. Zu guten Worten oder gar zur Strenge gab es keine Zeit, denn nach einigen Augenblicken befand sich die Baronin mit ihrem Gemahle bereits im Salon. Ich blieb also stecken.«
»Ah! Die Baronin hatte eine Unterredung mit ihm?«
»Ziemlich lange.«
»Hast Du Etwas gehört?«
»Kein Wort! Das Boudoir liegt zwischen Salon und Schlafzimmer. Endlich kam sie, und die Zofe mußte ihr beim Auskleiden helfen, wurde aber sehr bald mit dem Auftrage entlassen, daß sie schlafen gehen könne.«
»Auf welche Toilettenstücke erstreckte sich die Hilfe der Zofe?«
»Nur auf die Ober- und Untertaille. Den Pelz hatte die Gnädige bereits abgelegt.«
»Den Rock des Kleides, in welchem sich die Tasche befindet, durfte die Zofe nicht berühren?«
»Nein. Ah, Durchlaucht meinen die zwei Beutel?«
»Hast Du sie gesehen?« fragte der Fürst rasch.
»Sehr deutlich! Es waren die Diamantenbeutel aus dem Brillantenschranke des gnädigen Herrn.«
»Gut, gut! Das ist prächtig. Was hat sie mit ihnen gemacht?«
»Sie nahm einen der Steine heraus und legte ihn auf den Tisch. Dann – der gnädige Herr sind bei der Baronin gewesen?«
»Ja.«
»Nur im Boudoir?«
»Auch im Schlafzimmer.«
»So kennen Durchlaucht wohl die kleine Uhr, welche gegenüber dem Lavoir auf der Wandconsole steht?«
»Genau.«
»Nun, die Baronin nahm die Uhr herab und dann auch die Console. Die Letztere ist inwendig hohl. Die Gnädige steckte die Beutel da hinein und brachte dann Console und Uhr wieder an Ort und Stelle.«
»Wie schlau! In der Console sucht kein Mensch Diamanten!«
»Eine echte Spitzbübin.«
»Aber der Diamant auf dem Tische?«
»Darüber bin ich mir im Unklaren. Neben dem Bette geht eine Thür in den Gang, der zu den Gemächern des Barons führt; durch diese Thür entfernte sie sich auf kurze Zeit. Meine Lage war nichts weniger als sicher. Ich hatte nun erfahren, wo die Steine verborgen sind, und konnte mich entfernen, ohne mich der Nachlässigkeit zeihen zu müssen. Jetzt war die Entfernung leicht zu bewerkstelligen, später wurde sie vielleicht schwerer. Ich war bereits mit dem halben Leibe unter dem Bette hervor, da mußte ich schnell zurück – die Baronin kam wieder. Sie brachte zu meinem Erstaunen Rock, Hose, Weste und Hut –«
»Einen Männeranzug?«
»Ja, auch einen Bart und allerlei Krimskrams, was ich nicht gut erkennen konnte.«
»Legte sie den Anzug an?«
»Ja. Bis sie Hose und Weste anhatte, war ich zugegen. Da aber entfernte sie sich abermals durch dieselbe Thür, und da ergriff ich schnell das Hasenpanier. Mein süses Zöfchen hatte fürchterliche Angst ausgestanden und nahm daher einen sehr ergreifenden Abschied von mir.«
»Ahnt sie, was Du bei der Baronin gesehen hast?«
»Kein Wort! Ich habe ihr gesagt, daß die Baronin schlafe.«
»Recht so! Die Baronin will heimlich ausgehen.«
»Als Mann verkleidet!«
»Sicher. Wenn ich richtig vermuthe, so beabsichtigt sie, den Stein in Geld umzuwandeln.«
»Ah! Das ist allerdings sehr wahrscheinlich! Aber zu wem wird sie gehen?«
»Das eben will ich beobachten. Dabei aber giebt es noch zu überlegen. Durch die erleuchteten Corridore kann sie nicht gehen, da sie sich nicht sehen lassen darf.«
»Allerdings. Ich vermuthe, daß sie das Gebäude durch das hintere Pförtchen verlassen wird.«
»Kennst Du dasselbe?«
»Die Zofe sprach davon. Sie sagte, daß man durch das Pförtchen in die Gemächer des Barons gelangen könne.«
»Gut, gut! Ich werde also an dieser Pforte Posto fassen. Du bleibst hier. Kommt die Baronin ja hier heraus, so holst Du mich sofort, aber ohne Dich von ihr sehen zu lassen. Ich stehe an dem Thore, dem Pförtchen gegenüber.«
»Und wenn die Gnädige durch die Pforte kommt, so werden Sie ihr folgen, Durchlaucht?«
»Ja.«
»Und ich? Was thue ich?«
»Du bleibst hier, bis ich zurückkehre. Es liegt mir daran, den Eingang hier nicht aus den Augen zu lassen.«
Er entfernte sich, trat um die Ecke des Palastes und begab sich nach der dem Pförtchen gegenüberliegenden Straßenseite. Dort gab es ein tiefes, dunkles Hausthor, unter welchem der Fürst Posto faßte, um die Pforte zu beobachten.
Er hatte noch nicht lange dagestanden, als er drüben ein leises Geräusch vernahm. Die Pforte öffnete sich und wurde wieder zugemacht. Die Gestalt eines Mannes war zu sehen, der erst zu lauschen schien, dann aber sich rasch entfernte.
Auch der Fürst setzte sich sofort in Bewegung. Er folgte der Gestalt, sich stets im Schatten haltend, so daß er nicht bemerkt werden konnte. Er nahm sich sehr in Acht, sie nicht aus den Augen zu verlieren, und er war auch wirklich so glücklich, die Thür zu erspähen, hinter welcher sie verschwand.
Das war in der Wasserstraße bei dem Juden Salomon Levi.
Die Thür war verschlossen, wie immer. Die Baronin hatte also klopfen müssen, bis die Nase der alten Rebecca sich sehen ließ.
»Wer ist da?« fragte sie durch die Thürspalte.
»Ein Käufer,« antwortete Ella, indem sie sich bestrebte, ihrer Stimme einen männlichen Klang zu geben.
»So spät wird nichts verkauft!«
»Still, Rebecca! Ihr werdet doch ein Geschäft mit mir machen, und zwar ein sehr gutes!«
»Wie?« fragte die Alte. »Der Herr kennt mich? Er nennt mich bei meinem Namen Rebecca? Er spricht von einem Geschäfte, welches werden wird sehr gut?«
»Ja. Ist Salomon Levi zu Hause?«
»Er ist daheim, um zu flicken alte Gewänder, welche er hat gekauft mit Löchern und aufgegangenen Nähten.«
»So mache auf. Ich muß zu ihm!«
»Haben Sie die Gewogenheit, zu treten herein! Ich werde Sie bringen zu meinem Manne in sein Comptoir.«
Die Alte führte den scheinbar jungen Herrn zu dem Juden, welcher sich in dem zweiten Raume befand, demselben, in welchem Judith in Robert Bertram den Dichter erkannt hatte.
Salomon Levi war verwundert, zu so später Stunde noch Jemand bei sich zu sehen.
»Was verschafft mir die Ehre?« fragte er neugierig.
»Ich will allein mit Ihnen sein,« antwortete die Baronin, indem sie sich möglichst im Schatten hielt.
»Rebeccchen, gehe, Dich zu entfernen, bis ich rufe, damit Du wiederkommst, um zurückzukehren!«
Die Alte ging. Da langte die Baronin in die Tasche, zog den Stein hervor, reichte ihn dem Juden hin und fragte:
»Was ist das?«
Er nahm den Stein in die Hand und hielt ihn an das Licht, um ihn zu betrachten. Erst schüttelte er den Kopfe; dann setzte er eine schärfere Brille auf und trat mit dem Lichte in eine Ecke, wo er, der Baronin den Rücken zukehrend, irgendwelche Manipulation vornahm, von der sie aber nichts sehen konnte. Als er dann wieder herbeitrat, hatte sein Gesicht einen ganz anderen Ausdruck bekommen. Er hustete einige Male und sagte dann:
»Was