Kurfürstenklinik Paket 1 – Arztroman. Nina Kayser-Darius

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Название Kurfürstenklinik Paket 1 – Arztroman
Автор произведения Nina Kayser-Darius
Жанр Языкознание
Серия Kurfürstenklinik Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740970673



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gynäkologischen Abteilung eintraf. Er hatte es so organisiert, daß sie sich sofort etlichen Untersuchungen unterziehen mußte, so daß ihr nicht viel Zeit zum Grübeln blieb. Alle, die mit ihr zu tun hatten, hatte er ausdrücklich gebeten, besonders freundlich, aber zurückhaltend zu sein. Und so geschah es, daß Caroline nach einigen Stunden Klinikaufenthalt eher gespannt war. Niemand hatte blöde Bemerkungen gemacht oder indiskrete Fragen gestellt, und sie war dankbar dafür. Vielleicht würde ja doch noch alles gut ausgehen.

      Abends klopfte es zaghaft an ihre Tür, und Bernd Schäfer steckte seinen Kopf zur Tür herein. Als er sah, daß sie in ihrem Bett lag und allein war, schob er seinen massigen Körper ins Zimmer. »Ich dachte, ich seh’ mal schnell nach, wie’s dir geht«, sagte er verlegen.

      »Ganz gut soweit«, antwortete sie. »Du weißt doch, Bernd, wir arbeiten in einer erstklassigen Klinik. Mich behandeln hier alle wie ein rohes Ei.«

      »Das gehört sich auch so«, meinte er. »Und wie geht es nun weiter mit dir?«

      »Morgen werden die restlichen Untersuchungen vorgenommen, dann darf ich mich noch zwei Tage ausruhen und innerlich auf das vorbereiten, was kommt – und am Montagmorgen komme ich als erste unters Messer.«

      Sie sprach ein bißchen schnoddrig, so, als mache ihr das alles nicht allzu viel aus, aber Bernd Schäfer ließ sich nicht täuschen. »Es ist gut, daß du die Operation sofort machen läßt«, stellte er ruhig fest. »Unsicherheit macht erst recht krank, weißt du? Und ich finde es auch gut, daß Adrian dich operiert.« Er machte eine Pause.

      »Er hat mir erzählt, daß er dich gern als Assistenten dabei hätte«, sagte Caroline in die Stille hinein. »Ich habe nichts dagegen, Bernd.«

      Er strahlte über das ganze Gesicht. »Das wollte ich dich gerade fragen. Er hat mir das zwar schon gesagt, aber ich wollte doch ganz sicher gehen, daß das auch stimmt. Du hast es nicht nur gesagt, weil es sein Wunsch ist?«

      Sie schüttelte den Kopf. Bernd Schäfer war ein sehr liebenswerter Mann. Viel zu dick und viel zu schüchtern, aber ausgesprochen einfühlsam, wenn es darauf ankam. »Nein, natürlich nicht, Bernd. Du solltest wissen, daß ich es schon gesagt hätte, wenn ich nicht einverstanden gewesen wäre.«

      »Ja, das stimmt«, gab er zu. »Ich bin froh, daß du nichts dagegen hast. Und ich glaube ganz sicher, wir werden dir eine gutartige Geschwulst wegnehmen, Caroline.«

      Sie nickte, und er sah, daß ihre Beherrschung gefährlich ins Wanken geriet. »Ich geh’ dann mal wieder«, sagte er eilig, denn weiblichen Tränen gegenüber war er völlig hilflos. »Schlaf schön, bis morgen.«

      »Bis morgen«, erwiderte Caroline leise und schaffte es genauso lange, ihre Tränen zurückzuhalten, bis die Tür hinter dem Assistenzarzt ins Schloß gefallen war.

      *

      Dr. Adrian Winter war müde. Er gestand es sich nur ungern ein, aber die Doppelbelastung der letzten Tage war doch anstrengend gewesen: erst der Dienst in der Klinik und danach die Pflege von Frau Senftleben im Hause. Wobei das Wort ›Pflege‹ höchstens für die ersten Tage stimmte, denn danach hatte seine muntere Nachbarin darauf bestanden, soviel wie möglich wieder selbst zu übernehmen. Aber allzuviel war das noch nicht gewesen, da sie nach wie vor das Bett hüten sollte.

      Doch jetzt neigte sich diese Zeit dem Ende zu. Sie wurde immer unruhiger, und das lag nicht nur daran, daß sie wieder selbst kochen wollte. Sie fing auch sonst an, sich zu langweilen, und das wunderte ihn nicht. Carola Senftleben war eine überaus muntere ältere Dame, die normalerweise ständig auf den Beinen war. Es mußte eine Qual für sie sein, mehr oder weniger unbeweglich im Bett zu liegen.

      Er hatte die Klinik ausnahmsweise sehr pünktlich verlassen können, und bis Esther zu ihrem Nachtdienst aufbrechen mußte, blieb ihm noch Zeit. Kurz entschlossen lenkte er seinen Wagen auf den Weg zum King’s Palace. Er hatte Stefanie Wagner, wie es bei ihnen üblich war, wieder einmal seit längerem nicht gesehen, und er hoffte, daß sie vielleicht die Zeit fand, mit ihm einen Espresso zu trinken.

      Er würde sich einen Vorwand ausdenken, der ihn angeblich ins Hotel geführt hatte. Es kam jedenfalls nicht in Frage, ihr die Wahrheit zu sagen: daß er sie nämlich unbedingt wiedersehen wollte und daß er nur deshalb gelegentlich in der Bar des King’s Palace aufkreuzte. Wäre nicht ihr Freund gewesen, mit dem er sie schon einmal zusammen gesehen hatte, dann hätte er seinen Mut vielleicht zusammengenommen. Aber so…

      Er überließ sein Auto einem Hotelbediensteten und eilte zielstrebig auf die Bar zu. Kurz hatte er überlegt, ob er zu Stefanie Wagners Büro gehen und sie dort überraschen sollte, aber er entschied sich dagegen. Es erschien ihm eleganter, sie von der Bar aus anzurufen.

      Doch soweit kam er nicht, denn schon vorher sah er, daß Stefanie bereits an der Bar saß. Er freute sich und wollte gerade freudig auf sie zugehen, als er bemerkte, daß sie nicht allein war. Er konnte die andere Person nicht sehen, da sie durch eine Säule verdeckt war, aber Stefanie sprach in ihrer lebhaften Art auf jemanden ein.

      Natürlich ist sie nicht allein, dachte Adrian und ärgerte sich ein wenig über sich selbst. Wie hatte er das nur annehmen können? Warum sollte die Assistentin des Hoteldirektors wohl allein in der Hotelbar sitzen?

      Sicher hatte sie eine geschäftliche Besprechung. Langsam ging er weiter. Vielleicht war diese Besprechung ja bald beendet, und er konnte sie dann doch noch zu einem gemeinsamen Espresso überreden. In diesem Augenblick streckte die schöne Frau Wagner einen Arm aus und beugte sich zu ihrem Gesprächspartner. Das sah nicht besonders geschäftlich aus, fand Adrian. Saß sie etwa mit ihrem Freund in der Bar?

      Seine Neugier war geweckt, zugleich ärgerte er sich über sein heftig klopfendes Herz. Ich benehme mich wie ein Dreizehnjähriger, dachte er, nicht wie ein erwachsener Mann. Hoffentlich sieht mich niemand. Das ist ja wirklich total lächerlich, was ich hier mache, einer Frau nachzuspionieren, die ich – leider – kaum kenne.

      Aber seine Gedanken hinderten ihn nicht daran, sich immer weiter der Bar zu nähern, bis er sehen konnte, wem Stefanie Wagner genau in dieser Sekunde zärtlich über die Wange strich. Es war Dr. Timothy Brown, sein südafrikanischer Kollege.

      Er machte auf dem Absatz kehrt und verließ das King’s Palace wie von Furien gejagt. Der Hotelbedienstete, der sein Auto vor nicht einmal drei Minuten auf einem Parkplatz abgestellt hatte, zuckte mit keiner Wimper, als er ihn bat, es ihm sofort wieder zu holen, und diese vollkommene Beherrschung trug ihm ein wahrhaft fürstliches Trinkgeld ein.

      *

      »Wenn ich dir doch bloß helfen könnte, Tim«, sagte Stefanie unglücklich. Sie griff nach seiner Hand und hielt sie fest. »Allmählich mache ich mir richtige Sorgen um dich, weißt du das? Du bist ganz bleich, und abgenommen hast du auch. Dich nimmt die ganze Sache offenbar sehr mit – dabei hast du selbst gesagt, daß sie kaum begonnen hatte.«

      Sie saßen an der Hotelbar und tranken einen Kaffee – für mehr reichte Stefanies Zeit nicht, das hatte sie dem Freund sofort erklärt. Aber er hatte sie so sehr darum gebeten, daß sie ihm ein kurzes Treffen nicht abschlagen wollte.

      »Ich weiß!« Mit trüben Augen starrte er vor sich hin. »Ich fahre für ein paar Tage aufs Land, Steffi, das wollte ich dir nur sagen. Ich habe jetzt schon Urlaub, weil es Probleme in der Klinik gab, und mir ist das ganz recht. Mal was anderes sehen, mit anderen Leuten reden, das wird mir gut tun. Vielleicht kann ich ein bißchen reiten, alles vergessen, was mir hier das Herz schwermacht.«

      »Schade, daß ich nicht mitfahren kann«, sagte sie bedauernd. »Das würde mir jetzt auch gut gefallen, Tim. Aber ich fürchte, das werden wir verschieben müssen. Ich wünsche dir jedenfalls, daß du diese Enttäuschung bald überwindest.«

      »Und was ist mit deiner Enttäuschung?« fragte er. »Besonders gut siehst du nämlich auch nicht aus, wenn ich dir das mal sagen darf.«

      Ihr Lächeln war nicht heiter, es sah eher traurig aus. »Ich fühle mich auch nicht besonders gut, aber dafür gibt es eigentlich keinen Grund, nicht wahr? Ich kenne Dr. Winter noch weniger als du deine Caroline.«

      »Sag nicht ›meine Caroline‹«, bat