Das Dekameron. Джованни Боккаччо

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Название Das Dekameron
Автор произведения Джованни Боккаччо
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9788726544862



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GESCHICHTE

      Guiglielmo Borsiere straft mit feiner Rede den Geiz des Herrn Ermino de’ Grimaldi.

      Als Bergaminos Schlauheit zur Genüge gelobt worden war, sah Lauretta, die dem Filostrato zunächst saß, daß es nun an ihr sei zu sprechen, und sie begann, ohne eine weitere Aufforderung abzuwarten, anmutig so zu reden:

      Die vorige Geschichte veranlaßt mich, euch zu erzählen, wie ein anderer, der ebenfalls, davon lebte, daß er Hochgeborenen die Zeit vertrieb, die Geldgier eines reichen Kaufmanns mit gutem Erfolg strafte. Laufen auch beide Geschichten auf dasselbe Ende hinaus, so denke ich, soll euch die meinige um ihres günstigen Ausgangs willen nicht minder willkommen sein.

      In Genua lebte vor geraumer Zeit ein Edelmann namens Ermino de’ Grimaldi, der, wie es allgemein hieß, an ausgedehnten Besitzungen und an barem Vermögen den Reichtum der wohlhabendsten Bürger, von denen man zu jener Zeit in Italien wußte, bei weitem übertraf. Wie aber seine Reichtümer die jedes anderen Italieners weit hinter sich zurückließen, so tat er es auch an Geiz und Filzigkeit dem ärgsten Filz und Geizhals auf der ganzen Welt weit zuvor. Denn nicht allein verschloß er seinen Beutel, wenn es galt, andern eine Ehre zu erweisen, sondern auch in dem, was der Anstand der eigenen Person gefordert hätte, ließ er es im Gegensatz zur Gewohnheit der Genueser, die sich adelig zu kleiden pflegen, an dem Nötigsten fehlen, desgleichen auch im Essen und Trinken. Aus diesem Gründe war ihm der Familienname der Grimaldi im Volksmunde verdientermaßen ganz verlorengegangen, und alle nannten ihn nur Herrn Ermino, den Geizhals.

      Um diese Zeit nun, als dieser das Seinige an sich hielt und vervielfachte, geschah es, daß Guiglielmo Borsiere, ein lustiger Rat von feinen Sitten und geübter Zunge, der keineswegs den Leuten seiner Profession glich, die wir jetzt zu sehen bekommen, nach Genua kam. Denn zur großen Schande aller derer, die sich gegenwärtig Herren und Edelleute nennen lassen und als solche gelten wollen, können unsere lustigen Räte heute eher für Esel gelten, die im Schmutze des gemeinen Gesindels großgeworden, als für Leute, die an Höfen aufgewachsen sind. Während damals ihr Geschäft darin bestand, mit aller Anstrengung Frieden zu vermitteln, wo unter den Herren Haß oder Krieg entstanden war, Ehen, Verschwägerungen oder Freundschaften zu stiften, die Höfe zu ergötzen und gleich Vätern die Fehler der Bösgesinnten mit scharfem Tadel zu verfolgen — und dies alles um geringen Lohn —, sind sie heutzutage nur bedacht, ihre Zeit damit zu verbringen, daß sie von einem zum andern Bosheiten herumtragen, Zwietracht aussäen, Unanständiges und Schlechtes reden, und, was schlimmer ist, vor den Leuten tun, Schlechtigkeit, Schande und Schmach einander hinter dem Rücken nachsagen und mit falschen Schmeicheleien die Gutgesinnten zu Schlechtigkeiten und Gemeinheiten zu verführen suchen. Von unseren entarteten und sittenlosen Fürsten aber wird der unter ihnen am höchsten geschätzt und durch die größten Geschenke ermuntert, der die meisten Abscheulichkeiten sagt oder tut. Wahrlich eine Tatsache, die unserer Zeit zu großer, beständiger Schande gereicht, und ein augenscheinlicher Beweis, daß die Tugenden von der Erde gewichen sind und die beklagenswerten Sterblichen im Unflat der Sünden zurückgelassen haben.

      Um aber auf das zurückzukommen, wovon ich ausgegangen bin und von wo gerechter Unwille mich weiter abgelenkt hat, als ich dachte, so säge ich, daß der genannte Guiglielmo von allen Edelleuten in Genua gern gesehen und mit Ehren überhäuft ward. Als er sich nun schon einige Zeit in der Stadt aufgehalten und mancherlei von dem Geize und den armseligen Gesinnungen des Herrn Ermino vernommen hatte, kam es ihm in den Sinn, diesen zu besuchen. Herrn Ermino waren die Talente des Guiglielmo Borsiere dem Hörensagen nach bekannt geworden, und da er trotz allem seinem Geize noch ein Fünkchen guter Sitten in sich trug, empfing er ihn mit freundlichem Gesicht und höflichen Worten. Unter allerlei Gesprächen, die er mit ihm begann, führte er den Borsiere und einige Genueser, die eben bei ihm waren, in ein ihm gehörendes neues Haus, das er ganz hübsch hatte einrichten lassen. Nachdem er ihm alles gezeigt hatte, sagte er: „Ach, Herr Guiglielmo, Ihr habt so manches gehört und gesehen; könntet Ihr mir nicht etwas raten, was noch niemals dagewesen ist, damit ich’s im Saal dieses Hauses malen lassen könnte?“

      Als Guiglielmo diese wenig angebrachte Rede vernahm, erwiderte er: „Herr, etwas noch nie Dagewesenes getraue ich mich nicht zu ersinnen, es sei denn etwa ein gemaltes Niesen oder dergleichen. Wollt Ihr aber, so will ich Euch etwas angeben, das meines Wissens bei Euch noch nicht dagewesen ist.“ „Und was wäre das, ich bitte Euch“, entgegnete Herr Ermino, wenig gefaßt auf die Antwort, die er hernach bekam. Guiglielmo aber erwiderte schnell: „Laßt die Freigebigkeit malen.“

      Kaum hatte Herr Ermino diese Worte vernommen, so kam eine solche Scham über ihn, daß sie seine bisherige Sinnesart nahezu umzukehren vermochte, und er sagte: „Ja, Herr Guiglielmo, ich will sie malen lassen, und zwar so, daß weder Ihr noch sonst jemand Grund haben soll, zu sagen, ich hätte sie weder gesehen noch gekannt.“ Und so viel Kraft hatten Guiglielmos Worte, daß er von diesem Tage an der freigebigste und höflichste Edelmann ward und unter allen, die zu seiner Zeit in Genua lebten, derjenige wurde, der Fremden und Einheimischen am meisten Ehre erwies.

      NEUNTE GESCHICHTE

      Aus dem schwachen König von Zypern wird durch den Spott einer Edeldame aus der Gaskogne ein entschlossener Herrscher.

      Der letzte Befehl der Königin war für Elisa verblieben, und diese begann, ohne ihn abzuwarten, mit freundlicher Miene:

      Schon oft ist es geschehen, daß ein einziges, mit Absicht oder durch Zufall geäußertes Wort bei jemandem auszurichten vermochte, was mancherlei Tadel und häufige Strafen nicht erreicht hatten. Davon gab uns die Geschichte Laurettas ein schlagendes Beispiel, und ich will euch das gleiche in einer kurzen Erzählung dartun. Denn gute Geschichten können uns immer förderlich sein, und darum soll man ihnen immer aufmerksam zuhören, wer immer auch der Erzähler ist.

      So sage ich denn, daß zu den Zeiten des ersten Königs von Zypern, nach der Eroberung des Heiligen Landes durch Gottfried von Bouillon, eine Edeldame, von der Pilgerfahrt nach dem Heiligen Grabe heimkehrend, Zypern besuchte und von einigen ruchlosen Leuten auf empörende Weise beleidigt ward. Sie konnte sich ob dieses Frevels nicht zufriedengeben und war gesonnen, den König selbst anzurufen. Doch einer ihrer Bekannten sagte ihr, sie werde sich nur vergebliche Mühe machen. Der König führe ein so kleinmütiges und unwürdiges Leben, daß er, weit davon entfernt, den anderen angetanen Schimpf gerecht zu rächen, ihm selbst zugefügte Schmach mit schnöder Feigheit ertrage, so daß, wer irgendeinen Verdruß gehabt habe, seinen Unmut in Beleidigungen und Hohn gegen den König auslasse.

      Als die Dame dies vernahm, gab sie es auf, Rache zu verlangen, und wollte nur, um ihren Zorn einigermaßen zu befriedigen, diesen König wegen seiner niedrigen Gesinnung noch verspotten. Weinend trat sie vor ihn hin und sagte: „Herr, ich komme nicht zu dir, um Rache für die Beleidigung zu erlangen, die mir widerfahren ist. Statt aller Vergeltung für diese bitte ich dich nur, mir zu sagen, wie du es anfängst, um die vielen Kränkungen zu ertragen, die man dir antut. Dann werde ich, von dir belehrt, die meinige geduldig hinnehmen, während ich sie jetzt, der Himmel weiß es, dir gern schenkte, weil du dergleichen so gut zu ertragen weißt.“

      Als wäre er vom Schlaf erwacht, fing der König, der bis dahin untätig und träge gewesen war, damit an, den der Dame angetanen Schimpf aufs nachdrücklichste zu rächen, und von diesem Tage an wurde er ein strenger Verfolger eines jeden, der sich irgendwie gegen die Ehre seiner Krone auch nur das mindeste verging.

      ZEHNTE GESCHICHTE

      Meister Alberto von Bologna beschämt auf feine Weise eine Dame, die ihn wegen seiner Liebe zu ihr beschämen wollte.

      Elisa schwieg, und des Erzählens letzte Pflicht blieb bei der Königin, die mit sicherer Stimme also zu reden begann:

      Wie in hellen Nächten die Sterne den Himmel und im Frühling die Blumen den grünen Anger zieren, so gereichen guten Sitten und heiteren Gesprächen zierliche Witzworte zum Schmucke. Um ihrer Kürze willen schicken sie sich besser für uns Frauen als für Männer, denn viel und lange zu reden ist, wenn es sich vermeiden läßt, für Frauen noch unziemlicher als für Männer.

      Heutzutage freilich ist, zu unserer, und aller Jetztlebenden allgemeinen Schande, kaum