Kurfürstenklinik Paket 1 – Arztroman. Nina Kayser-Darius

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Название Kurfürstenklinik Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Nina Kayser-Darius
Жанр Языкознание
Серия Kurfürstenklinik Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740970673



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nur zum Schein meine Frau ist! Du lieber Himmel, was für ein Durcheinander. Er mußte sehen, daß er einen klaren Kopf behielt, denn Jessica liebte Ben immer noch, das hatte ihre Reaktion heute ja überdeutlich gezeigt. Und vielleicht wurde Ben eines Tages noch vernünftig, und er erkannte dann, was für eine tolle Frau die Mutter seiner kleinen Tochter war.

      Allmählich verwirrten sich Alexanders Gedanken, und er schlief auf dem Sofa ein. Als er wieder aufwachte, war es bereits recht spät, es war höchste Zeit, ins Bett zu gehen. Aber bevor er sich entschließen konnte aufzustehen, war er auch schon wieder eingeschlafen.

      *

      »Was hältst du von unseren neuen Nachbarn, Cora?« erkundigte sich Karl Zapfmann bei seiner Hündin. »Der junge Mann wollte uns loswerden, hast du das gemerkt?«

      Cora winselte ein bißchen und legte den Kopf schief.

      »Vielleicht hatten sie sich gestritten, und sie hatte ein verweintes Gesicht und wollte mich deshalb nicht mehr sehen. Was denkst du?«

      Da Cora kein Gespräch von sich gab, sprach ihr Herrchen leise weiter. »Ja, das wird es wohl sein. Denn daß sie sich schon hingelegt hatte, glaube ich einfach nicht – so wie sie den ganzen Tag durchs Haus gefegt ist, ohne sich auch nur einmal irgendwo hinzusetzen. Die hat mehr Energie als viele andere Frauen zusammen, Cora, das sage ich dir! Und als ich ging, wirkte sie kein bißchen müde, im Gegenteil!«

      Cora legte sich auf ihre Decke und schloß die Augen, aber Karl Zapfmann achtete nicht auf sie. Er sprach weiter, denn die jungen Leute nebenan beschäftigten ihn. »Er war nicht besonders freundlich zu mir, aber er sah nett aus. Er hat sich über irgendwas Sorgen gemacht, das habe ich gleich gemerkt. Und wenn man eins und eins zusammenzählt, dann weiß man gleich, worüber er sich Sorgen gemacht hat. Über seine Frau!«

      Karl Zapfmann ging in die Küche, um sich ein Bier zu holen. Zum Glück hatte er vergessen, in der Klinik zu fragen, ob er Bier trinken dürfe. Wer weiß, ob nicht jemand auf die Idee gekommen wäre, es ihm zu verbieten?

      Obwohl Cora ihm nicht gefolgt war, setzte er seine Unterhaltung mit ihr fort. »Ich glaube, wir müssen uns um diese beiden jungen Leute ein bißchen kümmern, Cora. Da stimmt etwas nicht, das sagt mir mein Gefühl, und das irrt sich bekanntlich sehr selten. Die beiden brauchen Hilfe, und ich glaube, bei uns sind sie genau richtig!«

      Zufrieden kehrte er mit seinem Bier ins Wohnzimmer zurück, wo Cora sich nur zu einem müden Schlagen mit dem Schwanz aufraffte, aber das störte Karl Zapfmann nicht. Er sah eine Aufgabe auf sich zukommen, und allein der Gedanke daran belebte ihn ungeheuer.

      »Morgen gehen wir wieder hin, Cora«, versprach er. »Und dann sehen wir mal, was die hübsche junge Frau Stolberg für ein Gesicht macht, wenn sie uns sieht. Wetten, daß sie sich freuen wird?«

      Er nahm einen großen Schluck Bier und streckte die Beine von sich, doch dann stand er noch einmal auf und schaltete den Fernsehapparat ein. »Mal sehen, was sie uns heute wieder für einen Mist anbieten«, brummte er. Aber er hatte Glück. Es gab einen Krimi mit seinem Lieblingskommissar, und schon nach wenigen Minuten hatte die Handlung seine Aufmerksamkeit so sehr gefesselt, daß er seine jungen Nachbarn für die nächsten anderthalb Stunden vergaß.

      *

      Jessica Stolberg weinte nicht, aber sie hätte trotzdem nicht behaupten können, daß es ihr gutging. Schade, dachte sie. Es war ein schöner Tag mit Herrn Zapfmann – und dann muß er so traurig enden.

      Sie hatte Ben Görlach erfolgreich aus ihren Gedanken vertrieben – er war es einfach nicht wert, daß man seinetwegen unglücklich war, das hatte sie schon ziemlich schnell erkannt. Heute fragte sie sich, wie sie so dumm hatte sein können, sich überhaupt mit ihm einzulassen, aber sie war zum ersten Mal richtig verliebt gewesen und hatte jedes seiner Worte geglaubt. Alles war wunderbar gewesen, bis zu jenem Tag, an dem sie ihm gesagt hatte, daß sie schwanger war.

      Er wollte, daß sie abtrieb, sie hatte das jedoch weit von sich gewiesen. Zwei Wochen später war er plötzlich weg gewesen – einfach verschwunden, und sie hatte dagestanden, völlig verzweifelt und allein. Wenn Alex nicht gewesen wäre…

      Ihr guter Freund Alex, der sich bittere Vorwürfe gemacht hatte, die natürlich ganz überflüssig waren. Schließlich war sie erwachsen und für sich selbst verantwortlich. Aber Alex hatte gemeint, er hätte sie vor Ben schützen müssen, schließlich sei sie nicht die erste Frau, deren Herz er gebrochen habe.

      Hatte Ben tatsächlich ihr Herz gebrochen? Sie prüfte sich gründlich und beantwortete ihre Frage dann mit ›Nein‹. Sie war unglücklich gewesen, sicher, aber schon bald hatte die Wut auf Ben das Unglück überwogen. Er war einfach ein mieser kleiner Frauenheld, weiter nichts.

      Alex dagegen… Alex war ein richtiger Mann, der bereit war, Verantwortung zu tragen, aber das sah sie erst jetzt so. Früher hatte sie nie etwas anderes als einen guten Freund in ihm gesehen. Im Traum wäre es ihr nicht in den Sinn gekommen, sich in ihn zu verlieben. Er war einfach zu gutmütig, bei ihm prickelte es nicht – ganz anders als bei Ben.

      Ja, ja, dachte sie voller Selbstironie. Das Prickeln hatte ich ja nun, und was ist dabei herausgekommen? Eine niedliche kleine Tochter und eine gerade noch verhinderte Katastrophe in meiner Familie.

      Natürlich hatten ihre Eltern bemerkt, daß das Kind zu früh nach der Hochzeit gekommen war, aber sie hatten es offiziell einfach nicht zur Kenntnis genommen. Typisch war das, alles, was nicht so lief, wie es ihrer Meinung nach laufen sollte, wurde unter den Teppich gekehrt. Erfolge jedoch wurden überall verbreitet.

      Jessica schüttelte sich. Schrecklich war das, aber es war nun einmal ihre Familie, und sie hätte es nicht ertragen können, in Zukunft das schwarze Schaf zu sein, das nur widerwillig geduldet wurde – wenn überhaupt. Sie wäre jedenfalls als ledige Mutter ihres Lebens nicht mehr froh geworden, wenn sie weiterhin mit ihrer Familie verkehren wollte, das war ihr sofort klar gewesen. Und aus dieser Situation hatte Alex sie gerettet. Sicher, ihre Scheidung würde auch ein dicker Brocken sein, den die Familie zu schlucken hatte – aber nicht zu vergleichen mit einem unehelichen Kind.

      Sie beschloß, noch einmal nach unten zu gehen und zu sehen, was Alex machte. Als Herr Zapfmann geklingelt hatte, war sie nicht fähig gewesen, mit ihm ein paar unbefangene Worte zu wechseln. Ihr neuer Nachbar hatte so eine Art, einen anzusehen, als könne er Gedanken lesen, und das wäre ihr heute abend gar nicht recht gewesen.

      Leise, um Nicky nicht zu wecken, ging sie nach unten und fand Alex schlafend auf dem Sofa vor. Wie abgespannt er aussah! Sie hatte ihn nicht einmal danach gefragt, wie es ihm heute an seinem Arbeitsplatz ergangen war. Sie überlegte, ob sie ihn wecken sollte, denn im Bett lag er sicherlich bequemer, aber dann ließ sie ihn doch schlafen. Sie legte nur eine leichte Decke über ihn und ging dann lautlos zurück in ihr Zimmer.

      *

      Als Alex aufwachte, war es erst halb sieben – reichlich früh zum Aufstehen. Er lag noch immer auf dem Sofa, dabei war er überzeugt davon, in der Nacht noch einmal aufgewacht und in sein Bett gegangen zu sein, doch ganz offensichtlich bildete er sich das nur ein. Zu seiner Verwunderung lag er unter einer leichten Decke, er konnte sich jedoch nicht daran erinnern, sich damit zugedeckt zu haben.

      Er stand auf. Wenn er schon wach war, dann konnte ja zur Abwechslung einmal er das Frühstück machen. Er lauschte, aber Nicky schien noch fest zu schlafen, und auch aus Jessicas Zimmer drang kein Laut herüber. Zuerst also ins Bad und dann zum Bäcker. Es gab einen ganz in der Nähe, das wußte er schon.

      Er zog die Vorhänge zurück und sah erstaunt nach draußen. Von dem strahlenden Wetter, das die ganze Zeit über geherrscht hatte, war nichts mehr zu sehen. Draußen trieben dunkle Wolken am Himmel, und ein ziemlich stürmischer Wind wehte. Jetzt hörte er ihn auch ums Haus pfeifen. »Na, so was!« murmelte er. Hoffentlich kam er überhaupt trocken bis zum Bäcker, es sah verdächtig nach Regen aus.

      Er beeilte sich im Bad und rannte schon wenig später über die Straße. Er hatte Glück und kam schnell an die Reihe, und gerade bevor die ersten dicken Regentropfen aufs Pflaster klatschten, schloß er die Haustür wieder auf.

      Jessica stand in der Küche,