MIT ZÄHNEN UND KLAUEN. Craig DiLouie

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Название MIT ZÄHNEN UND KLAUEN
Автор произведения Craig DiLouie
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783943408645



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dem Boden hinterlassen ihre nackten Füße Abdrücke aus Blut und Exkrementen. Es stinkt abartig.

       »Heilige Scheiße«, flucht Wyatt laut.

       Köpfe drehen sich nach ihm um, Lider gehen auf und zu, Pupillen fokussieren ihn. Das Fauchen schwillt an.

       »Joel, komm da weg«, mahnt Mooney und tritt einen Schritt zurück.

       Eine der Tollwütigen – sie hat langes, graues Haar – springt rasch drei Schritte nach vorn und krächzt Wyatt Geifer verspritzend an.

       »Hilfe«, bringt er kleinlaut hervor.

       Ein enorm fülliger Glatzkopf mit Knollennase und tätowierten Armen setzt sich mit einem Speichelfaden am Kinn in Bewegung, um zwischen den anderen zu Wyatt vorzudringen. Gleichzeitig stürzt ein kleiner Junge, nicht älter als sechs Jahre, auf Wyatt zu und beginnt, auf- und abzuspringen.

       »Lauf Joel«, drängt Mooney mit schwankender Stimme.

       »Hilfe …«

       Auf dem Gang wird es auf einmal rege vor lauter Leibern, die einander drängeln und schieben … bis das Gemenge eskaliert und alle vorwärtsstürmen.

       »Lauf«, schreit Mooney. »Lauf, lauf, verdammt noch mal, lauf!«

       Er dreht sich um und sprintet los, wobei er noch einen Blick über die Schulter wagt und sieht, wie Wyatt mit angsterfülltem Gesicht zu ihm aufholt, eine Horde Wahnsinniger gierig auf seinen Fersen. Die beiden erreichen das Treppenhaus und nehmen zwei bis drei Stufen auf einmal, während sie sich die Lungen aus dem Leib schreien.

       »Mooney, warte auf mich!«

       Von oben fällt ein dürrer Mann mit Bart und Flügelhemd herab, der im Sturz austritt und mit den Armen fuchtelt, ehe er mit einem markerschütternden Geräusch im Erdgeschoss aufschlägt.

       »Mooney, lass mich nicht allein zurück!«

       »Bleib in Bewegung, Joel!«

       Als Mooney die Tür am Fuß der Treppe erreicht, hält er sie auf, zieht Wyatt am Arm hindurch und knallt sie zu.

       »Ruf den Sergeant! Los, los, los!«

       Wyatt prescht den Flur hinunter, soweit es sein verstauchter Knöchel zulässt, und flucht dabei wie ein Rohrspatz, während sich Mooney mit aller Kraft gegen die Tür stemmt. Gleich darauf wird er beinahe an die gegenüberliegende Wand gestoßen, als sich die ersten Tollwütigen von der anderen Seite dagegen werfen.

       Sobald er sein Gleichgewicht wiedergewonnen hat, drückt er erneut gegen die Tür, doch der Ansturm der Leiber ist zu stark. Er kann sich nicht halten, rutscht zusehends weg. Zuletzt lässt er von der Tür ab und rennt laut Alarm schlagend hinter Wyatt her.

       Die Kameraden sammeln sich bereits auf dem Flur. Einige reiben sich noch in Unterwäsche den Schlaf aus den Augen, doch alle haben eine Waffe in der Hand, schimpfen und verlangen Order.

       »Was geht ab?«

       »Wer jagt hinter Joel her?«

       »Sollen wir schießen, oder wie? Was geht da vor sich?«

       »Oh Gott, woher kommt der Gestank?«

       »Was zur Hölle ist das?«

       »Platz da!« Der Lieutenant bahnt sich einen Weg durch ihre Mitte. Er zieht seine Neunmillimeter-Pistole aus dem Halfter und entsichert.

       »Halt!«, ruft Bowman.

       Die Tollwütigen ignorieren ihn.

       »Halt, oder wir eröffnen das Feuer!«

       Es klingt nun fast flehentlich.

       »Bitte …«

       Doch seine Bedenken lösen sich in Luft auf – er sieht ein, dass es keine andere Wahl gibt.

       »Runter mit euch!«, brüllt er Mooney und Wyatt zu. »Sofort!«

       Mooney, dessen Lunge und Beine vor Schmerz brennen, bringt seine letzte Kraft auf, um Wyatt zu packen und niederzureißen.

       »Lieutenant …«, ruft Kemper hinter Bowman.

       Der zielt indes sorgfältig und schießt dem ersten Tollwütigen ins Gesicht. Die anderen nehmen es gar nicht zur Kenntnis, sondern laufen weiter heulend auf die Soldaten zu.

       »Feuer!«, befiehlt der Lieutenant und drückt nochmals ab. »Feuer!«

       Die Soldaten formieren eine Reihe und entladen aus kürzester Entfernung ihre Maschinengewehre in die Menge. Ihr Hagel aus heißem Metall dringt durch Fleisch und Muskelgewebe, bricht Knochen. Ein feiner Nebel aus Blut und Rauch breitet sich auf dem Gang aus. Einige der Jungs schließen beim Feuern die Augen, weil sie das Gemetzel nicht ertragen.

       In weniger als einer Minute ist es vorbei.

       Kemper ruft: »Feuer einstellen, Feuer einstellen!«

       »Was ist da bloß gerade passiert?«, fragt einer der Männer entsetzt. »Was geht hier vor sich?«

       Als Bowman die Augen aufschlägt, sieht er den Boden mit zerschundenen, blutenden Körpern übersät. Einige von ihnen stöhnen und zucken in roten Lachen. Er hat den Angriff nur unterbewusst nachvollzogen.

       Trotz der unglaublich hohen Feuerkraft, mit der sie den Gang vor sich eindeckten, wären die Tollwütigen fast bis zu ihnen gelangt. In seinen Ohren klingelt es noch und seine Zähne vibrieren nach dem Widerhall der Gewehre weiter. Er empfindet eine befremdliche Euphorie, muss dann jedoch gegen den Reiz ankämpfen, sich zu erbrechen.

       Als er sich umdreht, krümmen sich an der Wand bereits einige seiner Jungs, kotzen oder würgen und flennen. Es blitzt, als einer der Soldaten mit einer Digitalkamera fotografiert, gleich darauf aber wieder fassungslos auf das Blutbad starrt.

       Gruppe 3 vor dem Krankenhaus hat unterdessen ebenfalls die Hosen voll, vermutet Bowman. Auch sie musste einen Angriff abwehren, wie man ihm wenige Augenblicke vor dem Aufkreuzen dieser Irren berichtete, und einer seiner Männer sei unentschuldigt abwesend.

       Der Lieutenant bezweifelt noch immer, die richtige Entscheidung mit seinem Angriffsbefehl getroffen zu haben, doch er hat einen Job zu erledigen und muss seine Einheit kampffähig halten. Es interessiert ihn brennend, woher all diese Tollwütigen auf einmal kommen.

       »Sergeant McGraw!«, bellt er. »Ziehen Sie Ihre Leute von hier ab, sie sollen sich waschen und desinfizieren. Ich erwarte einen umfassenden Bericht darüber, wie genau die Zivilisten hierher gekommen sind … Sergeant Ruiz!«

       »Sir?«

       »Schließen Sie sich mit ihrer Truppe kurz«, ordert der Lieutenant. »Nicht per Funk, sondern persönlich. Auch von Ihnen will ich einen vollständigen Bericht über den Gefechtsfall … Sergeant Lewis!«

       »Sir!«

       »Sie bleiben an meiner Seite, Grant.«

       Die Meinungsverschiedenheiten während ihres Meetings im Büro im Krankenhauskeller sind vergessen. Bowman stellt wohlwollend fest, dass die Unteroffiziere gemeinsam an einem Strang ziehen. Bei diesen Leuten handelt es sich um Profis.

       Wyatt und Mooney versuchen mittlerweile, sich wieder aufzuraffen, indem sie Leichname von sich wuchten. Sie haben sich einige Blessuren zuzogen, als die Tollwütigen sie niedertrampelten.

       Sobald Wyatt aufrecht steht, gleichwohl mit wackligen Beinen, beginnt er zu lachen. »Das war so verflucht cool!«

       Mooney, blutüberströmt und wie ein Betrunkener taumelnd, holt weit mit einer Faust aus und triff ihn durch bloßes Glück an der Schädelseite. Wyatt knallt gegen die Wand und verliert seine Brille.

       »Sergeant Kemper!«, ruft Bowman.

       »Sir«, erwidert der Zugführer.

       »Bringen Sie Ordnung in diesen Haufen«, weist der Lieutenant in an. »Trennen Sie die Toten von den Verwundeten und bringen Sie sie jeweils irgendwo unter.«

       »Die Leichenhalle ist voll, Sir.«

       »Dann finden Sie etwas anderes, Mike. Ich will nicht, dass sie hier liegen bleiben.«

       »Ich sehe, was ich tun kann, Sir.«

       »Sergeant Lewis wird mit