Mord à la carte in Schwabing. Jörg Lösel

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Название Mord à la carte in Schwabing
Автор произведения Jörg Lösel
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839267660



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auf der Mattscheibe erschienen war: »Bericht: Tom Becker«.

      Die Einschaltquoten bei den Nachrichtensendungen von TV 1 waren gut. Vielleicht bekamen das auch die Nachbarn seiner Eltern in Vaterstetten mit. War er für die nun der große Fernsehreporter?

      Während er seinen Gedanken nachhing, tauchte plötzlich Lisa auf. »Du strahlst ja über das ganze Gesicht. Hast du im Lotto gewonnen oder was ist los?«

      »Ich hab gar nicht gemerkt, dass du reingekommen bist.«

      Lisa stand in einem petrolfarbenen Pulli mit einem blauen Schal um den Hals und einer engen Blue Jeans vor ihm, ihr Gesicht war wieder ziemlich hell gepudert, ihr Mund knallrot, aber etwas kleiner geschminkt, als er wirklich war, und in den Ohren trug sie große, silberne Creolen.

      »Du siehst umwerfend aus!«

      »Danke. Das ist nett«, sagte sie und zwinkerte ihm zu.

      Tom grinste, stand auf und küsste sie auf beide Wangen. Mit einer geschmeidigen Bewegung setzte sich Lisa ihm gegenüber an den Tisch. Sie bestellten beide ein helles Bier, Tom noch einen Teller Schinkennudeln. Lisa wollte nichts essen.

      »Weißt du was?«, platzte er heraus. »Ich habe heute über das Odeon und deinen Chef im Fernsehen berichtet. Was sagst du dazu?«

      Augenblicklich verfinsterte sich Lisas Miene. »Für uns ist das nicht so toll.«

      »Wie meinst du das?«

      »Na ja, ständig werden wir befragt – von der Polizei, vom Gesundheitsamt, von der Presse, auch von Gästen. Und wenn’s richtig blöd läuft, sind meine Kollegen und ich unsere Arbeit los.«

      Tom kratzte sich am Kopf. »Irgendjemand muss doch das Haschisch ins Essen geschmuggelt haben?«

      Auf Lisas Stirn hatten sich Sorgenfalten gebildet, ein Mundwinkel zuckte. »Jetzt hörst du dich schon an wie alle Anderen.«

      »Das fragst du dich doch auch. Hast du keine Vermutung?«

      Unwillig rümpfte sie die Nase. »Ich will da drüber nicht reden.«

      »Der Steineberg war’s doch eher nicht?«

      »Das ist Quatsch. Er würde doch nicht den Ruf seines Sterne-Restaurants ruinieren. – Aber nun ist Schluss mit dem Thema«, sagte sie energisch, ihre Hände auf dem Tisch zu Fäusten geballt, und fügte leise hinzu: »Sonst gehe ich.«

      »Sorry. Tut mir leid. Bin wohl etwas überdreht von meinem ersten Fernsehbericht.«

      Tom hatte begonnen, Bierfilze zu zerpflücken, was ihm einen bösen Kommentar der Bedienung einbrachte. Er prostete Lisa zu, sie wirkte noch immer reserviert. Als seine Schinkennudeln kamen, legte sich langsam die Spannung zwischen ihnen.

      »Magst du mal probieren? Ist sicher nicht das Niveau, das du gewöhnt bist.«

      »Ich esse nicht jeden Tag Sterne-Menüs, aber manchmal bleibt schon etwas übrig.« Lisa stieg der Geruch der heißen Teigwaren in die Nase. »Einen Bissen nehm ich gerne.«

      Tom reichte ihr Teller und Besteck, und Lisa spießte einige Spiralnudeln mit der Gabel auf und führte sie zum Mund.

      »Schmeckt ganz gut, wirklich!«

      Sie schob das Essen wieder zu Tom zurück.

      »Kann man deinen Bericht noch sehen?«

      »Er ist sicher in der Mediathek von TV 1. Mehr weiß ich auch nicht.«

      »Erzähl mal, wie macht man einen Fernsehbeitrag?«

      Tom berichtete von seinem spannenden Tag: wie aufgeregt er war, als er plötzlich einspringen musste, wie angespannt die Atmosphäre bei der Redaktionssitzung gewesen war, wie schwierig es ist, einen guten Aufsager zu machen, weil man im Bild jede mimische Kleinigkeit sieht, und auch wie stolz er auf seinen Erfolg war, als der Bericht im Fernsehen gelaufen war.

      Lisa hatte ihm aufmerksam und amüsiert über seine Begeisterung zugehört.

      »Klingt doch recht aufregend, was du erlebt hast. Jetzt sind sicher deine Nudeln kalt.«

      »Das macht nichts. Ist ein geiler Tag. Und bombig ist es auch, dass du bei mir sitzt.« Tom rückte ein Stückchen näher und nahm ihr Parfum wahr. »Du riechst gut.«

      Lisas Teint schimmerte nun rosa unter dem hellen Puder.

      4

      Man hatte Tom in einem Großraumbüro einen kleinen Schreibtisch mit einem Dienstcomputer zugewiesen. Neonlicht, miese Luft und laute Telefonate sorgten bei ihm für das Gefühl, in einer Legebatterie gelandet zu sein. Er musste sich den PC mit anderen Autoren teilen, und da diese keine Frischlinge mehr waren und in den normalen Arbeitsalltag eingebunden, musste er sich hinten anstellen. Er hatte sich fest vorgenommen, am nächsten Tag sein Laptop mitzubringen. Da hatte er zwar keinen Zugang zu den Presseagenturen, die für die Themenfindung wichtig waren, aber er konnte wenigstens unkompliziert recherchieren und schreiben.

      Er saß verloren auf einem Stuhl neben dem kleinen Schreibtisch, Eike benötigte den Computer erst einmal für sich. Bei der morgendlichen Redaktionssitzung war keine Arbeit für Tom abgefallen. Karen war wieder mit im Redaktionsteam – auf der Stirn ein transparentes Pflaster und auf dem Gesicht eine Miene, als würde sie nun zu den hässlichen Entlein gehören und niemand, vor allem kein Vorgesetzter, würde noch ein Auge auf sie werfen.

      Als Tom sie fragte, wie es ihr denn ginge, funkelten ihre blauen Augen vernichtend, und sie giftete ihn an: »Wegen dir musste ich mich von Neuwirt beschimpfen lassen. ›Wie kannst du so jemanden vor die Kamera lassen? Das wäre beinahe in die Hose gegangen‹, hat er gesagt. Und von meiner Verletzung wollte er gar nichts wissen.«

      Mit diesen Worten warf sie die blonden Haare über die Schulter, drehte sich um, und ließ Tom geknickt zurück.

      Während er dem Konflikt mit Karen noch in Gedanken nachhing, hörte er plötzlich von Eike: »Wow! Das ist ja ’n Ding!«

      Eike druckte eine Meldung aus dem News-Portal aus.

      »Was ist los?«, fragte Tom.

      »Der Franzose ist tot, Monsieur Lalonge, der dein Auto vollgekotzt hat. Bei der Obduktion hat man Reste von Liquid Ecstasy gefunden, das für seinen Tod mitverantwortlich sein soll. Das ist doch ’ne Bombe! Und es kommt noch besser! Weißt du, was er von Beruf war? Tester vom Guide Michelin! Ausgerechnet so einer stirbt im Sterne-Restaurant an Rauschgift. Komm, wir gehen zum Chef!«

      Neuwirt saß lässig, die Füße auf den Schreibtisch gelegt und mit einem Zahnstocher in Mund, in seinem Büro und sah sich eine Sendung vom Vorabend an. Flapsig fragte er: »Was wollt ihr denn schon wieder von mir?«

      Eike setzte sich dem Redaktionsleiter gegenüber auf einen Stuhl, Tom blieb mit einem Sicherheitsabstand dahinter stehen. Als Neuwirt die Geschichte um den Tod des Testers von Eike gehört hatte, stimmte er einem Dreh sofort zu. »Setzt euch dran, bestellt bei der Kameradispo ein Team. Wir brauchen diese Story. Eike, Sie machen den Beitrag!«

      Vorsichtig räusperte sich Tom. »Ich hätte da noch eine Idee.«

      »Und welche?«

      »Ich könnte als Augenzeuge interviewt werden. Ich war der Einzige, der Lalonge beim Verlassen des Lokals gesehen hat, ich habe ihn mit versorgt, und ich habe den Notarzt rufen lassen.«

      Neuwirt nahm seine Füße vom Tisch, warf den Zahnstocher in einen Abfalleimer und rieb sich die Hände. »Sie sind wohl auf den Geschmack gekommen.« Er richtete sich in seinem Sessel auf und fixierte Tom. »An einem Tag Reporter im On, am nächsten Augenzeuge in derselben Sache, das ist merkwürdig, da kriegen wir ein Glaubwürdigkeitsproblem, Herr Kollege.«

      Tom sah betroffen auf den Boden, Neuwirts Argumentation klang für ihn recht plausibel. Dass er da selbst nicht dran gedacht hatte …

      Eike, der den Disput angespannt verfolgt hatte, rettete für ihn die Situation. »Ich könnte Tom aber gut für eine schnelle Recherche brauchen.«

      »Natürlich,