Faszination Jesus. Roland Werner

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Название Faszination Jesus
Автор произведения Roland Werner
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783765574993



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wollen. Julius Africanus jedoch verneinte dies, weil Jesus bei Vollmond gekreuzigt worden ist und an einem Vollmond keine Sonnenfinsternis möglich ist.12 Und damit hatte er recht.

      Obwohl wir Thallus’ Original nicht haben, gibt es keinen Grund, den Hinweis bei Julius Africanus infrage zu stellen. Denn Africanus bezieht sich so nebenbei und selbstverständlich auf dieses Werk von Thallus, dass es einfach als bekannt vorausgesetzt werden muss. Wir sehen daraus, dass offensichtlich die Christen und die Ereignisse um die Kreuzigung Jesu in den Fünfzigerjahren in Rom so bekannt waren, dass ein römischer Geschichtsschreiber sie in seine Darstellung mit aufnehmen wollte. Dies steht auch im Einklang mit der oben erwähnten Vertreibung der Juden aus Rom aufgrund eines „gewissen Chrestos“ zu etwa derselben Zeit, zu der Thallus schrieb.

      Wenn die erwähnten römischen Quellen auch nicht entscheidend mehr darstellen, als wir aus den Evangelien ohnehin – und viel konkreter – wissen, so ist es doch bemerkenswert, dass Jesus und die von ihm herkommenden Christen überhaupt eine solche Erwähnung finden. Wir merken, dass wir uns hier sehr wohl auf gutem historischen Boden bewegen.

      NICHTRÖMISCHE AUTOREN

      Neben den römischen Autoren finden sich noch weitere frühe Erwähnungen von Jesus von Nazareth außerhalb der Evangelien und frühchristlichen Schriften. Die frühchristlichen Schriften wie zum Beispiel die Didache (um 90–110 n. Chr.), die Briefe von Ignatius von Antiochien (gest. 107 n. Chr.), von Polykarp von Smyrna (69/70–155/156 n. Chr.), manche andere frühchristliche Autoren sowie nicht zuletzt die Informationen, die Eusebius von Caesarea in sein Kirchengeschichtswerk eingearbeitet hat, vermitteln uns ein sehr differenziertes Bild der christlichen Gemeinden schon um die Wende vom 1. zum 2. Jahrhundert. Alles, was sie sagen, bestätigt das allgemeine Bild. Aber das wirklich Spannende ist ja das, was Nichtchristen geschrieben haben, weil bei ihnen nicht die Gefahr besteht, dass sie den Glauben verteidigen wollen. Dass es solche Schriften gibt, ist erstaunlich. Aber hier ist auch zu bedenken, dass es sehr wohl sehr viel mehr an nicht christlichen, besonders jüdischen Schriften, die Jesus erwähnen, gegeben haben kann, dass uns aber besonders durch die Zerstörung Jerusalems sowie überhaupt antiker Stätten allgemein bedingt vieles auf immer verloren sein wird. Was jedoch erhalten geblieben ist, ist einiges.

      Der Brief des Mara bar Serapion

      Im Britischen Museum in London liegt eine im 7. Jahrhundert n. Chr. ausgeführte syrische Abschrift eines älteren Briefes, den Forscher irgendwo zwischen 72 n. Chr. und dem 2. bis 3. Jahrhundert n. Chr. datieren, wobei ein sehr früher Abfassungstermin der wahrscheinlichste ist. In ihm ermutigt ein syrischer Mann namens Mara bar Serapion seinen Sohn, im Streben nach Weisheit fortzufahren. Zwar ist er selbst zurzeit im Gefängnis, doch Unglück und Verfolgung seien das Los vieler weiser Männer. Als Beispiele nennt er Sokrates, Pythagoras und Christus.

      Josephus Flavius

      Der jüdische Feldherr Josephus Flavius befehligte im Aufstand gegen Rom die galiläischen Truppenverbände. Bei seiner Gefangennahme durch General Vespasian im Jahr 67 überraschte er diesen mit einer erstaunlichen Voraussage, die ihm das Leben rettete: Er verhieß Vespasian, dass er römischer Kaiser werden würde. Als das zwei Jahre später geschah, wurde Josephus freigelassen und verbrachte den Rest seines Lebens als Pensionär des römischen Kaisers damit, historische Werke zu verfassen. Neben dem „Jüdischen Krieg“ sind seine „Jüdischen Altertümer“ von höchstem Wert für die Kenntnis vieler geschichtlicher Zusammenhänge. Viele der Personen, die im Neuen Testament erwähnt werden, tauchen auch bei Josephus auf: Herodes der Große und seine ganze Familie, die Hohepriester Annas und Kaiphas, Johannes der Täufer, Jakobus, der Bruder Jesu, und viele andere. Über den Hohepriester Annas den Jüngeren, den Sohn des im Neuen Testament erwähnten Hohepriesters Annas, schreibt er Folgendes:

      Josephus nennt also Jakobus und bezeichnet ihn näher als Bruder von Jesus, der Christus genannt wird. Das macht neugierig darauf, ob bei Josephus noch eine weitere Erwähnung dieses Jesus zu finden ist. Und das ist der Fall. Folgendes kann man bei Josephus lesen:

      Es sind verschiedene Erklärungen für diese Aussage im Text von Josephus vorgeschlagen worden. Dass der ganze Abschnitt ein Einschub eines späteren, christlichen Abschreibers ist, ist unwahrscheinlich, denn der Stil verrät die Hand von Josephus. Außerdem hätte ein Christ, wenn er diesen Abschnitt verfasst und bei Josephus eingeschoben hätte, möglicherweise noch deutlichere Aussagen über Jesus gemacht. Deshalb meinten viele Autoren, dass der Text eine erweiterte Version des ursprünglichen sei, und versuchten, den Urtext zu rekonstruieren, indem sie die Aussagen strichen, die ihrer Meinung nachnur ein Christ gesagt haben kann.