Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg

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Название Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Chefarzt Dr. Norden Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740975135



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nicht unberührt. Damals hatte sie lange gebraucht, um das Ende der Beziehung zu verwinden. Und nun musste sie feststellen, dass er in all den Jahren nichts von seiner Anziehungskraft auf sie verloren hatte. Sophie zögerte, konnte der Versuchung aber schließlich nicht widerstehen.

      »Wenn es irgendetwas gibt, worüber du reden möchtest …« Ihr Blick streichelte sein Gesicht. Versonnen strich sie ihm eine widerspenstige Strähne aus der Stirn. »Wir haben uns zwar ein paar Jahre nicht gesehen. Aber …«

      In diesem Moment wurde die Tür aufgestoßen und eine Rollstuhlfahrerin schob sich herein. Wie ertappt fuhr Sophie hoch. Obwohl sie ihre Konkurrentin nie persönlich kennengelernt hatte und auch nichts von ihrer Behinderung wusste, erkannte sie Jutta sofort. Nachdem Bastian ihr die Hochzeitsanzeige geschickt hatte, war sie im Internet auf die Suche gegangen. Mit Erfolg.

      Bastian hingegen wandte sich abrupt ab. Es war offensichtlich, dass er seine Frau nicht sehen wollte. Das bemerkte auch Sophie.

      »Hallo, Jutta«, übernahm sie die Begrüßung ihrer Konkurrentin.

      Sie erntete einen verwunderten Blick.

      »Kennen wir uns?«

      Sophie steckte die Hände in die Kitteltaschen und musterte Jutta von oben herab. Sie dachte nicht daran, ihr zur Begrüßung die Hand zu reichen oder gar aus dem Weg zu gehen.

      »Mein Name ist Sophie Petzold. Hat Basti nie von mir erzählt?«

      Jutta erinnerte sich und schluckte.

      »So viel ich weiß, waren Sie einmal befreundet. Aber das war vor unserer Zeit.«

      »Befreundet? So kann man es auch nennen.« Sophie lächelte kühl.

      »Ich verstehe nicht ganz. Was wollen Sie von mir?«, fragte Jutta hilflos. »Wie geht es meinem Mann?« Sie erhaschte einen Blick auf Bastian, der mit abweisender Miene im Bett lag. Die Wunden, die der hässliche Streit und ihre bösen Worte geschlagen hatten, waren tief.

      »Sie müssen sich keine Sorgen machen«, erwiderte Sophie. »Dank meiner erstklassigen Naht wird noch nicht einmal eine Narbe zurückbleiben. Morgen früh gehört er wieder ganz Ihnen.«

      »Gut.« Jutta lächelte matt in Richtung ihres Mannes. »Dann kann ich ja wieder gehen.«

      »Fahren wollten Sie wohl sagen«, bemerkte Sophie bissig und ging vor zur Tür, um sie für Jutta aufzuhalten.

      Die presste die Lippen aufeinander und rollte mit verkniffener Miene hinaus. Sophie sah ihr nach, wie sie den Rollstuhl mühsam über den Flur fuhr und schließlich um eine Ecke verschwand.

      »Was ist passiert?«, erkundigte sie sich, als sie an Bastians Bett zurückgekehrt war. »Ein Unfall?«

      Noch immer lag Bastian im Bett und starrte Löcher in die Luft. Sophies Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Langsam wandte er den Kopf.

      »Vor einem Jahr hatte Jutta einen Schlaganfall. Seitdem ist alles anders geworden zwischen uns«, gestand er mit schleppender Stimme. »Sie betrachtet sich als Krüppel, leidet unter Depressionen. Ich habe alles versucht, um ihr zu helfen. Vergeblich. Sie lässt mich nicht mehr an sich heran. Heute Vormittag hatten wir erst wieder einen fürchterlichen Streit deswegen.« Er schüttelte den Kopf. »Verdammt noch mal, Sophie. Ich bin ein Mann! Ist das so schwer zu verstehen?« Er biss sich auf die Lippe. Etwas ruhiger fuhr er fort: »Deshalb ist mir der Unfall passiert. Ich habe mich so über Jutta geärgert, dass ich nicht auf den Verkehr geachtet habe. So kann das nicht weitergehen. Ich habe mir wirklich Mühe gegeben. Aber jetzt kann ich nicht mehr. Ich halte das nicht mehr aus.«

      Innerlich frohlockte die Assistenzärztin. Doch rein äußerlich war ihr nichts anzumerken.

      »Habt ihr schon einmal über eine Therapie nachgedacht?«, fragte sie sachlich.

      »Ich habe Jutta bekniet, sich einer Therapeutin anzuvertrauen. Ich habe ihr angeboten, eine Paartherapie zu machen. Auch ihre Schwester – Judica ist Physiotherapeutin – hat mit ihr geredet. Vergeblich. Sie will einfach nicht.«

      Sophie wollte noch etwas erwidern, als sich die Tür erneut öffnete. Diesmal war es eine Schwester, die den Kopf hereinsteckte.

      »Frau Dr. Petzold, Dr. Weigand braucht Sie dringend in der Ambulanz.«

      »Kommt er mal wieder nicht ohne mich klar?« Es war mehr eine Feststellung denn eine Frage. Und zu Bastian gewandt sagte Sophie: »Ich komme wieder, so schnell ich kann.« Damit verließ sie das Zimmer und machte sich auf den Weg in die Ambulanz. Erst jetzt, so allein auf dem Flur, bemerkte sie, dass ihre Knie weich waren und ihr Herz aufgeregt klopfte. Die Begegnung mit ihrer ersten Liebe wühlte sie mehr auf, als sie es je vermutet hätte.

      *

      Matthias Weigand verließ gerade eines der Behandlungszimmer, als Sophie des Weges kam.

      »Sieh mal einer an. Sie haben es also endlich geschafft, die simple Gehirnerschütterung und die kleine Platzwunde zu versorgen. Gratulation!«, ätzte er. »Nachdem Sie über so beeindruckende Fähigkeiten verfügen, übernehmen Sie jetzt bitte die Patientin der Kollegin. Frau Lekutat muss in den OP.« Er drehte sich um und lief mit wehendem Kittel davon.

      Sophie seufzte und tat, wie er ihr geheißen hatte. Sie fand Dr. Lekutat neben ihrer Patientin Caroline Steuber.

      »Da ist ja meine Ablösung.« Als sie Sophie sah, stand Christine auf. »Einen Moment bitte, ich weise die Kollegin nur schnell ein. Nicht, dass sie Ihnen den Arm amputiert.«

      Vor Schreck machte Caroline große Augen. Erst das dröhnende Lachen der Chirurgin erlöste sie.

      »Frau Steuber hat sich die Hand beim Kochen verbrannt.« Erst jetzt bemerkte Dr. Lekutat die verstörte Miene ihrer jungen Kollegin. »Ist irgendwas? Haben Sie ein Problem?«

      Sophie erschrak. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihr die Verwirrung anzusehen war.

      »Nein, nein, alles in Ordnung«, versicherte sie schnell.

      Dr. Lekutat glaubte ihr nicht. Doch die Zeit drängte.

      »Na gut. Jedenfalls hat sich die Wunde infiziert und muss entsprechend versorgt werden. Das können Sie doch, oder?«

      »Natürlich.« Im Normalfall hätte Sophie eine passende Antwort parat gehabt. Aber im Moment war nichts normal.

      »Schön.« Christine Lekutat lächelte zufrieden. »Ach ja, und bitte überprüfen Sie den Impfschutz.« Sie wandte sich an Caroline Steuber. »Ich wünsche Ihnen alles Gute.« Im nächsten Augenblick fiel die Tür hinter ihr zu. Sophie trat an die Liege.

      »So, Frau Scheuer, dann wollen wir mal.«

      »Steuber.«

      »Wie bitte?«

      »Mein Name ist Steuber«, korrigierte Caroline die Assistenzärztin matt.

      »Na ja, das klingt ja so ähnlich. Was glauben Sie, wie viele Patienten wir hier tagtäglich durchschleusen. Unmöglich, sich all die Namen zu merken.« Sophie schlüpfte in Handschuhe und versuchte, sich auf ihre Aufgabe zu konzentrieren. »Ich werde die Wunde jetzt örtlich betäuben.« Sie setzte die Spritze an, die Dr. Lekutat schon bereit gelegt hatte, und injizierte das Lokalanästhetikum. »Ich weiß schon, warum ich mich nicht an den Herd stelle. Wie lange ist das denn her?«

      Caroline antwortete nicht. Mit großen Augen starrte sie auf die Nadel in ihrem Arm.

      »Sie reden wohl nicht mit jedem, was?«, fuhr Sophie fort. Sie zog die Spritze aus der Haut und drückte einen Tupfer auf die Einstichstelle. Als sie die Instrumente aus den Schubladen des Beistelltisches nahm, hörte sie ein Stöhnen. »Keine Angst. Das mit der Amputation war nur ein Witz. Die Kollegin Lekutat ist bekannt für solche Sprüche«, redete sie vor sich hin, um ihre Nervosität zu überspielen. Wieder bekam sie keine Antwort.

      Sophie hatte ihre Vorbereitungen abgeschlossen und wandte sich wieder ihrer Patientin zu. Als sie Carolines verzerrtes Gesicht sah, erschrak sie.

      »Um Gottes willen, Frau Steuber, was ist denn los?«