Sophienlust Staffel 14 – Familienroman. Elisabeth Swoboda

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Название Sophienlust Staffel 14 – Familienroman
Автор произведения Elisabeth Swoboda
Жанр Языкознание
Серия Sophienlust Staffel
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740971625



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zog den roten Spielzeugrennwagen aus der Tasche. »Leben Sie wohl«, murmelte er und wandte sich rasch ab.

      *

      »Schau mal, der Besuch verabschiedet sich gerade.« Nick bremste sein Fahrrad etwas ab.

      Pünktchen sah bekümmert zum Portal des Herrenhauses von Schoeneich. »War doch ganz gut, dass wir am See gewartet haben«, sagte sie.

      Gleich darauf fuhr das Auto mit den Besuchern an ihnen vorbei. Das Ehepaar im Wagen winkte den Kindern freundlich zu.

      Auch Denise von Schoenecker, die noch auf der Freitreppe stand, hatte ihren Ältesten und Pünktchen bemerkt.

      »Jetzt gibt es kein Ausweichen mehr«, raunte Nick. Er war in diesem Augenblick nicht besonders mutig und wäre am liebsten wieder umgekehrt.

      »Beeilt euch ein bisschen. Es ist noch Kuchen da!«, rief Denise gutgelaunt.

      »Hab keinen Appetit«, antwortete Nick im Näherkommen. Auch das blonde Mädchen schüttelte den Kopf.

      »Das gibt es doch nicht, dass ihr keinen Kuchenhunger habt«, amüsierte sich Denise. »Überhaupt seid ihr so kleinlaut. Was ist denn los?«

      »Tante Isi«, schluchzte Pünktchen, die die Tränen nicht länger zurückhalten konnte, »es ist etwas Furchtbares passiert.« Sie lehnte ihr Rad an die Mauer und lief auf die hübsche jugendliche Frau zu. Weinend schlang sie die Arme um Denises Taille.

      »Wir haben es bestimmt nicht gewollt, Mutti«, seufzte Nick. Bekümmert sah er auf seine staubigen Sandalen.

      »Kommt herein und erzählt der Reihe nach.« Denise legte den Arm um Pünktchen und führte die Kleine zu der Sesselgruppe vor dem Kamin in der Halle. Angenehm kühl und ruhig war es hier.

      »Da ist doch dieses Kind in Bachenau verschwunden«, begann Nick und bekam vor Verlegenheit glühendheiße Ohren. »Und da dachten wir, es wäre gut, wenn wir ein bisschen aufpassen würden. Ich weiß ja, Mutti, dass uns das alles nichts angeht. Aber der Mann, der Uwe von den anderen weggelockt hat, sah tatsächlich verdächtig aus.« Nick drehte nervös an einem Knopf seines Hemdes.

      »Ja, und dann haben wir Herrn Kirsch verständigt«, berichtete Pünktchen weinend.

      »Es war auch dumm, dass der Mann weggelaufen ist, als Herr Kirsch kam. Und dann war Uwe ohne Aufsicht. Er ging ans Gatter zu den Pferden. Und dann muss ihm sein Spielzeug hineingefallen sein. Als er es holen wollte, traf ihn ein Huf am Kopf.« Nick atmete schwer. »Mutti, du musst uns helfen. Du musst nach Uwe sehen. Er muss doch wieder gesund werden.« Nick war so verzweifelt, dass seine Stimme ganz weinerlich klang.

      »Wir wollen auch nie mehr so etwas tun«, versicherte Pünktchen. »Wir wollen immer zuerst fragen, ob das, was wir vorhaben, richtig ist.« Pünktchen saß auf der äußersten Kante des Sessels wie ein Häuflein Elend.

      »Können wir denn nichts unternehmen, damit Uwe wieder gesund wird?« Nick hätte sich am liebsten die Haare gerauft.

      Denise blieb ernst. Vor einigen Minuten hatte Schwester Regine hier angerufen. Auch sie war völlig verzweifelt gewesen. Auch sie hatte sich schwere Vorwürfe gemacht.

      »Wie hätten wir denn wissen sollen, dass so etwas passiert«, jammerte Pünktchen. »Und dass ausgerechnet der kleine Uwe von einem Pferd getreten wird.«

      »Und dann noch so gefährlich«, ergänzte Nick.

      »Es ist gut, dass ich eben mit Frau Hellbach gesprochen habe. Sie rief mich aus der Klinik an.«

      Die Augen der Kinder waren nun auf Denise gerichtet. »Und?«, fragten sie bang.

      Denise lächelte ermutigend. »Uwe hat Glück im Unglück gehabt. Die Verletzung war nicht so schwer, als man zunächst glaubte. Nur der hohe Blutverlust war gefährlich für ihn. Doch man konnte seinen Vati holen, der ihm Blut spendete.« Absichtlich verschwieg Denise den Kindern das, was sie Schwester Regine erzählt hatte. Nämlich, dass dieser Unfall für Uwe und dessen Mutter fast als Glücksfall zu bezeichnen war. Denn durch ihn hatte das Kind seinen Vater gefunden. Es war ausgerechnet der Mann, der Uwe zuvor leidenschaftlich abgelehnt hatte. Inge Hellbach war so überglücklich gewesen, dass sie Denise am Telefon ihre ganze Geschichte erzählt hatte. Jetzt war auch klar, weshalb die junge Mutter ihr Kind unter einem Vorwand nach Sophienlust gebracht hatte. Zu keinem Zeitpunkt hatte Inge Hellbach ihren Jungen abschieben wollen. Sie hatte darum gekämpft, in ihrem Mann die Liebe zu Uwe zu wecken. Fast wäre sie gescheitert. Doch dann war durch diesen Unfall schlagartig die Wahrheit ans Licht gekommen, eine Wahrheit, die vielleicht ohne dieses Geschehen für immer verborgen geblieben wäre. Vielleicht hätte dann Norbert Hellbach, der begabte Dirigent, nie erfahren, dass er einen Sohn hatte.

      »Wird Uwe nun wieder gesund?«, fragte Pünktchen und sprang erfreut hoch. »Wird er wieder richtig laufen und lachen können?«

      »Die Ärzte haben es Frau Hellbach versichert.«

      »Ist das wirklich wahr?« Nick konnte so viel Glück gar nicht fassen.

      »Kommt er wieder zu uns?« Pünktchens Stimme jubelte.

      »Schon in ein oder zwei Wochen wird Uwe wieder so fröhlich herumspringen wie zuvor, aber er wird nicht nach Sophienlust zurückkehren. Er wird in Zukunft wieder bei seinen Eltern leben.«

      »Eine schlechte Nachricht für unsere gute Martha«, ließ sich da eine dunkle Männerstimme vernehmen. »Sie ist doch ganz vernarrt in den kleinen Uwe. Und sie wollte ihn unbedingt hier in Schoeneich haben, weil es ihr bei uns viel zu ruhig ist.«

      Alexander von Schoenecker lachte übers ganze Gesicht. Mit langen Schritten ging er zu seiner Frau und küsste sie zur Begrüßung zärtlich auf die Wange. »Womit bewiesen ist, dass du mit deiner Meinung über Inge Hellbach völlig Recht hattest«, raunte er, nur für sie verständlich.

      Nick und Pünktchen brauchten einige Sekunden, um sich von ihrer Überraschung zu erholen. Sie hatten fest damit gerechnet, dass diesmal ein Strafgericht in Schoeneich über sie hereinbrechen würde. Und nun gab es nur lachende Gesichter.

      »Vati, hast du denn schon Feierabend gemacht?«, fragte der große Junge verblüfft.

      »Wenn Martha so gern mehr Kinder hier sehen möchte, dann kommen wir einfach öfter nach Schoen­eich. Es ist ja nicht weit.« Pünktchens Augen leuchteten vor Begeisterung so strahlend blau wie der Himmel draußen.

      »Ein durchaus vernünftiger Vorschlag«, erwiderte der Hausherr schmunzelnd. Er stand hinter Denise und hatte zärtlich die Hände auf ihre Schultern gelegt. »Dann wird es unserer treuen Martha nicht mehr an Gelegenheit fehlen, ihre Koch- und Backkunst unter Beweis zu stellen.«

      Alexander schien rundherum zufrieden zu sein. Trotzdem traute Nick der Ruhe nicht ganz. Bestimmt würde das dicke Ende noch nachkommen. Vati würde schimpfen, weil er wieder einmal eigenmächtig gehandelt hatte.

      Alexander bemerkte den ängstlichen Blick des Jungen. »Ich habe heute etwas früher Schluss gemacht«, beantwortete er Nicks Frage, »weil ich euch etwas mitteilen wollte.«

      Nick schluckte und schloss sekundenlang ergeben die Augen, während Pünktchen sich auf die Lippen biss.

      »Polizeimeister Kirsch hat mich angerufen«, fuhr Alexander fort.

      Jetzt also kam’s. Nick hätte sich am liebsten beschämt die Ohren zugehalten. Doch eigentlich sah sein Stiefvater gar nicht böse aus.

      »Er hatte keine Gelegenheit mehr, euch zu sagen, dass sich der Fall des verschwundenen kleinen Mädchens geklärt hat. Durch eure Mithilfe übrigens. Er ist euch sehr dankbar.« Voll Stolz sah Alexander auf den Jungen und das hübsche blonde Mädchen.

      »Hat man die Kleine gefunden?«, erkundigte sich Pünktchen schüchtern.

      »Sie ist wieder bei ihrer Mutti und ganz gesund.«

      »Und der Verbrecher?« Nicks rege Phantasie gaukelte ihm schon wieder erregende Verfolgungsjagden vor.

      Alexander nahm auf der Sessellehne neben seiner Frau Platz und wippte lausbubenhaft