Urban Fantasy: going intersectional. Группа авторов

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Название Urban Fantasy: going intersectional
Автор произведения Группа авторов
Жанр Ужасы и Мистика
Серия
Издательство Ужасы и Мистика
Год выпуска 0
isbn 9783947720644



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Blut Gehorsam schuldig waren. Alena nickte entschlossen, zog eine Phiole aus ihrer Handtasche, hielt sie an das Ohr ihrer Schwester und öffnete sie behutsam. Ein in allen Farben des Regenbogens schimmernder Käfer kam aus dem Inneren hervor, streckte seinen vielfach gehörnten Kopf in alle Richtungen und kroch in das Ohr der Toten.

      »Der Yetari wird deinen Leib verschlingen, Schwester, und du wirst wieder eins mit der Erde. Doch mein Kampf ist noch nicht vorbei!« Ohne eine weitere Geste des Abschieds machte sich Alena auf den Weg heraus aus dem Institut, legte die medizinische Schutzkleidung schon im Laufen wieder ab und begann mit den ersten Anrufen, sobald sie im Erdgeschoss wieder Empfang hatte. Die Jagd hatte begonnen.

      §§§

      Etliche Gespräche mit alten Kontakten und eine unangenehme Taxifahrt später stand Alena zwischen alten Plattenbauten im Osten Berlins. Der Himmel über ihr war trüb, die von Abgasen schwere Luft roch noch schlimmer als die in dem gammeligen Taxi und selbst eine lästige Fliege schien ihr aus dem Auto gefolgt zu sein, um ihr weiter mit ihrem Summen den Verstand zu rauben. Die junge Frau konnte ihre Wut nur schwer zügeln, doch zumindest fand sie nach einer Weile die gesuchte Adresse und konnte auch die Fliege mit einem gezielten Schlag verjagen.

      Sie stand vor einem großen Elektromarkt, dessen blau-weiße Einrichtung genau wie bei jedem anderen seiner Art gestaltet war. Alena schritt durch die Eingangstür, vorbei an Sicherheitssensoren und Regalen voller Kabel, Batterien, Druckerpatronen, Kopfhörern und Computertastaturen. Die anderen Kunden kümmerten sie genauso wenig wie das immer gleiche Warenangebot. Sie suchte einen der Mitarbeiter, den sie schließlich im zweiten Stock zwischen den Waschmaschinen fand. Er war gerade im Gespräch mit einem älteren Ehepaar und bemerkte sie zuerst gar nicht. Stattdessen erzählte er in blau-weißem T-Shirt und mit fachkundigem Ton von den Vorzügen der verschiedenen Modelle und schien sich dabei sehr zu gefallen. Was das Ehepaar mit seinen menschlichen Augen jedoch nicht sah, war, dass sich unter der Illusion eines Mannes mittleren Alters, mit Geheimratsecken und flüchtendem Kinn, ein alter Satyr mit Hufen und Hörnern verbarg, dessen einst braunes Fell grau und dünn geworden war.

      Als Jens Iwanow, wie er sich laut Namensschild nannte, Alena jedoch schließlich bemerkte, brachte er das Beratungsgespräch zu einem schnellen Stopp und ließ die beiden Kunden mit ihrer Entscheidung allein. Stattdessen trat er auf die junge Frau zu und deutete eine Verbeugung an. Ihr geschwächter Glimmer war für seinen geschulten Blick mühelos durchschaubar.

      »Mein Prinz, es ...« begann er, doch Alena unterbrach ihn mit erhobener Hand.

      »Wo können wir ungestört sprechen?«, fragte sie barsch und folgte dem Satyr in einen der Lagerräume, auf dessen Tür groß »Zutritt verboten!« stand. Eine Kollegin und ein Kollege von Jens bemerkten zwar, wie er die junge Frau unerlaubt dorthin führte, doch wenn Alena die Blicke der beiden richtig deutete, schienen sie Jens in Gedanken mehr zu seiner guten Partie zu gratulieren. Doch im Augenblick gab es für sie Wichtigeres, als sich mit den vorschnellen Vermutungen von Menschen aufzuhalten.

      In dem Lagerraum angekommen, verneigte sich der alte Satyr noch einmal ehrfürchtig vor ihr. »Wenn ich mich vorstellen darf, mein Name ist Orrus und es ist mir eine Ehre Euch zu dienen, Prinz Alenios.«

      Alena atmete tief ein und konzentrierte sich auf ihre Mission. »Es heißt jetzt Prinzessin Alena«, korrigierte sie Orrus und konnte nicht anders als daran zu denken, wie er durch ihren Glimmer auf ihren männlichen Körper sah. Alle medizinischen Versuche ihn zu ändern scheiterten an der rasanten Selbstheilung ihres Leibs und ihre Magie an den geschulten Augen von Orrus. Doch bevor der Satyr etwas dazu anmerken konnte, fuhr sie fort, ohne Widerworte zu dulden. »Du weißt, weswegen ich dich aufgesucht habe?«

      »Mein Prinz,« setzte Orrus an, kam ins Stocken und strich sich hastig über seinen Kinnbart, bevor er fortfuhr. »Eure Hoheit, es wurde mir in der Tat berichtet. Und ich war überrascht von Euch zu hören, Ihr wart so lange verschwunden, dass ich Euch tot glaubte.«

      Erneut deutete Orrus eine unterwürfige Verbeugung an, doch Alena mochte sein Gehabe nicht. Sie standen nicht im einst gold-schimmernden Palast ihres Vaters, sondern zwischen Paletten mit braunen Kartons. In der Luft tanzten keine Feen, sondern nur Staubkörner im Sog der Klimaanlage und das Licht der surrenden Lampen war kalt und grau.

      »Ich brauche deinen Rat, Wissenssucher.«, sagte sie und zeigte ihm eine Zeichnung der Runen. »Was bedeuten diese Symbole, die in den Leib meiner Schwester geschnitten wurden?«

      Orrus nahm das Papier, führte es nahe vor seine Augen und musste sich schließlich auf eine der Paletten setzen, während auch er kräftezehrend versuchte die versiegende Macht der Ley-Linien zu nutzen. Sein Glimmer flackerte und für einen Moment fürchtete Alena jemand könnte hereinkommen und seine wahre Gestalt erblicken, doch sie blieben allein. Stattdessen formte sich ein schwerer, mit Juwelen verzierter Foliant aus funkelnder Energie in der Hand des Satyrs und er begann murmelnd auf alten Seiten Formeln und Zeichen zu studieren. Alena begann währenddessen unruhig auf und ab zu gehen, knickte dabei einmal fast mit ihren hohen Absätzen um und verfluchte sich für ihre Schuhwahl. Doch sie störte Orrus nicht bei seiner Suche und wartete geduldig, bis er langsam und wohlüberlegt zu sprechen begann.

      »Eure Hoheit, die Runen sind dunkle Magie der Menschen, die nicht mit der Kraft der Ley-Linien, sondern mit Fleisch und Blut zaubern.«

      »Blutmagie,« zischte Alena. Ihre schlimmste Befürchtung hatte sich bestätigt. »Doch was für ein Zauber ist es, den der Mörder wirken will?«

      Orrus hielt kurz inne, als würde es etwas ändern, wenn er seine Erkenntnisse geheim hielt. Doch schließlich begann er leise, fast hauchend weiterzusprechen. »Es ist eine Beschwörung. Der Blutmagier will den Höllenfürsten Ashmodai in diese Welt rufen.«

      »Ashmodai?« Alena erstarrte für einen Augenblick. Schon einmal hatte sie sich dem Feuer des Dämons in den jenseitigen Höllen gestellt, damals mit ihrer Schwester, und beide überlebten sie den Kampf nur knapp. »Zweifellos weißt du, dass ich diesen Namen nicht zum ersten Mal höre. Hat der Tod meiner Schwester mit unseren früheren Taten zu tun? Ist der Mörder ein Anhänger des Höllenfürsten, der seinem Herrn gefallen will?«

      »Ja und Nein«, entgegnete Orrus und deutete auf den schweren Folianten in seinen Händen. »Die alten Schriften künden davon, dass Ashmodai nur mit königlichem Blut beschworen und beherrscht werden kann, das bereits von seinem weiß-glühenden Feuer berührt wurde.« Er atmete tief ein, bevor er fortfuhr, während Alena ihn mit ihrem Blick durchbohrte. »Und Ihr seid in großer Gefahr, Eure Hoheit. Denn der Blutmagier braucht euer beider Blut.«

      »Halte mich nicht unnötig hin, Wissenssucher!« befahl Alena dem alten Satyr und hatte noch im selben Moment Iloris mahnende Stimme im Kopf, dass eine Frau nicht so barsch sein darf.

      Orrus fuhr seinerseits augenblicklich fort: »Das Blut einer Prinzessin lockt den Dämon herbei, Eure Hoheit, aber nur das Blut eines Prinzen vermag ihn zu beherrschen.« Der Satyr fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut und schaute an Alena vorbei auf die unzähligen braunen Kartons, wo sein Blick schließlich an einer fetten Fliege hängen blieb. Alenas sah das und mit einem schnellen Hieb erschlug sie das Tier. »Richte deine Augen auf mich, Wissenssucher, wir …«

      Alena unterbrach ihre wütende Rede, da sich die Augen des Satyrs plötzlich geweitet hatten und blickte auf ihre Hand. Schwarzer, teerartiger Schleim und Klumpen geronnenen Blutes klebten daran. Sie war keine Gelehrte, doch auch sie wusste sofort, dass sie keine Fliege erschlagen hatte. Ein Homunculus, ein Blutgolem, hatte sie belauscht. Blitzartig suchte sie den Raum ab und auch Orrus sprang erschrocken auf. Aus der Verkaufshalle war bereits Tumult zu hören.

      »Es tut mir leid, aber dieser Bereich ist nur für Mitarbeiter!«, betonte einer der Kollegen von Orrus mit Nachdruck und als Alena die Tür des Lagerraums einen Spalt breit öffnete sah sie, wie er mit dem Pförtner aus dem Kriminaltechnischen Institut sprach. Doch dessen faltiges Gesicht wirkte jetzt alles andere als gelangweilt. Seine Augen funkelten böse, als sich ein kleiner Schnitt in seiner Hand bildete und der Mitarbeiter des Ladens sich im nächsten Moment röchelnd an die Kehle faste. Schwarze Adern zogen sich dort über seine Haut, wie Alena sie bereits bei ihrer Schwester gesehen hatte. Und während der so Verzauberte zu Boden sank,