Название | Kurfürstenklinik Paket 1 – Arztroman |
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Автор произведения | Nina Kayser-Darius |
Жанр | Языкознание |
Серия | Kurfürstenklinik Paket |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783740970673 |
»Soll ich uns vielleicht zuerst mal einen Kaffee kochen?« schlug Jessica vor. »Und dann mache ich mich an die Arbeit – wenn Sie Ihr Angebot aufrechterhalten.«
»Aber ganz bestimmt tue ich das!« erwiderte Karl Zapfmann, streckte die Arme nach Nicky aus und ließ sich mit ihr zusammen in einen Sessel sinken. Cora beobachtete ihn aufmerksam. Als sie feststellte, daß ihr Herrchen offenbar die Absicht hatte, für eine Weile hierzubleiben, ließ sie sich am Fuße des Sessels nieder, legte den Kopf auf die Vorderpfoten und schloß die Augen.
Jessica verschwand in der Küche. Wie freundlich die Welt doch auf einmal war!
*
Alexanders Vormittag war sehr anstrengend, denn ihm wurde so viel erklärt, daß ihm der Kopf schwirrte. Außerdem hatte er noch immer nicht alle neuen Kollegen kennengelernt, und obwohl er über ein gutes Personen und Namensgedächtnis verfügte, verlor er allmählich die Übersicht. Aber er versuchte, sich nichts davon anmerken zu lassen, denn er wollte sich gerade in den ersten Tagen natürlich von seiner besten Seite zeigen.
Er war sehr froh, als es endlich hieß, man könne jetzt eine Stunde Pause machen. Er war müde und hungrig und hatte bereits beschlossen, das Gebäude zu verlassen, um frische Luft zu schnappen und ein wenig allein zu sein. Genau das tat er dann auch. Er aß eine Kleinigkeit in einem nahegelegenen Bistro, trank noch einen Kaffee und lief danach durch eine kleine Grünanlage. Er fühlte sich bereits viel besser.
Als sein Handy klingelte, verzog er ärgerlich das Gesicht. Eine blöde Erfindung, wirklich! Sehr praktisch natürlich und in vielen Notlagen auch äußerst hilfreich – aber wenn man für eine Weile allein und ungestört sein wollte, dann war es eine Plage. Natürlich hätte er es abstellen können, aber das mochte er nicht riskieren. Und er wollte später auch nicht stundenlang die gespeicherten Nachrichten abhören, also blieb ihm nichts anderes übrig, als sich zu melden. Außerdem konnte es sich ja tatsächlich um eine Notlage handeln…
»Ja, hallo?« sagte er, und er hörte selbst, wie unwillig seine Stimme klang.
»Alex? Hier ist Ben. Störe ich gerade?«
Ben – sein früherer bester Freund. Der hatte ihm wirklich gerade noch gefehlt! Und wieso tauchte er ausgerechnet jetzt wieder aus der Versenkung auf? Er hatte seit Monaten nichts mehr von ihm gehört.
»Nicht direkt. Was gibt’s?« fragte er knapp.
»Hör mal, ich möchte einfach mit dir reden. Du weißt schon, weshalb! Es tut mir wirklich leid, daß die Sache so gelaufen ist, aber…«
»Wenn es dir leid tut, warum ist sie dann so gelaufen?« fragte Alexander kalt. »Du hättest dich doch nur anders verhalten müssen.«
»Du weißt doch, wie das ist, das muß ich dir schließlich nicht erklären! Aber ich finde, das ist kein Grund, daß unsere Freundschaft daran kaputtgehen muß, oder? Wir waren so lange befreundet, Alex!«
»Ja«, sagte Alex langsam, »das stimmt. Und weißt du was? Darüber wundere ich mich am allermeisten.«
»Was soll das heißen? Du willst doch jetzt nicht wegen dieser blöden Sache mit Jessica einfach alles beenden, oder? Ich meine, wir haben so vieles gemeinsam, du und ich. Denk doch mal daran, was wir alles zusammen gemacht haben.«
»Ich dachte auch immer, daß wir vieles gemeinsam hätten. Aber ich glaube, ich habe mich einfach geirrt.«
Ben sprach hastig weiter. »Ich war in den USA in den letzten Monaten und weiß überhaupt nicht, wie die Sache ausgegangen ist – deshalb rufe ich auch an.«
Das war nun wirklich die Höhe, und Alexander spürte, wie die Wut in ihm aufstieg, die er schon lange gegen Ben hatte. Zu Beginn hatte er Erklärungen für dessen Verhalten gesucht, aber im Grunde hatte er es immer gewußt. Ben war charmant, aber er hatte kein Gewissen.
»Ach, du weißt nicht, wie die Sache ausgegangen ist? Du hattest es ja auch furchtbar eilig, dich aus dem Staub zu machen, und dann wußte merkwürdigerweise niemand, wo du eigentlich abgeblieben warst. Ein elender Feigling, das bist du. Und jetzt willst du mir erzählen, daß du nicht weißt, was passiert ist? Irgend jemand hat es dir doch garantiert längst erzählt. Du hast schon mal besser gelogen, Ben!«
Alexanders Stimme war immer ruhiger geworden. Er wußte, was er sagen mußte – er hätte es längst gesagt, wenn er die Möglichkeit dazu gehabt hätte.
Aber Ben machte noch einen weiteren Versuch, ihn zu besänftigen. »Ich verstehe ja, daß du sauer bist, Alex«, sagte er mit der gleichen beschwörenden Stimme wie zuvor. »Komm schon, jeder macht mal einen Fehler, du bist doch auch kein Heiliger…«
Doch Alexander hatte nicht die Absicht, sich Sand in die Augen streuen zu lassen. Unbeirrt fuhr er zu sprechen fort, als habe Ben überhaupt nichts gesagt. »Du bist einfach abgehauen, hast getan, als ginge dich das alles nichts an. Wo warst du denn das ganze letzte Jahr? Wie vom Erdboden verschluckt. Daß du in den USA warst, höre ich jetzt zum ersten Mal, denn gemeldet hast du dich ja bei niemandem!«
Nun hörte man seiner Stimme die Erregung doch an, unwillkürlich sprach er lauter. »Es war dir völlig gleichgültig, was du angerichtet hattest. Jetzt jedenfalls braucht dich auch niemand mehr, laß dir das gesagt sein. Und mich brauchst du nicht noch einmal anzurufen. Für mich bist du gestorben, Ben. Endgültig.« Er drückte auf die Taste, die das Gespräch beendete, und verstaute das Handy wieder in seiner Tasche.
Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, daß es Zeit wurde zurückzugehen. Schade, dachte er, ich hätte mich doch nicht melden sollen. Aber vielleicht war es gut so. Das alles mußte ja mal gesagt werden.
Mit schnellen Schritten kehrte er zurück an seinen Arbeitsplatz, wo die Kollegen bereits auf ihn warteten.
*
»Ohne Sie hätte ich das alles niemals geschafft, Herr Zapfmann«, sagte Jessica strahlend, während ihr neuer Nachbar und sie eine Pizza verzehrten, die sie sich hatten bringen lassen.
Er sah sich anerkennend um. »Hier unten sieht man überhaupt nicht mehr, daß Sie gerade erst eingezogen sind – aber Sie haben ja auch schwer geschuftet, Frau Stolberg.«
»Das mache ich gern, wenn ich sehe, daß ich vorankomme«, sagte sie. »Außerdem war es sehr angenehm, Gesellschaft zu haben. Nicky ist niedlich, aber unsere Unterhaltungen sind noch ein wenig einseitig, wissen Sie?«
Er lachte, die junge Frau hatte sein Herz bereits im Sturm erobert. »Ja, das kann ich mir gut vorstellen – so ähnlich wie bei mir und Cora, obwohl Cora natürlich versteht, was ich sage. Wenn Sie wollen, nehme ich Ihnen Nicky gern gelegentlich ab. Dann können Sie sich mit Freundinnen treffen und mal wieder so richtig über alles reden, was Ihnen auf der Seele liegt.«
Er bemerkte sofort, daß er offenbar einen wunden Punkt bei ihr berührt hatte, denn ein Schatten legte sich über Jessicas hübsches Gesicht. Sie lächelte mühsam und erwiderte: »Vielen Dank für das Angebot, das ist sehr lieb von Ihnen. Aber ich könnte mich mit niemandem in Berlin treffen, Herr Zapfmann, selbst wenn ich das gern wollte.«
»Und warum nicht?«
»Weil ich niemanden hier kenne.«
»Das wird sich schnell ändern«, versicherte er. »Sie werden sehen, schon bald haben Sie jede Menge neue Bekannte.«
»Vielleicht«, meinte sie, aber er hörte, daß sie keinesfalls davon überzeugt war. Er hatte ohnehin das Gefühl, daß Jessica Stolberg nicht ganz so fröhlich und unbeschwert war, wie eine jungverheiratete Frau von vierundzwanzig Jahren mit einer ausgesprochen niedlichen kleinen Tochter es eigentlich hätte sein sollen. Sicher, sie hatte sich gefreut wie ein Kind, daß sie so viel hatte schaffen können an diesem Tag – aber er hatte sie aufmerksam beobachtet. Wenn sie sich allein glaubte, dann war ihr Gesicht ernst und angespannt,