Название | H. G. Wells – Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Herbert George Wells |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962813628 |
»Sie sind die ersten Menschen, die ich auf dieser Straße heute Morgen gesehen habe«, sagte der Leutnant, »was ist denn eigentlich los?«
Seine Stimme und sein Gesicht waren erfüllt von Wissbegierde. Auch die Soldaten hinter ihm starrten uns neugierig an. Der Artillerist sprang über den Graben auf die Straße hinab und salutierte.
»Kanonen zerstört vorige Nacht, Herr Leutnant. Habe mich versteckt. Versuche, zur Batterie zurückzukommen, Herr Leutnant. Sie werden, wenn sie noch eine halbe Meile auf dieser Straße reiten, die Marsleute zu Gesicht bekommen, glaube ich.«
»Wie zum Kuckuck sehen die denn aus?«, fragte der Leutnant.
»Riesen in Rüstung, Herr Leutnant. Hundert Fuß hoch. Drei Beine und ein Rumpf wie Aluminium, mit einem ungeheuren Kopf in einer Kappe, Herr Leutnant.«
»Hören Sie doch auf!«, rief der Leutnant. »Was für ein verfluchter Unsinn!«
»Sie werden schon sehen, Herr Leutnant. Sie führen eine Art Kasten mit sich, der Feuer ausspeit und Sie totschlägt.«
»Was meinen Sie eigentlich — ein Geschütz?«
»Nein, Herr Leutnant«, und der Artillerist gab nun eine lebhafte Beschreibung des Hitzestrahls. Mitten in seiner Schilderung unterbrach ihn der Leutnant und blickte nach mir. Ich stand noch immer auf dem Damm neben der Straße.
»Haben Sie es gesehen?«, fragte der Leutnant.
»Es ist vollkommen wahr«, erwiderte ich.
»So«, sagte der Leutnant, »dann glaube ich, ist es wohl auch meine Pflicht, es anzusehen. Passen Sie auf« —- er wandte sich an den Artilleristen — »wir sind hier verteilt, um die Leute aus ihren Häusern zu schaffen. Sie tun am besten, wenn Sie sich beim Brigade-General Marvin melden und ihm alles berichten, was Sie wissen. Er ist in Weybridge. Weg bekannt?«
»Ich kenne ihn«, sagte ich. Er wendete sein Pferd wieder südwärts.
»Eine halbe Meile, sagen Sie?«, fragte er.
»Höchstens«, entgegnete ich und wies über die Baumwipfel nach Süden. Er dankte mir und ritt weiter. Wir haben sie nie wieder gesehen.
Etwas weiter stießen wir auf eine Gruppe von drei Frauen und zwei Kindern. Sie waren eifrig damit beschäftigt, die Hütte eines Taglöhners auszuräumen. Sie hatten sich einen kleinen Handwagen verschafft und beluden ihn mit unsauber aussehenden Bündeln und schäbigem Hausgerät. Sie waren viel zu eifrig am Werk, um uns anzusprechen, als wir vorübergingen.
Beim Bahnhof von Byfleet kamen wir aus den Fichtenbäumen heraus und fanden im Licht der Morgensonne das Land ruhig und friedlich. Wir befanden uns jetzt weit außerhalb des Bereiches des Hitzestrahls; wären nicht die große Stille und Verlassenheit in manchen Häusern gewesen, und das geschäftige Treiben und Packen in anderen, hätten wir nicht die kleine Gruppe von Soldaten gesehen, die bei der Eisenbahnbrücke stand und fortwährend nach Woking hinüberstarrte — es wäre ein Tag sehr ähnlich jedem anderen Sonntag gewesen.
Einige Bauernwagen und Karren bewegten sich ächzend auf der Straße, die nach Addlestone führt. Plötzlich bemerkten wir durch die Zauntüre eines Feldes, jenseits eines Streifens ebenen Wiesengrundes sechs Zwölfpfünder3 in gleichmäßigen Zwischenräumen aufgestellt und gegen Woking gerichtet. Die Kanoniere standen bei den Geschützen in Bereitschaft, und die Munitionswagen befanden sich in gefechtsmäßiger Entfernung. Die Leute standen da, als warteten sie auf augenblicklichen Befehl.
»Sehr gut!«, sagte ich. »Einen Schuss werden sie auf alle Fälle abbekommen.«
Der Artillerist zögerte an der Tür des Zauns.
»Ich gehe weiter!«, sagte er.
Weiterhin gegen Weybridge zu, gerade bei der Brücke, stand eine Anzahl Soldaten in weißen Arbeitsblusen und warf eine lange Schanze auf. Dahinter wieder einige Geschütze.
»Einerlei, das nenne ich Pfeil und Bogen gegen Blitze«, sagte der Artillerist. »Die haben den Feuerstrahl noch nicht gesehen.«
Die Offiziere, die nicht beschäftigt waren, standen da und blickten unverwandt über die Baumwipfel südwestwärts. Und die Mannschaft hielt alle Augenblicke mit dem Graben ein, um nach derselben Richtung zu starren.
Byfleet war in wilder Bewegung. Die Leute packten ein, und ein Trupp Husaren, einige zu Fuß, andere beritten, jagte sie durcheinander. Drei oder vier schwarze stattliche Wagen mit dem Kreuz in weißem Feld, und ein alter Stellwagen wurden nebst anderen Gefährten in der Dorfstraße beladen. Es waren Scharen von Leuten in den Straßen, die meisten von ihnen sonntägig genug gestimmt, um mit ihren besten Gewändern bekleidet zu sein. Die Soldaten hatten die größte Mühe, ihnen den Ernst ihrer Lage begreiflich zu machen. Wir sahen einen runzligen alten Gesellen mit einer riesigen Kiste und etwa zwanzig oder mehr Blumentöpfen mit Orchideen, wie er wütend einen Korporal anfuhr, der die Blumen zurücklassen wollte.
Ich blieb stehen und fasste ihn beim Arm.
»Wissen Sie, was dort drüben ist?«, fragte ich ihn und wies auf die Fichtenwipfel, welche die Marsleute verbargen.
»Was?«, sagte er und wandte sich um, »Ich habe eben auseinandergesetzt, wie kostbar diese Blumen sind.«
»Der Tod!«, schrie ich. »Der Tod kommt! Der Tod!«
Und indem ich es ihm überließ, das hinunterzuwürgen, so gut er konnte, eilte ich dem Artilleristen nach. An der Ecke blickte ich zurück. Der Soldat hatte ihn stehengelassen; aber er stand noch bei seiner Kiste und den Orchideentöpfen und starrte verständnislos über die Bäume hinweg.
Kein Mensch in Weybridge konnte uns sagen, wo das Hauptquartier aufgeschlagen war. Der ganze Ort befand sich in einem Zustand geräuschvoller Verwirrung, den ich selbst in Städten nie vorher gesehen hatte. Überall Karren und Wagen, die erstaunlichsten Zusammensetzungen von Fahrgelegenheiten und Pferdematerial. Die angesehenen Einwohner des Ortes, Männer in Golf- und Ruderkostümen, hübsch gekleidete Frauen, alle packten ein, von