Das Dekameron. Джованни Боккаччо

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Название Das Dekameron
Автор произведения Джованни Боккаччо
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788726544862



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und dankte ihr für die erwiesene Wohltat, so sehr er’s nur immer vermochte. Der Witwe aber schien er seinem Aussehen und seinen Worten nach ganz dem zu entsprechen, was ihre Dienerin gesagt hatte. So empfing sie ihn freundlich, hieß ihn sich vertraulich neben sie ans Feuer setzen und befragte ihn wegen des Unfalls, der ihn hergeführt hatte. Jener erzählte ihr alles der Reihe nach, und da die Witwe von der Ankunft von Rinaldos Diener im Orte gehört hatte, maß sie seinen Worten vollkommenen Glauben bei und sagte ihm, was sie über seinen Diener wußte und wie er diesen am nächsten Morgen leicht werde wiederfinden können.

      Während der Zeit war angerichtet worden, und nachdem sich beide die Hände gewaschen hatten, setzte sich Rinaldo auf der Dame Geheiß mit ihr zu Tisch. Er war groß und stattlich, von schönen und wohlgefälligen Gesichtszügen, artigen und einnehmenden Sitten und in den besten Jahren. In unserer Witwe aber war in der Meinung, daß der Markgraf die Nacht bei ihr zubringen sollte, die begehrende Lust bereits erwacht. So heftete sie denn oft die Augen auf Rinaldo, fand besonderes Behagen, ihn anzuschauen, und sah es endlich förmlich auf ihn ab. Demzufolge beriet sie sich nach dem Essen mit ihrer Dienerin, ob sie nicht, da der Markgraf sie getäuscht hatte, die Gelegenheit benutzen sollte, die das Glück ihr zugesandt. Die Dienerin, welche wohl merkte, wie groß die Lust ihrer Gebieterin war, ermunterte sie nach Kräften, dieser nachzugeben.

      So kehrte denn die Dame zurück zum Feuer, wo sie den Rinaldo gelassen, sah ihn mit verliebten Augen an und sagte: „Nun, Rinaldo, warum so nachdenklich? Sind denn das Pferd und die paar Kleidungsstücke, die Ihr eingebüßt habt, so unersetzlich? Gebt Euch zufrieden, seid munter und denkt, Ihr seid zu Hause. Ja, ich könnte Euch noch mehr sagen: in den Kleidern, die Ihr da anhabt, und die meinem verstorbenen Manne gehörten, kommt Ihr mir vor wie er selbst, und mich hat heute abend wohl hundertmal die Lust angewandelt, Euch um den Hals zu fallen und Euch zu küssen, und wahrhaftig, hätte ich nicht gefürchtet, Euch lästig zu fallen, so hätte ich’s auch getan.“

      Als Rinaldo, der nicht auf den Kopf gefallen war, diese Worte hörte und sah, wie die Augen der jungen Witwe blitzten, ging er mit offenen Armen auf sie zu und sagte: „Madonna, wenn ich, des Zustandes gedenkend, aus dem Ihr mich befreit habt, Euch in alle Zukunft mein Leben werde zu danken haben, so wäre es wohl sehr undankbar, wollte ich nicht bestrebt sein, alles zu tun, was Euch angenehm sein kann. Folgt also immerhin Eurer Lust, mich zu umarmen und zu küssen; denn was mich betrifft, so werde ich Euch wahrhaftig gern umarmen und noch lieber küssen.“ Weiter bedurfte es keiner Worte. Die Witwe, die von liebevollem Verlangen ganz entbrannt war, warf sich augenblicklich in seine Arme, und nachdem sie ihn wohl tausendmal gedrückt und geküßt hatte, und ebensooft von ihm geküßt worden war, standen sie miteinander auf und gingen in die Kammer, wo sie sich unverweilt niederlegten und ihren Wünschen volle und öfter wiederholte Befriedigung schenkten, bevor der Morgen anbrach.

      Als jedoch das Morgenrot zu dämmern begann, erhoben sie sich auf den Wunsch der Witwe von ihrem Lager. Damit niemand erraten könne, was geschehen sei, gab sie ihm einige schlechte Kleidungsstücke zum Anziehen, füllte ihm den Beutel mit Geld, und nachdem sie ihm gezeigt hatte, welchen Weg er einschlagen mußte, um seinen Diener wiederzufinden, ließ sie ihn mit der Bitte, über das Geschehene zu schweigen, zur selben kleinen Tür hinaus, durch die er hereingekommen war.

      Sobald es heller Tag geworden und die Tore geöffnet waren, ging er, als ob er von weither käme, in den Ort hinein und suchte seinen Diener auf. Wie er sich nun wieder mit seinen Sachen, die im Mantelsack geblieben waren, bekleidet hatte und eben auf das Pferd des Dieners steigen wollte, geschah es wie durch ein göttliches Wunder, daß die drei Wegelagerer, die ihn am Abend vorher ausgeplündert hatten und wegen eines anderen von ihnen begangenen Verbrechens bald darauf gefangen worden waren, in eben jenen Ort eingebracht wurden. So erhielt er denn durch ihr eigenes Geständnis sein Pferd, seine Kleidungsstücke und sein Geld wieder und büßte nichts ein als ein Paar Kniebänder, von denen die Räuber nicht wußten, was daraus geworden war. Voller Dank gegen Gott und den heiligen Julianus stieg Rinaldo zu Pferde und kam heil und gesund zu Hause an. Die drei Wegelagerer aber schaukelten schon anderntags im Galgenwind.

      DRITTE GESCHICHTE

      Drei Jünglinge bringen ihr Hab und Gut durch und verarmen. Ein Neffe von ihnen kehrt, an allem vertagend, nach Hause zurück und trifft unterwegs mit einem Abte zusammen, der sich als Tochter des Königs von England entpuppt. Sie heiratet ihn und macht seine Oheime durch Ersatz des Verlorenen wieder wohlhabend.

      Die Schicksale des Rinaldo von Asti waren von den Mädchen mit Verwunderung angehört worden. Sie lobten seine Frömmigkeit und dankten Gott und dem heiligen Julianus, daß sie ihm in seiner größten Not beigestanden hatten. Doch hielten sie deshalb die Witwe, wenngleich sie sich darüber nur verstohlen äußerten, keineswegs für töricht, daß sie das Glück, welches ihr Gott ins Haus gesandt, so gut zu benutzen gewußt hatte.

      Während noch mit leisem Lachen über die angenehme Nacht gesprochen wurde, die ihr zuteil geworden war, fing Pampinea, die als nächste Nachbarin des Filostrato mutmaßte, daß die Reihe nun an ihr sei, darüber nachzudenken an, was sie erzählen sollte, und sagte alsdann nach dem Geheiß der Königin unbefangen und fröhlich:

      Je mehr man über die wechselnden Launen des Glücks redet, desto mehr bleibt dem Aufmerksamen darüber zu sagen. Daß es sich so verhält, wird niemanden verwundern können, der klug genug ist, zu erwägen, wie alle Dinge, die wir törichterweise unser nennen, in den Händen Fortunas liegen und von ihr nach einem verborgenen Ratschlusse unaufhörlich und ohne daß wir das treibende Gesetz zu erkennen wüßten, von einem auf den andern übertragen werden. Ob sich dies nun gleich allerorts und tagtäglich offenbart und auch durch einige der vorigen Geschichten belegt worden ist, werde ich doch, weil nach dem Gefallen der Königin über diesen Gegenstand gesprochen werden soll, eine Geschichte hinzufügen, die vielleicht nicht ohne Nutzen für die Zuhörer ist und, wie ich hoffe, ihren Beifall finden wird.

      Es war in unserer Stadt vorzeiten ein Edelmann, der Herr Tedaldo hieß und, wie einige vorgaben, zu der Familie der Lamberti, nach der Behauptung anderer aber zu den Agolanti gehörte. Doch ich lasse es dahingestellt, zu welcher der beiden Familien er zählte, und sage nur, daß er zu seiner Zeit einer der reichsten Edelleute war und drei Söhne hatte, von denen der erste Lamberto, der zweite Tedaldo und der dritte Agolante hieß. Wiewohl der älteste noch nicht sein achtzehntes Lebensjahr erreicht hatte, waren sie schon zu hübschen und ritterlichen Jünglingen herangewachsen, als der reiche Herr Tedaldo starb und ihnen als seinen rechtmäßigen Erben seine gesamte liegende und fahrende Habe hinterließ. Als diese sich an barem Gelde und an Liegenschaften so reich sahen, begannen sie, nur von ihrer eigenen Lust geleitet, ihr Geld ohne Maß und Schranken zu vertun, hielten sich eine zahlreiche Dienerschaft und auserlesene Pferde, Hunde und Falken, gaben fortwährend öffentliche Bankette, hielten Waffenspiele ab und taten mit einem Wort nicht, was sich für Edelleute geziemt, sondern was zu tun ihnen in ihren jugendlichen Sinn kam.

      Dieses Leben hatten sie noch nicht lange geführt, als der ihnen von ihrem Vater hinterlassene Schatz sich zu vermindern anfing und sie genötigt waren, ihre Besitzungen teilweise zu verkaufen und zu verpfänden, um den begonnenen Aufwand, zudem die reinen Einkünfte nicht mehr genügten, fortführen zu können. So büßten sie heute die eine und morgen die andere ein und wurden es kaum eher gewahr, als bis ihnen fast nichts mehr übriggeblieben war. Da öffnete die Armut ihre Augen, welche der Reichtum verschlossen hatte. Lamberto rief eines Tages die beiden andern zu sich, erinnerte sie, welch ein ehrenvolles Leben ihr Vater und nachher sie selbst geführt hätten, wie ausgedehnt ihr Reichtum gewesen sei. Dann schilderte er ihnen die Armut, in die sie sich durch ihren ungezügelten Aufwand gestürzt, und ermahnte sie, so nachdrücklich er konnte, bevor ihre Dürftigkeit noch offenkundiger würde, gemeinschaftlich mit ihm das wenige, das ihnen geblieben war, zu verkaufen und in die Fremde zu gehen.

      Und so taten sie denn auch wirklich. Sie verließen, ohne von jemand Abschied zu nehmen, Florenz in aller Stille und ruhten nicht eher, bis sie in England waren. Hier mieteten sie sich in London ein kleines Häuschen und fingen, bei größter Sparsamkeit in ihren Ausgaben, auf argen Wucher Geld auszuleihen an, wobei ihnen das Glück so günstig war, daß sie in wenigen Jahren sich ein großes Vermögen erwarben. Darauf reiste bald der eine, bald der andere von ihnen nach Florenz zurück. Sie brachten ihre ehemaligen