Wünsch dich ins große Wunder-Weihnachtsland Band 1. Martina Meier

Читать онлайн.
Название Wünsch dich ins große Wunder-Weihnachtsland Band 1
Автор произведения Martina Meier
Жанр Книги для детей: прочее
Серия Wünsch dich ins große Wunder-Weihnachtsland
Издательство Книги для детей: прочее
Год выпуска 0
isbn 9783960743323



Скачать книгу

niemand vor ihm davon, weil natürlich jeder wusste, was ein Elefant ist. Doch der kleine Elefant konnte nicht mehr in sein Heimatland zurückkehren, denn dort herrschten Krieg und zudem eine große Hungersnot. Deswegen hatte er schweren Herzens alles zurückgelassen, was er hatte, und war schließlich in dieser großen Stadt gelandet.

      Dort, wo der kleine Elefant herkam, war es immer heiß. An jedem Tag des Jahres. Doch als er in der großen Stadt angekommen war, war es Winter und der kleine Elefant zitterte vor Kälte und Hunger. Suchend blickte er sich um, ob er nicht irgendwo einen Unterschlupf finden könnte oder vielleicht sogar einen freundlichen Einwohner der großen Stadt, der ihn mit sich nehmen würde. Doch die Straßen und Gassen waren leer, sodass sich der kleine Elefant schließlich dem einen oder anderen der Häuser näherte, an denen er vorüberkam, und vorsichtig durch die Fenster ins Innere hinein lugte.

      Mit Staunen erkannte er, dass ein großes Fest im Gange war. In jedem Haus war ein riesiger grüner Baum in der Mitte des Raumes aufgestellt worden, behängt mit glänzenden Kugeln, glitzernden Fäden und strahlenden Kerzen. Darunter türmten sich viele Geschenke auf, eingewickelt in buntes Papier. Überall saßen die Leute beim Essen zusammen, lachten und erzählten. Ringsherum spielten Kinder mit roten Wangen. Und allerseits duftete es nach herrlichem Essen und leckeren Süßigkeiten.

      Als der kleine Elefant all die vergnügten Menschen sah und ihm der Duft der Speisen in die Nase stieg, seufzte er leise vor sich hin. Wie gerne hätte er sich dazu gesellt und an diesem wundervollen Fest teilgenommen.

      Weil der kleine Elefant aber nun einmal ein Elefant war, gelang es ihm nicht, unbemerkt zu bleiben. Die lauten Tritte seiner Füße und seine riesige Gestalt erschreckten die Menschen, sodass viele Türen aufgerissen wurden und aus jedem Haus ein Mann oder eine Frau herausstürzte. Und weil sie sich vor diesem riesigen Tier fürchteten, schwenkte manch einer gar drohend einen Stock oder Besenstiel.

      „Was willst du hier?“, riefen sie. „Scher dich weg!“

      „Bitte, liebe Leute“, erwiderte der kleine Elefant. „Ich bin müde und hungrig. Und mir ist furchtbar kalt. Nehmt mich mit in eines eurer Häuser.“

      Doch die Leute schüttelten den Kopf. „Nein, das geht nicht“, sagten sie. „Nicht heute. Denn heute feiern wir ein großes Fest.“

      „Dann lasst mich mit euch feiern!“, rief der kleine Elefant und schlackerte vor Vorfreude mit seinen großen Ohren.

      Doch das erschreckte die Leute noch mehr.

      „Wir feiern Weihnachten!“, sagte eine Frau. „Weißt du denn überhaupt, was das ist?“

      Der kleine Elefant schüttelte den Kopf. „Nein. Aber auch da, wo ich herkomme, feiern wir viele Feste. Manchmal schmücken wir Bäume oder andere Pflanzen, ganz so, wie ihr es getan habt. Manchmal geben wir einander Geschenke, so wie ihr. Und immer essen wir leckere Speisen und Süßigkeiten …“

      „Nein“, unterbrach ihn ein Mann. „Das ist nicht dasselbe. Weihnachten ist ein ganz anderes Fest. Und wenn du es nicht kennst, dann kannst du auch nicht mit uns feiern. Du würdest uns ja nur alles verderben mit deiner Unwissenheit.“

      „Lasst mich dennoch dabei sein“, rief der kleine Elefant verzweifelt. „Ich werde mich ganz still verhalten, damit ich euch nicht störe und …“

      „Keiner von uns wird dich mit in sein Haus nehmen“, sagte eine Frau. „Du bist dreckig und außerdem riechst du schlecht.“ Sie hob den langen Stock, den sie in der Hand trug. „Und jetzt mach dich endlich davon!“

      Auch die anderen Leute hatten ihre Stöcke oder Besenstiele gehoben und näherten sich dem kleinen Elefanten, sodass dieser vor Angst davonlief. Während er traurig weiter durch die leeren Straßen und Gassen der großen Stadt trottete, schnüffelte er heimlich an sich selbst, doch er konnte keinen unangenehmen Geruch wahrnehmen. Er roch so, wie er immer schon gerochen hatte. Irgendwann suchte er Schutz unter einer riesigen Brücke und versuchte, die Tränen aus seinen Augen zu blinzeln. Plötzlich vermisste der kleine Elefant sein Heimatland so sehr, dass es ihn schmerzte. Doch er konnte nicht mehr zurück, denn dort herrschte ja Krieg und der Hunger war noch schlimmer als in der großen Stadt. Er konnte nur hoffen, dass die Leute irgendwann freundlicher zu ihm wären. Morgen oder übermorgen, wenn sie ihr Fest zu Ende gefeiert hatten …

      „Willst du dich nicht zu uns setzen?“, hörte der kleine Elefant plötzlich eine leise Stimme hinter sich, und als er sich herumwandte, erkannte er eine alte Frau.

      „Komm!“, sagte sie noch einmal und dann führte sie den kleinen Elefanten ganz nach hinten, bis tief unter die riesige Brücke hinein, wo ein kleines Feuer brannte, über dem eine Suppe in einem verbogenen Metalltopf brodelte.

      Als sich der kleine Elefant am Feuer niederließ, erkannte er, dass die alte Frau nicht alleine war. Ein Eisbär aus dem hohen Norden saß da, von dort, wo es nur Schnee und Eis gab. Daneben schlängelte sich eine große grüne Schlange aus den tiefsten Tiefen des Regenwaldes. Ein Kamel lagerte auf der anderen Seite, es kam aus einer riesigen Wüste mit feinem Sand. Und ein wunderschöner Vogel mit bunten Federn von einer fernen Südseeinsel.

      Sie alle begrüßten den kleinen Elefanten herzlich, nannten ihn Bruder oder Freund und fragten ihn, woher er käme und warum er in der großen Stadt gelandet sei. Als der kleine Elefant seine Geschichte erzählte, da nickten all die anderen Tiere verständnisvoll mit ihren Köpfen, denn das, was der kleine Elefant berichtete, war ihnen nur allzu bekannt. Ein jeder von ihnen hatte seine Heimat verlassen müssen, weil dort Krieg, Armut oder Hunger herrschte oder weil man sie verfolgt oder vertrieben hatte.

      Die alte Frau reichte jedem Tier eine Schüssel mit heißer Suppe. „Lasst uns gemeinsam feiern“, sagte sie.

      „Aber ich weiß doch überhaupt nicht, wie man Weihnachten feiert“, erwiderte der kleine Elefant traurig.

      „Und Geschenke haben wir auch keine füreinander“, sagten die anderen Tiere. „Und wir kennen auch die Lieder nicht, die man zu Weihnachten singt.“

      „Die Geschenke sind nicht das Wichtigste an Weihnachten“, sprach die alte Frau. „Das Wichtigste ist, dass man mit lieben Freunden beisammensitzt. So wie wir es tun. Und was die Lieder betrifft, nun ja …“ Die Frau blickte all die Tiere an. „Ich bin sicher, dass ihr viele Lieder kennt. Lieder, die man in eurer Heimat zu verschiedenen Festen singt. Wollen wir uns nicht gegenseitig unsere Lieder vorsingen?“

      Da leuchteten die Augen der Tiere auf und alle waren einverstanden. Und während sie beieinander saßen, sich wärmten und gemeinsam aßen, erzählten und sangen, da erschien dem kleinen Elefanten das Feuer, das die alte Frau lediglich aus ein paar Ästen und Holzscheiten entzündet hatte, auf einmal heller und strahlender als all die geschmückten Bäume, die er noch vor kurzer Zeit bewundert hatte. Und auch die Suppe, die er aus seiner Schüssel schlürfte, bestand eigentlich nur aus ein paar gekochten Wurzeln und Pilzen, doch ihr Geruch und auch ihr Geschmack schienen dem kleinen Elefanten köstlicher als all die leckeren Speisen, nach denen er sich noch vor gar nicht allzu langer Zeit gesehnt hatte.

      Gemeinsam mit all den anderen Tieren und der alten Frau saß der kleine Elefant die ganze Nacht zusammen. Erst als der Morgen graute, verabschiedeten sie sich mit herzlichen Worten voneinander und ein jeder von ihnen zog seiner Wege.

      Ob die Bewohner der großen Stadt an diesem Tag wohl freundlicher zu dem kleinen Elefanten gewesen sind?

      Simone Philipp wurde 1976 in Karlsruhe geboren. Nach ihrem Studium der Klassischen Archäologie, Religionswissenschaft und Kunstgeschichte arbeitete sie eine Zeit lang im Genderbereich.

      *

      Der Eiskobold und die Weihnachtsstadt

      „Und die Weihnachtsstadt gibt es doch!“ Tapfer ging Krel, der Eiskobold-Junge, weiter. Mit den Schneeschuhen kam er auf der dicken Schneedecke recht gut voran, aber er war schon sehr müde. Stunde um Stunde ging er bereits nach Norden. Mittlerweile bereute er seinen überstürzten Aufbruch. Er hatte sich mit den anderen Kindern wieder einmal gestritten, aber wenn sie behaupten, den Weihnachtsmann und seine Elfen gäbe es nicht, war das