Limoncellolügen. Gudrun Grägel

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Название Limoncellolügen
Автор произведения Gudrun Grägel
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839267646



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Kein Problem. Ich streck mich und geh ums Haus.

      »Hallo, Doro«, schreit mir Greta entgegen und winkt, dass das Tablett voller Gläser bedrohlich in Schieflage gerät. Noch gut was los auf der Terrasse. Egal, muss mich erst ab morgen kümmern. Einige Gäste schauen neugierig. Interessiert sie wahrscheinlich brennend, wer die junge Frau ist, die hier mitten in der Nacht ankommt und von der Juniorchefin so herzlich begrüßt wird.

      »Okay, du kannst mich loslassen, ich bleib schon da«, sag ich lachend und winde mich aus Gretas Umarmung – will ja nicht übertreiben mit der Sentimentalität.

      »Tut mir leid, Doro, aber ich freu mich so!«

      In Gretas Augen glitzert es verdächtig. Nee, bitte nicht schon wieder!

      »Ich freu mich auch, und jetzt her mit dem Vino. Darauf stoßen wir an.«

      Greta schnieft kurz, lacht und schiebt mich zu dem Tisch in der Nische zwischen gemauertem Kräuterhochbeet, Olivenbaum und Eingang zur Küche. Kenn ich vom letzten Jahr, ist immer für die Familie reserviert. Bisschen abseits der anderen Tische, Küchendüfte gratis, Treffpunkt der Familie, wenn grade ein paar Minuten nichts zu tun ist.

      »Das ist Niveo«, stellt Greta mir einen jungen Italiener vor, ungefähr unser Alter, schätz ich. »Doro. Meine Freundin. Hab dir ja von ihr erzählt«, sagt sie an Niveo gewandt.

      »Ciao, Doro«, sagt Niveo freundlich und stellt Wasser und Wein auf den Tisch.

      Perfetto. Den mag ich.

      »Ciao, Niveo. Ab morgen hast du Hilfe in der Küche«, sag ich und proste ihm zu.

      »Ich helfe dir!« Sagt’s, zwinkert und geht.

      Er hat’s erfasst. Ohne Worte. Muss ich Vinc erzählen.

      Gretas Lachfältchen vertiefen sich. »Ich glaub, der ist genauso froh wie ich, dass du da bist. Der Gute ist in der Küche eindeutig überfordert. Er ist uns Anfang der Saison sozusagen zugeflogen. Hat eine Stelle gesucht, zum Glück haben wir uns entschieden, dass unserem Valdo ein bisschen Unterstützung nicht schaden würde, er ist ja nicht mehr der Jüngste. Und jetzt sind wir total froh, dass wir Niveo haben. Als Assistent ist er okay, aber der ist niemals Koch! War schon ein leichtes Chaos die letzten Tage. Mein Mann und Niveo rocken die Küche. Wenn’s nicht so ein Stress gewesen wäre, eigentlich zum Totlachen.«

      »Entspann dich, Greta. Kein Problem für mich. Hab ich gelernt, und du weißt ja, ich bin bei Paps aufgewachsen …«

      Was das heißt, kann sie immerhin ahnen, auch wenn wir privat nie übermäßig ins Detail gegangen sind.

      »Italiener?«, frag ich Greta und mein den einzelnen Mann, dunkelhaarig, so um die 30, der am Handy surft und ein Fasspils trinkt.

      »Nein, Deutscher. Aus Stuttgart. Sportler. Düst hier mit dem Rennrad die Pässe rauf und runter«, klärt Greta mich auf. »Der ist nett, will aber seine Ruhe, hat keine Anschlussambitionen.«

      Das versteh ich gut. Geht mir abends auch oft so. Den ganzen Tag Hektik, Gäste, Presse … und Paps, da brauch ich außer Vinc nichts mehr.

      Niveo bedient, Greta und ich arbeiten die Zeit von der Schule bis jetzt auf, vom Rest ihrer Familie nichts zu sehen. Hab ich nen roten Teppich erwartet? Nicht wirklich … Aber so gar keiner? Außer Greta und Niveo natürlich … Na ja. Ich rutsch tiefer in den Stuhl und streck die Beine unterm Tisch aus. Die letzten Gäste, ein Paar mittleren Alters, verabschieden sich von Niveo und winken zu uns rüber.

      »Buona notte«, ruft Greta und winkt zurück.

      »Warum lachst du?«, fragt sie mich.

      »Die sind bestimmt fünf Jahre jünger als Paps, und ich hab sie gerade mittelalt eingestuft … Paps würde mir den Kopf abreißen. Das Wort »alt« akzeptiert er nur im Zusammenhang mit Käse oder Wein!«

      »Sieht aber gut aus, dein Vater. Ich hab ihn schon ein paarmal im Fernsehen gesehen.«

      »Ja, klar. Wer nicht? Aber für nen roten Teppich hat’s nicht gereicht.«

      »Was für’n roter Teppich?«

      Ich wink ab. »Egal … Mann, ich bin platt. Zeigst du mir mein Zimmer?«

      Greta nickt. »Hol du dein Gepäck, ich stell noch die restlichen Gläser rein und mach dir dann hinten auf.«

      Ich geh außen herum zum Auto. Vor der Zufahrt steht eine dunkle Limousine. Na, wenn die da parkt, kommt keiner mehr durch, denk ich, erledigt sich dann aber von selbst, der Wagen wendet und fährt Richtung Hauptstraße davon.

      Halb zwei. Jetzt brauch ich ein Bett. Greta geht’s genauso. Schlüsselübergabe, Küsschen und buona notte, bis morgen früh, 6 Uhr, in der Küche.

      Mein Zimmer liegt im ersten Stock des Altbaus, Familientrakt des Hauses. Kurzer Blick vom Balkon: Garten, Pool und unten der See. Ist echt ein kleines Paradies, das Hotel. Hätte Greta schlechter treffen können, denk ich. Bin aber nicht neidisch. Meine Optionen in München sind durchaus reizvoll und mit Vinc hab ich sowieso den Jackpot geknackt. Freu mich, dass er nachkommt.

      Ich geh ins Zimmer, die Balkontür lass ich offen, kann keiner rein hier und selbst wenn – viel gibt’s nicht zu holen. Milde Nachtluft folgt mir. Tja, das ist der Unterschied, die Nächte bei uns sind schon kühl, bald herbstlich. Hier wird’s zwar früh dunkel, aber die Nächte sind lau. Okay, auspacken kann ich morgen. Gute-Nacht-Küsschen-WhatsApp für Vinc, obwohl der bestimmt längst schläft, wecken um halb sechs, dann hab ich noch Zeit für nen Espresso. Ich schlüpf ins Bett. Slip und Top sind warm genug, ich steck nur die Füße unter die Decke.

      Kapitel 3

      Scoppio Sogni – Geplatzte Träume

      (Lunedi) Montag – 27. August

      Irgendwo im Traum hämmert ein Irrer gegen ein Fenster und schreit. Dauert keine Minute und ich weiß, der Irre ist Greta, real, und sie hämmert nicht ans Fenster, sondern an die Tür. Und schreien tut sie auch. Nach mir. Oh Mann, hab ich verschlafen? Bin noch halb tot. Muss sie so einen Lärm machen?

      »Doro! Wach auf!«

      »Ja, ist ja gut, schrei nicht so«, grummel ich und schlurfe zur Tür. Hab meine gute Laune noch nicht wirklich gefunden.

      »Doro, du musst mit runterkommen.« Greta schluckt und schaut mich mit großen Augen an. Käsweiß. Nicht gut.

      »Was ist los?«, frag ich. »Es ist erst fünf.« Kann einen gewissen Vorwurf in der Stimme nicht verhindern.

      »Niveo hat den Stuttgarter im Pool gefunden.«

      »Den Stuttgarter? Im Pool?«, frag ich blöd, ich merk’s selber. Meine Gehirnzellen funktionieren noch nicht voll, vielleicht hab ich mich verhört. Macht ja keinen Sinn.

      »Unseren Gast aus Stuttgart. Tot«, flüstert Greta.

      »Was macht der um fünf im Pool?«

      Greta zuckt mit den Schultern. »Er wollte früh los, hat sich gestern ein Lunchpaket für heute herrichten lassen.« Sie schlingt die Arme um ihren Körper. »Vielleicht wollte er vorher noch eine Runde schwimmen. Jedenfalls hat er nur Badeshorts an.«

      Klingt logisch. Ich bin auch ziemlich verschwitzt. Eine Runde Pool wär angenehm … aber der ist gerade besetzt. Vinc würde den Kopf schütteln über so viel Unsensibilität. Aber das stimmt so nicht, ich bin nicht unsensibel, bin nur mit harten Tatsachen aus dem Schlaf gerissen worden. Während ich in meine Jeans schlüpfe, schweifen meine Gedanken zu Niveo.

      »Was wollte eigentlich Niveo um diese Zeit am Pool?«

      »Er holt in der Früh den Poolreiniger aus dem Wasser und stellt ihn in den Geräteraum, da unten neben dem Becken. Gehört zu seinem Job. Und heute war er früh dran, weil er um halb sechs in der Küche sein wollte.«

      Na, dann wär ich nicht allein gewesen mit meinem Kaffee.

      »Okay, los«, sag ich und schieb Greta aus dem Zimmer.

      »Habt