Faszination Jesus. Roland Werner

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Название Faszination Jesus
Автор произведения Roland Werner
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9783765574993



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Gemeinschaft in Rom gab es offensichtlich heftige Diskussionen darüber, ob Jesus der Christus ist oder nicht. Genau diese Frage trennt noch heute Juden und Christen!

      Eins jedenfalls wird aufgrund dieser Episode deutlich: Die Faszination von Jesus war schon wenige Jahre nach seinem Tod in der Hauptstadt des römischen Reiches zu spüren.

      Tacitus

      Was er schreibt, ist bemerkenswert. Nicht nur gibt er eine genaue Angabe über die Hinrichtung von Jesus, die unter Pontius Pilatus in Judäa stattgefunden hat, sondern er gibt auch einen Hinweis darauf, dass nach dem Tod Jesu nicht alles vorbei war. Der „verderbliche Aberglaube“ ließ sich nur für einen Augenblick unterdrücken, dann aber verbreitete er sich mit großer Kraft und erreichte alle Teile der römischen Welt. Niemand kann Tacitus unterstellen, den Christen gegenüber freundlich gesinnt zu sein. Und dennoch stimmt seine Notiz mit dem überein, was wir aus dem Neuen Testament wissen. So ist Tacitus ein weiterer, unabhängiger Zeuge für die Tatsächlichkeit des Lebens und Sterbens Jesu. Und der Auswirkungen, die Jesus bis zu seinem Tag hatte: Viele Menschen, auch Römer, wurden Christen – Jünger von diesem Jesus Christus.

      Plinius der Jüngere

      In seinem Briefwechsel mit Kaiser Trajan in Rom gibt uns Plinius der Jüngere wichtige Informationen über die Christen seiner Zeit und damit auch über Jesus. Plinius war im Jahr 111 n. Chr. kaiserlicher Legat in Bithynien, also im Nordwesten der heutigen Türkei, geworden. In seiner Provinz gab es viele Christen. Nun hatte es eine Reihe von anonymen Anklagen gegeben, in denen Menschen des Christseins beschuldigt wurden. Plinius war unsicher, ob dies allein schon als hinrichtungswürdiges Verbrechen ausreichte oder ob tatsächliche Straftaten nachgewiesen werden mussten. Er berichtet, dass er die, die gestanden, Christen zu sein, zur Hinrichtung abgeführt habe, die aber, die dem Kaiserbild geopfert hatten, freigelassen habe, auch wenn sie vorher Christen gewesen waren. Er schreibt: „Die Sache scheint mir nämlich der Beratung zu bedürfen, vor allem wegen der großen Zahl der Angeklagten. Denn viele jeden Alters, jeden Standes, auch beiderlei Geschlechts sind jetzt und in Zukunft gefährdet. Nicht nur über die Städte, auch über Dörfer und das flache Land hat sich die Seuche dieses Aberglaubens verbreitet …“

      Hier finden wir also den Bericht eines römischen Statthalters, der davon berichtet, dass eine ganze Gegend vom christlichen Glauben erfasst ist, und zwar 60 bis 80 Jahre nach Jesus. Die Christen in Bithynien priesen nach seiner Aussage Christus als Gott (quasi deo), versammelten sich an einem bestimmten Tag (dem Sonntag) frühmorgens zu einem Gottesdienst und dann abends noch einmal zu einem gemeinsamen Mahl (Abendmahl) aus ganz gewöhnlicher Speise und nicht, wie man ihnen nachgesagt hatte, zu kannibalistischen Gebräuchen. Dies ist ein deutlicher Hinweis auf das Essen und Trinken von „Leib und Blut“ Jesu, das oft in der Antike missverstanden wurde, da zum Abendmahl hinter verschlossenen Türen nur Getaufte zugelassen wurden. Der Eid, den sie schworen, ist mit der Verpflichtung zum christlichen Leben bei der Taufe identisch. Das lateinische Wort für Eid, sacramentum, wurde später zum Fachausdruck nicht nur für die Taufe, sondern auch für das Abendmahl.

      Plinius erwähnt hier alle wesentlichen Elemente des christlichen Glaubens, ohne sie selbst ganz zu verstehen: die Gottheit Jesu Christi und daraus folgend die Weigerung, dem Kaiser oder den Göttern Verehrung darzubringen, die Erinnerung an das Leiden und Sterben Jesu im Abendmahl als zentraler christlicher Glaubensinhalt, die Gemeinschaft der Christen, in die man durch die Taufe aufgenommen wurde, und die hohe ethische Lebensführung.

      So ist Plinius am Übergang vom 1. zum 2. Jahrhundert ein unabhängiger Zeuge für alle wesentlichen Elemente des christlichen Glaubens, wie sie auch im Neuen Testament dargelegt sind. Allein aufgrund dieser Beschreibung – neben vielen anderen, die angeführt werden könnten – werden alle Behauptungen widerlegt, die uns weismachen wollen, die Lehre von der Gottheit Christi wäre erst Jahrhunderte später von irgendwelchen Konzilien festgelegt worden. Auch ist sein Brief ein Zeugnis für die Anziehungskraft des Christentums in der damaligen Zeit.

      Thallus