Der Kettenträger. James Fenimore Cooper

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Название Der Kettenträger
Автор произведения James Fenimore Cooper
Жанр Языкознание
Серия
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783849626334



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Begriff von etwas wahrhaft Erhabenem haben, indem er ekeln Geschmack und Affektationen an die Stelle der Einfachheit der Natur und eines wahrhaft guten Tons und Benehmens setzt.«

      Viertes Kapitel.

      Beatrice.

       Gegen meinen Willen bin ich gesandt, um Euch zum

       Essen kommen zu heißen.

      Benedick.

       Schöne Beatrice, ich danke Euch für Eure Mühe.

      Beatrice.

       Ich hatte nicht mehr Mühe, diesen Dank zu verdienen,

       als es Euch Mühe kostet, mir zu danken; wäre es

       mühevoll gewesen, so wäre ich nicht gekommen.

      Viel Lärmen um Nichts.

      Unter dem Portal des Hauses zu Satanstoe stand meine liebe Großmutter und der berühmte Tom Bayard, um uns zu empfangen. Der erste Blick auf Letztern bewies mir, daß er ein »anständiger Mann« war; und beim zweiten gewann ich die erfreuliche Ueberzeugung, daß er gerade jetzt nur für Kate Augen hatte. Dieß zu sehen und zu wissen, war für mich eine große Beruhigung, da ich nie hätte mit gutem Gewissen meine Zustimmung dazu geben können, das liebe Mädchen einem Manne zu vermählen, der ihren Werth nicht zu würdigen gewußt, der ihre Schönheit nicht in vollem Maße bewundert hätte. Was meine liebe »gar alte« Großmutter betrifft, die jedoch nicht so sehr alt war, da sie noch unter den Siebzigen stand, so war unser Empfang von ihrer Seite gerade so wie ich ihn immer gefunden hatte: warm, herzlich und mild. Sie nannte meinen Vater, den General, immer Corny, auch wenn sie in einem Zimmer voll von Gesellschaft mit ihm sprach; doch habe ich, was das betrifft, meine Mutter, die weit mehr eine Frau von Welt war, da sie sehr viel in Gesellschaft gelebt hatte, ebenso sprechen hören, wenn sie sich allein glaubte. Ich habe in diesem oder jenem ekeln und pedantischen Buche, geschrieben ohne Zweifel von Einem, der die Menschen nur aus Büchern, dem seinigen ähnlich, kannte, solche Vertraulichkeiten verdammt gelesen; aber ich habe im Allgemeinen gefunden, daß die glücklichsten und im Grunde genommen auch die Familien vom besten und sittlichsten Tone diejenigen waren, wo man Jack, Tom, Bob, Dick, Beß und Di sagte. Was die Louisa Adelina's, und die Robert Augustusse und alle solche künstliche Respektsnamen betrifft, so gestehe ich offen, daß ich dagegen Verachtung empfinde. Das ist bei der Art von Leuten, welche Satanstoe – Dibbleton nennen, Hellgate – Hurlgate, – und sich selbst – gebildet! Dem Himmel sey Dank, solchen Unsinn hatten wir nicht zu Lilaksbush oder auf dem Landhals. Mein Vater hieß da Corny, meine Mutter Anneke, Katrinke Kate, und ich Mordy oder Mord, oder wenn man sich Zeit nahm, Mordaunt.

      Tom Bayard erwiederte meine Begrüßung freimüthig und mit gentlemanischer Sicherheit des Benehmens, obgleich auf seiner Wange ein leises Erröthen sichtbar war, welches mir sagte: »Ich wünsche Eure Schwester zu gewinnen.« Aber mir gefiel das Benehmen des jungen Mannes. Da war kein hastiges Fahren nach der Hand, kein Sichvordrängen, um gleich im ersten Augenblick der Begegnung ein vertrautes Verhältniß zu erzwingen; aber er erwiederte meine Verbeugung mit anmuthiger Verbindlichkeit und sein Lächeln hiebei schien den Wunsch nach genauerer und besserer Bekanntschaft auszudrücken.

      Nun habe ich auch schon gesehen, daß einer quer durch ein ganzes Zimmer schritt, um bei einer Vorstellung mit einem gänzlich Fremden die Hände zu schütteln, und während der ganzen Zeit ein so trübseliges Gesicht machte, als ob er ihm sein Beileid beim Verlust seiner Frau bezeugte. Diese Gewohnheit, mit feierlichem Ernst die Hände zu schütteln, nimmt bei uns nachgerade überhand, und wird aus einigen unsrer Schwesterstaaten eingeführt, denn gewiß ist es kein New-Yorker Brauch, außer unter vertrauten Freunden; und es ist nach meinem Dafürhalten ein schlimmer Brauch, weil er eines der besten Mittel, Gefühle abzustufen, vernichtet, und ganz besonders bei einer Vorstellung widrig ist. Aber ach! es gibt so viele solche Neuerungen, daß man nicht vorhersagen kann, wo sie aufhören werden. Ich schüttelte bei einer ersten Vorstellung, ausgenommen unter meinem eigenen Dach und wenn ich eine entschieden gastfreundliche Gesinnung an den Tag zu legen wünschte, nie die Hände bis zu meinem vierzigsten Jahre. In meinen jüngern Jahren hielten mich Manche für gemein, und ich weiß nicht gewiß, ob nicht Manche noch jetzt so denken.

      In dem kleinen, altmodischen »Empfangzimmer;« wie seit einigen Jahren meine gute Großmutter sich hatte bewegen lassen, das Zimmer zu nennen, welches sonst das beste Wohnzimmer war, fanden wir Miß Priscilla Bayard, die aus Gründen, welche unerklärt blieben, nicht mit an das Portal gekommen war, ihre Freundin zu begrüßen. Sie war in der That ein reizendes Mädchen, mit schönen, dunkeln Augen, glänzendschwarzen Haaren, von zarter, vornehmer Gestalt und einer Anmuth des Benehmens, welche vollkommene Vertrautheit mit der besten Gesellschaft des Landes verrieth. Kate und Pris umarmten einander mit einer Wärme und Aufrichtigkeit, welche zu Gunsten Beider sprach, und mit vollkommener Natürlichkeit. Ein affektirtes amerikanisches Mädchen, beiläufig bemerkt, ist eine große Seltenheit, und Nichts fällt mir eher auf, wenn ich meine Landsmänninnen neben Europäerinnen sehe, als der Unterschied gerade in dieser Beziehung; die Einen erscheinen so natürlich, die Andern so verkünstelt!

      Die Begrüßung, die mir von der Miß Bayard wurde, war verbindlich, doch bildete ich mir ein, irgend ein leiser Zug verrathe, daß sie sich bewußt sey, bei irgend einer müßigen Veranlassung ihren Namen in enger Verbindung mit dem meinigen aussprechen gehört zu haben. Vielleicht mag Kate in einem vertraulichen Augenblick etwas dahin Zielendes gesagt haben, oder habe ich mich vielleicht getäuscht.

      Meine Großmutter erklärte bald, die ganze Gesellschaft müsse die Nacht in Satanstoe zubringen. Da wir an solche plötzliche Entschlüsse gewohnt waren, erhoben weder Kate noch ich die mindeste Einwendung, während die Bayards einem Befehle, der jedoch auch für sie, wie ich bald entdeckte, keine ungewohnte Sache zu seyn schien, mit vollkommener Bereitwilligkeit und Folgsamkeit sich unterwarfen. So in der Vertraulichkeit eines stillen und kleinen Kreises, auf einem Landhause uns zusammenfindend, machten wir in unserer gegenseitigen Bekanntschaft große Fortschritte, und bis das Mittagessen vorüber war, das heißt um vier Uhr, fühlte ich mich schon wie ein alter Bekannter von Personen, welche vor kurzer Zeit noch mir bis auf den Namen hinaus fremd gewesen waren. Bayard und meine Schwester waren vom ersten Anfang an in der besten Laune, und ich gewann die Ueberzeugung, ihre Angelegenheit war in ihren Herzen eine ausgemachte Sache; Miß Priscilla jedoch war ein paar Stunden nicht frei von einigem Zwang, wie Jemand, der eine leichte Verlegenheit empfindet. Dies verlor sich jedoch, und lange ehe wir vom Tisch aufstanden, war sie ganz sie selbst geworden, – und sehr reizend war dieses Selbst, das war ich genöthigt zuzugeben. Ich sage: genöthigt; denn trotz Allem, was ich gesagt, und trotz einem gewissen gesunden Verstande, den ich mir hoffentlich zuschreiben darf, war es mir doch unmöglich, mich ganz des Mißtrauens zu entschlagen, welches sich an den Gedanken knüpfte, man erwarte, daß ich mich in die junge Dame verliebe. Meine gute Großmutter trug auch dazu bei, dies Gefühl in mir rege zu erhalten. Die Art, wie sie ihr Auge vom Einen auf das Andere schweifen ließ, und das zufriedene Lächeln, das über ihr Gesicht flog, so oft sie Pris und mich in unbefangenem Gespräch mit einander sah, verrieth mir ganz und gar, daß sie mit im Geheimniß war und bei dem Complott, wie ich die Sache anzusehen beliebte, die Hand mit im Spiel hatte.

      Ich hatte gehört, daß meine Großmutter die Heirath meiner Eltern schon ein oder ein paar Jahre, ehe die Sache sich machte, als lebhaften Wunsch im Herzen bewegt hatte, und daß sie sich immer einbildete, sehr wesentlich beigetragen zu haben zum Zustandekommen einer Verbindung, die so glücklich gewesen, wie ihre eigene. Die Erinnerung an diesen Erfolg, oder die Einbildung desselben, ermuthigte sie wahrscheinlich, auch an dem gegenwärtigen Anschlag Theil zu nehmen; und ich bin immer der Meinung gewesen, daß sie uns Alle bei dieser Gelegenheit zusammen brachte, um das große Projekt weiter zu fördern.

      In der Kühle des Abends wurde ein Spaziergang auf dem Landhals vorgeschlagen, denn Satanstoe hatte manchen reizenden Pfad, hübsche Durchsichten und weite Aussichten. So machten denn wir Vier uns auf den Weg. Kate voran, als die mit der Gelegenheit des Ortes Vertrauteste. Wir befanden