Seewölfe - Piraten der Weltmeere 667. Jan J. Moreno

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 667
Автор произведения Jan J. Moreno
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783966880817



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      „Du magst die Fischchen nicht, die da ihre Kreise ziehen“, sagte er. „Deshalb willst du nach oben. Ist es nicht so, Mister O’Flynn?“

      Zwei Dreiecksflossen hielten auf das Heck der Schebecke zu. Die Haie witterten Mac Pellews Abfälle.

      „Dieser Jawaha – Jawa…“ Old Donegal wischte sich ärgerlich übers Gesicht. „Die Inder werden denken, wir hätten die Biester absichtlich angelockt.“

      „Die waren schon hier im Hafen“, erwiderte Don Juan, mit den Schultern zuckend. „Also, was soll’s, warum zerbrichst du dir den Kopf? Oder hast du böse Vorahnungen?“

      „Die hat Donegal doch immer“, spottete Higgy. „Es wäre seltsam, wenn’s anders wäre.“

      Die Soldaten würden das Schiff durchsuchen, soviel stand fest. Dabei durften sie die Musketen und Pistolen ruhig finden. Ebenso die Blankwaffen. Daran war nichts Ehrenrühriges.

      Nur Batutis und Big Old Shanes Langbogen aus guter englischer Eibe mußten verschwinden. Ebenso die Pfeile. Den Indern zu erklären, daß der Zöllner nicht mit einem solchen Bogen ermordet worden war, würde schwerfallen.

      „Müssen die Kerle ausgerechnet jetzt antanzen?“ maulte Mac Pellew, während er die Kombüsenabfälle über Bord kippte. „Der Braten ist so saftig wie ein Lendenstück, aber er verbrennt, wenn wir ihn länger auf dem Feuer lassen.“

      „Nimm den Topf einfach vom Herd“, riet der Profos.

      Mac Pellew warf ihm einen Blick zu, als habe er soeben festgestellt, daß das ganze Essen versalzen sei.

      „Dann wird das Fleisch kalt“, sagte er.

      „Die Inder bleiben nicht lange“, behauptete Carberry.

      „Woher willst du das wissen?“

      „Weil ich es sage, darum.“

      Mac Pellew wurde ärgerlich: „Ich denke nicht daran, den Braten in einigen Stunden aufzuwärmen. Die Gewürze verlieren ihr Aroma, wenn sie zu lange im Saft quellen, außerdem wird das Fleisch zäh.“

      „Das glaube ich nicht“, sagte der Profos.

      „Bin ich Koch – oder du?“ protestierte Mac Pellew.

      „Ich werde den Kutscher fragen.“ Carberry wurde das unbestimmte Gefühl nicht los, daß der Zweitkoch lediglich keine Lust hatte, den Herd später noch mal anzuheizen. Mac Pellew war schon gestern griesgrämig und leicht reizbar gewesen, er war sich zur Zeit selber nicht gut.

      „He!“ rief Carberry hinter ihm her. „Ich frage mich, was bald ungenießbarer ist: dein Essen oder du selbst.“

      Der Koch schlug das Schott zur Kombüse so heftig hinter sich zu, daß es beinahe aus den Angeln fiel. Einige Männer auf der Kuhl lachten verhalten. Trotzdem war ihnen anzumerken, daß sie der Konfrontation mit den Indern mit gemischten Gefühlen entgegensahen.

      Schließlich hatten sie den langen Törn rund um Afrika und quer durch das Arabische Meer nicht auf sich genommen, um von einer Enttäuschung in die andere zu stolpern. Einige begannen sich wohl schon zu fragen, ob an Indiens Westküste für England überhaupt noch Handelsbeziehungen zu knüpfen waren.

      „Kopf hoch!“ rief der Profos halblaut. „Wir sind keine schlechteren Händler als Korsaren.“

      Die Einmaster waren fast heran. Edwin Carberry ließ seinen Blick noch mal über den Hafen schweifen. Er war überzeugt, daß die Portugiesen mittlerweile ihre Kanonen ebenfalls klariert hatten. Falls die Inder Ärger vom Zaun brachen, würde es bald heiß hergehen. Man brauchte kein Hellseher zu sein, um zu wissen, auf wessen Seite die Portus standen.

      Am Kai zogen weitere Soldaten auf. Kleine Boote, jedes an die zehn Mann fassend, verholten an den Liegeplatz in der Nähe der Hafengebäude.

      Mehrere hundert Yards zur Rechten, wo Fischerkähne dümpelten und Netze zum Trocknen aufgehängt waren, legte soeben eine Jolle ab. Ein Kind pullte das Boot, das sich wegen der auflaufenden Flut entsprechend schwerfällig von der Kaimauer löste.

      Der Profos wandte seine Aufmerksamkeit wieder wichtigeren Dingen zu. Soeben betrat der Hafenkommandant das Deck der Schebecke. Jawaharlal Cankuna verbreitete zwar eine Aura der Überheblichkeit, aber seine Statur entlockte Carberry nur ein müdes Grinsen. Wenn es nötig wurde, rammte er den Kommandanten mit einem einzigen Hieb ungespitzt durch die Planken.

      Er hatte den Gedanken kaum zu Ende gebracht, da legte sich besänftigend eine Hand auf seine Schulter.

      „Halte dich zurück, Mister Profos!“ raunte Ben Brighton. „Wir wollen Mißverständnisse ausräumen und nicht neue schaffen. Das ist hoffentlich klar.“

      Carberry nickte stumm. Vorsichtshalber schob er seine Pranken halb hinter den Gürtel. Dann geriet er nicht so schnell in Versuchung, die Soldaten vom Profoshammer kosten zu lassen. Die führten sich auf, als hätten sie die Schebecke bereits im Handstreich erobert.

      Überall stöberten sie herum, rissen die Persennings von den Culverinen und durchwühlten sogar sauber aufgeschossene Taue. Die Decks würden hinterher einem Saustall gleichen, wie er selbst nach einem heftigen Sturm nicht schlimmer sein konnte.

      Den Arwenacks juckte es gehörig in den Fingern, aber sie mußten sich wohl oder übel zurückhalten. Die königliche Lissy wollte Handelsbeziehungen mit Indien anknüpfen, und sie sollte ihren Willen haben, selbst wenn dessen Erfüllung mit noch so vielen Unannehmlichkeiten verbunden war.

      Carberry setzte sich auf die kieloben auf der Kuhl vertäute Jolle und ließ die Beine baumeln.

      Rotköpfigen Ameisen gleich, wimmelten die Inder an Deck herum. Hasard redete mittlerweile eindringlich auf Cankuna ein, ohne daß sich dessen ablehnende Haltung jedoch änderte. Vielleicht war der Hafenkommandant von den Portugiesen beeinflußt und suchte nur nach einer Möglichkeit, die unliebsamen Inglès wieder loszuwerden.

      „Affenärsche“, murmelte Carberry vor sich hin. „Allesamt.“

      Von der Back her erklang wüstes Schimpfen. Es war unverkennbar Mac Pellew, der sich gehörig aufregte. Wahrscheinlich hatten ihm die Soldaten in die Töpfe geguckt, und das konnte er absolut nicht verknusen.

      Carberry versteifte sich, als zwei weitere Inder in der Kombüse verschwanden. Die Feindseligkeit wurde deutlich spürbar, die Arwenacks wechselten vielsagende Blicke und rückten näher zusammen.

      „Beherrscht euch!“ rief Hasard warnend. „Denjenigen, der als erster zuschlägt, knöpfe ich mir persönlich vor.“

      Plötzlich stand einer der Turbanträger vor dem Profos und herrschte ihn an.

      „Schönes Wetter“, sagte Carberry lächelnd. „Heute regnet es wenigstens nicht.“

      Abgesehen davon, daß der Inder ihn nicht verstand, wollte er etwas ganz anderes. Er packte den Profos am Hemd und zerrte ihn von der Jolle herunter, Carberry verfärbte sich puterrot, seine Gesichtszüge wirkten plötzlich wie gemeißelt – doch er beherrschte sich mustergültig. Statt seine Fäuste sprechen zu lassen, hob er die Jolle sogar an.

      Der Inder hatte Platz genug, sich darunter umzusehen, und er tat das ziemlich ausgiebig. Als er sich endlich wieder aufrichtete und dem Profos zunickte, perlte Schweiß auf dessen Stirn.

      „Zufrieden, du Affenarsch?“ fragte er grollend. „Willst du die Schebecke ebenfalls von unten betrachten? Ich werfe dich gern über Bord, du mußt es nur sagen.“

      Die Antwort des Inders, der kurz darauf unter Deck verschwand, blieb unverständlich.

      „Du mich auch!“ rief Carberry hinter ihm her. „Sooft du willst!“

      Er drehte sich einmal um sich selbst. An Deck hielten sich zur Zeit der Hafenkommandant mit dem zungenbrecherischen Namen und vier seiner Kerle sowie die halbe Mannschaft auf. Alle anderen Inder waren über die Niedergänge im Schiffsinneren verschwunden. Wonach sie suchten, war weiß Gott nicht schwer zu erraten.

      Edwin