Название | Wer braucht schon eine Null |
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Автор произведения | Christine Corbeau |
Жанр | Языкознание |
Серия | Nullen-Reihe |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783982064581 |
»Nichtsdestoweniger habe ich Ihrer sicherlich gehegten Hoffnung entsprochen und alles direkt an die Prüfungskommission weitergeleitet«, beendete die Frau mit dem Raubfischnamen ihren Satz.
»War es das, worum Sie mich bitten wollten?«, meldete sich Blümchen hinter mir.
Ich schloss meine Augen. Ein hilfloser Laut entwischte meiner Kehle. »N… ach, ist schon in Ordnung«, seufzte ich und brachte trotz allem ein Lächeln zustande.
»Na dann wünsche ich Ihnen alles Gute. Jetzt aber ab nach Hause und machen Sie mal etwas Schönes am Wochenende. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie von Phonetik fürs Erste genug haben.«
Ich verabschiedete mich von den beiden und ging aus dem Büro der Sekretärin. Nachdem ich die Tür geschlossen hatte, musste ich mich erst einmal dagegen lehnen. Von drinnen drangen wieder die Geräusche zu mir, die ich vorhin nicht zu deuten gewusst hatte. Nun aber, mit dem Ohr direkt am Türblatt, konnte ich trotz des Gekichers zweier Personen erkennen, dass dort jemand ziemlich aufgeregt mit schottischem Akzent sprach.
Hoffentlich ist das ein gutes Zeichen.
Ich ging zu einem der im Gang herumstehenden Stühle, setzte mich und nahm meine Füße in Augenschein, besser gesagt die Schlappen, die arg ramponiert daran hingen. Die Sohlen waren fast durchgescheuert und an einigen Stellen waren Nähte aufgeplatzt. Mit einem Anflug von Trauer streifte ich meine Lieblinge ab und packte sie in den Rucksack.
Wenn ich sie ab jetzt schone, lassen sie sich ja vielleicht doch noch retten. Und beim Autofahren sieht das eh keiner.
Während des Rückwegs zum Auto begegnete ich auf dem Campus niemandem. Allerdings wären Fragen, warum ich barfuß herumlief, nichts im Vergleich zu dem gewesen, was hinter Haus 12 auf mich wartete.
Der Unterschied hätte größer kaum sein können. Hatte der Platz, auf dem ich Emmy vorhin abgestellt hatte, völlig verlassen dagelegen, so barst er jetzt geradezu vor Personen und Fahrzeugen. Zwei davon hatten ein Blinklicht auf dem Dach. Das eine Licht war blau und das andere leuchtete in fröhlichem Gelb, während ein Typ, der daneben stand, gerade dabei war, mein Auto mit einem Kran darauf abzuladen.
Ohne auf die vielen kleinen Steinchen zu achten, die in meine Fußsohlen stachen, spurtete ich erneut los und rief: »Nein … Halt! Was machen Sie denn da? Das ist mein Auto. Was soll denn …?«
»Ach, schön, dass Sie sich herbemühen«, bemerkte ein Uniformträger, an dem ich eben vorbeigelaufen war.
Ich kam schmerzhaft schlitternd zum Stehen und drehte mich um.
»Können Sie mir bitte erklären, was das hier soll?«
»Ham Sie die Schilder nicht gesehen?«
»Welche Schilder?«
Der Polizist schaute mich mit gerunzelter Stirn an. Dann wies er mit seinem Arm in die Runde.
Ich folgte seiner Hand mit den Augen und konnte sie sofort erkennen.
Es waren viele.
Sie standen im Abstand von ein paar Metern um die gesamte Parkfläche herum.
Und sie alle zeigten das unmissverständliche Zeichen für »absolutes Halteverbot«.
»Oh, die. Shit, die habe ich vorhin überhaupt nicht bemerkt. Ich war so im Stress wegen meiner Masterarbeit. Die musste heute …«
Der Beamte brachte ein schiefes Grinsen zustande. Dann hob er beide Hände. »Tja, das ist natürlich dumm gelaufen. Wenn da vorhin nicht gerade ein Unfall gewesen wäre, dann hätten wir das wahrscheinlich nicht so schnell bemerkt. Und es wäre auch nicht direkt ein Abschleppwagen vor Ort gewesen. So aber …«
»Ja, echt ey«, kam es von dem Typen am Kran, der Emmy eben abgesetzt hatte. »Wenn der Auftrag nicht schon ausgeführt wär, denn hätten wa noch drüber reden könn’. Aba so …« Auch er bemühte sich, bedauernd zu grinsen, doch in seinem Gesichtsausdruck schwang eindeutig Schadenfreude mit.
»Und was passiert jetzt?«
»Wenn Sie gleich bezahlen, dann können wir Ihr Auto wieder abladen lassen.«
»Was wird das kosten?«, krächzte ich.
»Das Bußgeld sind 20 Euro.«
»Die hab ich dabei«, rief ich und begann, im Rucksack nach dem Portemonnaie zu kramen.
»Dann kommt natürlich noch die Abschleppgebühr.«
Der Rucksack entglitt meinen Fingern und schlug auf dem staubigen Boden des Parkplatzes auf.
»Wie viel?«
»Det macht eingtlich 230 Euronen, aber wennse det Jeld dabeiham, könnwa uns ooch uff 180 einijen«, meldete sich der Abschleppmensch zu Wort, dessen Grinsen immer breiter wurde.
Ich lachte auf. »Hab ich nicht. Und nu?«
»In diesem Fall können Sie Ihr Fahrzeug in der Verwahrstelle in Empfang nehmen. Allerdings erst nach Begleichung des offenen Betrages«, kam es nun wieder vom Polizisten. Damit übergab er mir ein paar Papiere.
Ich hob den Rucksack auf und stopfte sie hinein. Dann konnte ich nichts weiter tun, außer meinem kleinen grünen Schnuckelchen dabei zuzusehen, wie es abtransportiert wurde.
Na bravo, Freitag. Wenn du so weitermachst, könntest du einer der miesesten Tage in meinem Leben werden.
Und der Freitag nahm mich beim Wort.
Mit hängendem Kopf schlich ich Richtung Bushaltestelle. Dort angekommen traute ich meinen Augen nicht, denn der Bus bog in diesem Moment um die Ecke.
Hey, ist der Tag etwa doch noch zu retten?
Zusammen mit ein paar anderen Studenten, die anscheinend ebenfalls nichts Besseres zu tun gehabt hatten als den schönen Tag auf dem Campus zuzubringen, stieg ich ein. Die Fahrt bis Charlottenhof verbrachte ich damit, aus dem Fenster zu starren, ohne wirklich etwas zu sehen. Meine Gedanken kreisten wild im Kopf herum.
Drecksmist. Wie kriege ich bloß die Knete zusammen, um den Wagen wieder auszulösen? Geld gibt’s erst in einer Woche. Warten die überhaupt so lange? Warum habe ich das blaue Männchen nicht gefragt? Was, wenn das zu lange ist? Was machen die dann? Können die Emmy einfach verkaufen? Oder verschrotten? Was sage ich dann bloß Agata? Aber selbst wenn die doch so lange warten, ist das Geld doch eigentlich für den Flug nach Riga gedacht. Riga … ja, was ist jetzt überhaupt damit? Das wollten wir doch heute besprechen. Ich muss Simon wohl nochmal anrufen.
Auch wenn es mir widerstrebte, doch wieder diejenige sein zu müssen, die nachgab, suchte ich in meinem Rucksack nach dem Handy.
Ich fand es nicht.
Daher begann ich nun in meiner Erinnerung zu kramen.
Wo zur Hölle hab ich das Ding abgelegt, nachdem ich Simon weggedrückt habe? Natürlich. Ich habe es beim Notebook auf den Schreibtisch fallen lassen, um ins Bad zu rennen. Direkt neben dem Studenten…
»Die Fahrscheine bitte«, holte mich eine männliche Stimme wieder in die Wirklichkeit.
Ernsthaft? Mann, Freitag, was stimmt denn mit dir nicht?
Ich hob meinen Kopf gen Himmel, um diesem Verräter da oben einen vernichtenden Blick zuzuwerfen. Weit kam er aber nicht, denn er wurde von dem Dienstausweis gebremst, den der Kontrolletti mir direkt ins Gesicht hielt.
Ich