Название | H. G. Wells – Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Herbert George Wells |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962813628 |
Als wir über die Straße hinwegblickten, sahen wir, dass das Gehölz jenseits von Ham und Petersham noch brannte. Twickenham war sowohl vom Hitzestrahl, wie vom schwarzen Rauch verschont geblieben, und so fanden wir hier herum schon mehr Leute, von denen aber niemand uns Neues mitteilen konnte. Zum größten Teil befanden sie sich in derselben Lage wie wir; sie benützten eine augenblickliche Ruhe vor den Marsleuten, um weiter zu fliehen. Ich gewann den Eindruck, dass viele Häuser noch von eingeschüchterten Menschen bewohnt waren, die zu erschreckt waren, um nur die Kraft zur Flucht zu besitzen. Auch hier waren die Anzeichen eines hastig fliehenden Menschenhaufens in Fülle längs der Straße vorhanden. Sehr lebhaft erinnere ich mich eines Gewirres von drei zertrümmerten Fahrrädern, die von den Rädern nachfolgender Karren in die Erde gestampft worden waren. Um halb neun Uhr etwa kamen wir bei der Richmond Bridge an. Wir eilten selbstverständlich, so rasch wir konnten, über die allen Angriffen sehr ausgesetzte Brücke; dennoch bemerkte ich eine Anzahl roter Gegenstände, die einige Fuß von mir entfernt, den Fluss hinabtrieben. Ich wusste nicht, was jene Gegenstände bedeuteten — ich hatte keine Zeit, sie genau zu untersuchen — aber ich legte ihnen eine viel grauenhaftere Bedeutung bei als sie verdienten. Hier, auf der Surrey-Seite, sah ich wieder schwarzen Staub, der einmal Rauch gewesen war und Leichen — einen großen Haufen beim Eingang zum Bahnhof — aber nirgends war ein Marsmann zu erblicken, bis wir uns in ziemlicher Nähe von Barnes befanden.
Wir sahen in der verdunkelnden Ferne eine Gruppe von drei Leuten, welche eine Seitenstraße hinab dem Fluss zulief; sonst aber schien alles verödet. Im oberen Hügelviertel brannte die Stadt Richmond lichterloh; außerhalb Richmonds war keine Spur des schwarzen Rauches zu entdecken.
Plötzlich, als wir uns schon Kew näherten, kam uns eine Anzahl Leute entgegengelaufen, und, nicht hundert Yard von uns entfernt, sahen wir die Oberteile der Kriegsmaschine eines Marsmannes über die Hausdächer aufragen. Angesichts dieser drohenden Gefahr standen wir wie versteinert da, und hätte der Marsmann herabgeblickt, wären wir rettungslos verloren gewesen. Wir waren so entsetzt, dass wir nicht wagten, weiter zu gehen, sondern uns seitwärts wandten und uns in dem Verschlag eines Gartens versteckten. Leise vor sich hin weinend verkroch sich der Kurat und weigerte sich, wieder weiterzugehen.
Aber ich hatte mich so fest in den Gedanken, Leatherhead zu erreichen, eingesponnen, dass ich mir keine Rast erlaubte; und im Zwielicht wagte ich mich wieder hinaus. Ich schlug mich durch ein Gebüsch, das einen Laubengang entlang auf dem Grundstück eines großen Hauses lief und tauchte so auf der Straße, die nach Kew führte, wieder auf. Den Kuraten ließ ich im Verschlag, aber er hastete mir eilends nach.
Dieser zweite Aufbruch war das Aberwitzigste, was ich je unternahm. Denn es war offenbar, dass die Marsleute hier um uns herumschwärmten. Kaum hatte der Kurat mich eingeholt, als wir entweder dieselbe Kriegsmaschine, die wir früher gesehen hatten, oder eine andere, in ziemlich großer Entfernung, über die Wiesen in der Richtung nach dem Parkhause von Kew fahren sahen. Vier oder fünf kleine, schwarze Gestalten liefen über die grünlichgraue Fläche des Feldes vor ihr davon, und im Nu war es mir klar, dass der Marsmann sie verfolgte. Mit drei Schritten war er mitten unter ihnen und sie stoben nun nach allen Richtungen auseinander. Er gebrauchte nicht den Hitzestrahl, um sie zu vernichten, sondern las sie, einen nach dem anderen, auf. Ich glaubte zu erkennen, wie er sie in den großen, metallischen Behälter schleuderte, der hinter ihm vorragte, ganz so, wie ein Tragkorb, der über der Schulter eines Arbeiters hängt.
Zum ersten Male kam mir jetzt der Gedanke, dass die Marsleute noch andere Zwecke verfolgten, als die Vernichtung der besiegten Menschheit. Wir standen einen Augenblick lang wie versteinert da, dann kehrten wir um und flüchteten uns durch ein hinter uns befindliches Tor in einen von Mauern umgebenen Garten. In einem Graben, der sich zu unserem Glück dort vorfand, und in den wir mehr hineinstürzten, als hinabstiegen, hielten wir uns versteckt. Bevor nicht die Sterne am Himmel standen, wagten wir kaum flüsternd miteinander zu sprechen.
Ich glaubte, dass es nahezu elf Uhr nachts war, ehe wir genug Mut fassten, um abermals aufzubrechen. Diesmal aber wagten wir uns nicht mehr auf die Straße hinaus, sondern schlichen uns an Hecken entlang, oder durch Baumpflanzungen hindurch; dabei spähten wir scharf in die Dunkelheit nach den Marsleuten aus, die rings um uns herumzuschwärmen schienen. Der Kurat wachte zur Rechten und ich zur Linken. Einmal stolperten wir über eine versengte und rauchgeschwärzte Rasenfläche, die aus ausgekühlter Asche bestand, und taumelten über eine Anzahl menschlicher Leichname, deren Köpfe und Leiber grauenhaft verbrannt, deren Beine und Stiefel aber in den meisten Fällen unversehrt geblieben waren; dann stießen wir auf tote Pferde, die etwa fünfzig Fuß hinter einer Gruppe von vier zertrümmerten Geschützen und zerschellten Lafetten tagen.
Das Dorf Sheen war offenbar von der Zerstörung verschont geblieben, aber der Ort war still und verlassen. Hier trafen wir auf keine Toten, doch war die Nacht zu dunkel, um uns einen Einblick in die Seitengassen des Dorfes zu erlauben. In Sheen klagte mein Gefährte plötzlich über Schwäche und Durst; und so beschlossen wir, in eines der Häuser einzudringen.
Das erste Gebäude, das wir, nach einigen Schwierigkeiten mit dem Fenster, betraten, war ein kleines, halb freistehendes Landhaus; aber im ganzen Haus war nichts Essbares übriggeblieben, als etwas schimmliger Käse. Doch fanden wir Wasser, um unseren Durst zu löschen. Ich nahm noch ein Beil mit mir, das bei unserem nächsten Hauseinbruch von Nutzen zu sein versprach.
Nach einer Wegkreuzung gelangten wir an einen Platz, von dem die Straße nach Mortlake abbiegt. Hier nun stand ein weißes Haus in einem eingefriedeten Garten. In der Speisekammer dieses Hauses fanden wir Essvorräte — zwei Brotlaibe, in einer Schüssel ein rohes Stück Fleisch und einen halben Schinken. Ich gebe dieses Verzeichnis deshalb so genau an, weil es sich fügte, dass wir in den nächsten zwei Wochen von diesem Vorrat unser Leben zu fristen verurteilt waren. Einige Flaschen Bier standen