Название | Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie |
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Автор произведения | Georg Ebers |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788075836854 |
Woher Herodot den Namen Smerdes für Bartja und Gaumata genommen, läßt sich nicht nachweisen. Letzteren finden wir bei Justin, wenn auch in verstümmelter Form, wieder.
Warum ich den Halikarnassier Phanes zu einem Athener gemacht habe, findet sich angedeutet in der 90. Anmerkung des ersten Bandes. Dieser Zwang, den ich einer verbürgten Thatsache anthue, hätte sich in der ersten Auflage vermeiden lassen, war aber jetzt ohne große Umwälzungen im Texte nicht zu vermeiden. Einer ernsteren Entschuldigung bedürfte die Kombination, durch welche ich versucht habe, Nitetis möglichst jung zu machen; denn es ist, trotz der von Herodot gerühmten Milde des Amasis, ziemlich unwahrscheinlich, daß König Hophra noch zwanzig Jahre nach seinem Sturze gelebt haben sollte.
Uebrigens stehen wir auch hier vor keiner Unmöglichkeit, denn es läßt sich nachweisen, daß Amasis die Nachkommen seiner Vorgänger nicht verfolgte. Ein gewisser Psamtik, welcher der gestürzten Dynastie angehörte, lebte wenigstens, wie ich auf einer Stele im leydener Museum gefunden habe, bis in’s 17. Jahr der Regierung des Amasis und starb 75 Jahr alt.
Endlich sei es mir gestattet, einige Worte über Rhodopis zu sagen. Daß sie ein ganz außergewöhnliches Weib gewesen sein muß, beweisen die in Anmerkung 10 und 14 des ersten Theils angeführten Stellen des Herodot und die Mittheilungen vieler anderer Schriftsteller. Daß sie schön gewesen sei, geht schon aus ihrem Namen hervor, der zu deutsch »Rosenwange« bedeutet. Auch ihre Liebenswürdigkeit wird ausdrücklich von dem Halikarnassier hervorgehoben. In welchem Grade sie mit allen Vorzügen ausgestattet gewesen sein muß, läßt sich am besten daraus entnehmen, daß die Sage und das Märchen bemüht gewesen sind, ihren Namen unsterblich zu machen. Rhodopis soll »wie viele behaupten« die schönste der Pyramiden (die des Mycerinus oder Menkera) erbaut haben; eine Erzählung von ihr, welche Strabo und Aelian bringen, bildet vielleicht die Grundlage zu einem unserer ältesten und schönsten Volksmärchen, dem Aschenbrödel, ja eine Sage von Rhodopis ist nahe verwandt mit unserer Loreleymähre. Nach Aelian raubte ein Adler, nach Strabo der Wind die Schuhe der zu Naukratis im Nile badenden Rhodopis, und legte sie zu Füßen des auf dem Markte Gericht haltenden Königs nieder. Dieser war entzückt über die Zierlichkeit der Sandalen und ruhte nicht eher, bis er die Besitzerin derselben aufgefunden und zu seiner Gemahlin gemacht hatte.
Die Sage erzählt, daß auf einer der Pyramiden ein wunderholdes, nacktes Weib throne, das durch seine Schönheit die Wüstenwandrer um den Verstand bringe (homines insanire faciat). Ihr Name sei Rhodopis. Th. Moore, welcher diese Sage dem Zoega’schen Werke entlehnt hat, benutzt sie zu folgenden Versen:
«Fair Rhodope, as story tells
The bright unearthly numph, who dwells
’Mid sunless gold and jewels hid,
The lady of the Pyramid.»
So fabelhaft all’ diese Mittheilungen klingen, so schlagend beweisen sie, daß Rhodopis ein Weib von ganz außergewöhnlicher Art gewesen sein muß. Wenn einige Gelehrte die Thracierin mit der schönen und heldenmüthigen Königin Nitokris gleichsetzen, von der Manetho bei Africanus, Eusebius u. A. redet, und deren Namen sich in der That (er bedeutet »siegreiche Neith«) als der einer der sechsten Dynastie angehörenden Königin auf den Denkmälern wiedergefunden hat, so conjiciren sie zu kühn, geben aber neue Belege für die Bedeutsamkeit unserer Heldin. Zweifelsohne sind die auf die Eine bezüglichen Sagen auf die Andere übertragen worden und umgekehrt. Herodot lebte viel zu kurze Zeit nach ihr und erzählt viel zu genaue und realistische Dinge aus ihrem Privatleben, als daß sie eine bloße Sagengestalt gewesen sein könnte. Das Schreiben des Darius am Ende des dritten Bandes soll die hellenische Rhodopis mit der Pyramidenerbauerin der Sage vermitteln. Ich will hier noch erwähnen, daß die erstere von Sappho »Doricha« genannt wurde. So mag man sie gerufen haben, ehe sie den Beinamen der Rosenwangigen erhielt.
Endlich muß ich des Jambenflusses, der sich in der Liebesscene zwischen Sappho und Bartja im ersten und dritten Bande geltend macht, entschuldigend gedenken; auch liegt es mir ob, einige Worte über die Liebesscenen selbst zu sagen, welche ich in der neuen Auflage nur wenig verändert habe, obgleich mir gerade in Bezug auf sie die meisten Bedenken zu Ohren gekommen sind.
Zunächst will ich gestehen, daß mir die Jamben bei der Schilderung des seligen Liebesglückes eines schönen jungen Menschenpaares, das mir selbst lieb geworden war, und das ich in die stille Nacht, an den ewigen Nil, zu Palmen und Rosen hinausbegleitete, unwillkürlich, sogar gegen meinen Willen (ich wollte ja einen Roman in Prosa schreiben), in die Feder gekommen sind. Die erste Liebesscene hat für mich eine Geschichte. Ich schrieb sie, ohne zu wissen, daß ich schrieb, in einer halben Stunde nieder. In meinem Buche ist zu lesen, daß die Perser das, was sie Abends im Rausche beschlossen hatten, am nächsten Morgen in der Nüchternheit von Neuem überlegten. Als ich im Sonnenscheine prüfte, was da beim Lampenlichte geworden war, wurde ich bedenklich und wollte schon die Liebesscenen vernichten, als mein theurer, zu früh verdorbener Freund Julius Hammer, der Dichter von »Schau’ in Dich und schau’ um Dich!« meine zum Ausstreichen erhobene Hand zurückhielt. Auch von anderer Seite wurde die Form der Liebesscenen gebilligt, und ich sage mir selbst, daß der poetische Ausdruck des Gefühles der Liebe sich in allen Ländern und Zeiten sehr ähnlich darstellt, während die Gespräche und Umgangsformen liebender Paare in der Realität, je nach Ort und Zeit, verschieden sein werden. Ich stehe hier dem übrigens nicht zu seltenen Falle gegenüber, daß die Dichtung der Wahrheit näher zu kommen ermöglicht, als die besonnene, beobachtende Prosa. Manche meiner verehrten Kritiker haben diese Scenen getadelt, andere, und unter ihnen solche, an deren Urtheil mir besonders viel gelegen ist, ihnen das freundlichste Lob zukommen lassen. Von diesen nenn’ ich A. Stahr, C. v. Holtey, M. Hartmann, E. Hoefer, W. Wolfsohn, C. Leemans, Professor Veth in Amsterdam u. a. m. Dennoch kann ich nicht verschweigen, daß von gewichtigen Seiten her die Frage an mich herangetreten ist: Kannte denn das Alterthum überhaupt die Liebe in unserem Sinne, oder ist diese erst ein Produkt des Christentums, wie die Romantik, auf der ja schon dem Namen nach der Roman beruht? Daß ich mich, als ich mein Buch begann, ähnlichen Bedenken nicht verschlossen habe, das mag das Motto beweisen, welches ich über die Vorrede zur ersten Auflage setzte:
»Man hat mehrfach bemerkt, daß in den Briefen Cicero’s und des jüngeren Plinius Anklänge moderner Sentimentalität nicht zu verkennen seien. Ich finde in denselben nur Anklänge tiefer Gemüthlichkeit, die in jedem Zeitalter, bei jedem Volksstamme aus dem schmerzlich beklommenen Busen emporsteigen.« A. v. Humboldt, Kosmos II. S. 19.
Und ich stimme unserem großen Gelehrten freudig bei und weise darauf hin, daß wir in heidnischen Kreisen entstandene Liebesromane haben. Ich erinnere nur an des Apulejus’ Amor und Psyche. Die Liebe war auch dem Alterthume nicht fremd. Gibt es schönere Proben heißer Leidenschaft als die, welche uns aus Sappho’s Liedern entgegenflammen, haben wir ein herrlicheres Bild gehuldigen Ausharrens in treuer Liebe als das, welches uns Homer in der edlen Penelopeia vorzeigt, gibt es schönere Beispiele des treuen Verbundenseins zweier Herzen selbst über den Tod hinaus, als die, welche uns Xenophon in der Erzählung von der Panthea und dem Abradat und die Geschichte Vespasian’s durch die Kunde von dem Geschicke des Galliers Sabinus und seiner Gattin aufbewahrt haben? Kennen wir etwas Zarteres, als die Sage von den Halkyonen (Eisvögeln), die einander so zärtlich lieben, daß das Weibchen sein Männchen, wenn es vom Alter gelähmt wird, auf die Flügel nimmt und dahin trägt, wohin es verlangt? Solche Liebe belohnen die Götter, und wenn das Pärchen sein Nest baut und brütet, dann ruhen Wogen und Wind, und lieblicher scheint die Sonne vom Himmel in diesen »Halkyonen-Tagen«. Fehlt es an Liebesromantik da, wo ein Wüstling, Antonius, in seinem Testamente verlangen konnte, daß seine Leiche, er möge sterben wo er wolle, neben der seiner geliebten Kleopatra beizusetzen sei; ist