Название | H. G. Wells – Gesammelte Werke |
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Автор произведения | Herbert George Wells |
Жанр | Языкознание |
Серия | Gesammelte Werke bei Null Papier |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783962813628 |
»Ja«, sagte Cavor, »wir wollen es versuchen.« Er wandte sich zu unserm Führer, lächelte, zeigte auf die Maschine, zeigte nochmals, zeigte auf seinen Kopf und dann wieder auf die Maschine. Aus irgendwelchen mangelhaften Schlüssen heraus schien er anzunehmen, gebrochenes Reden könne diese Gesten unterstützen.
»Mich ihm sehen«, sagte er, »mich ihm sehr hochhalten. Ja.«
Sein Benehmen schien die Seleniten in ihrem Verlangen, dass wir weitergehen sollten, einen Moment aufzuhalten. Sie wandten sich einander zu, ihre wunderlichen Köpfe bewegten sich, die zwitschernden Stimmen waren rasch und flüssig zu hören. Dann schlang einer von ihnen, ein hageres, großes Geschöpf, das außer der Kleidung der anderen eine Art Mantel trug, Cavor den Elefantenrüssel-Arm um die Hüften und zog ihn sanft unserm Führer nach, der wieder vorausging.
Cavor leistete Widerstand. »Wir können gerade so gut jetzt beginnen, uns verständlich zu machen. Sie könnten denken, wir sind neue Tiere, vielleicht eine neue Art Mondkalb! Es ist von höchster Wichtigkeit, dass wir von Anbeginn ein intellektuelles Interesse zeigen.«
Er begann heftig den Kopf zu schütteln. »Nein, nein«, sagte er, »ich eine Minute nicht weiter kommen. Mich ihn ansehen.«
»Gibt es nicht irgend etwas Geometrisches, was man à propos dieses Dings da zeigen könnte?«, schlug ich vor, als die Seleniten wieder konferierten.
»Vielleicht eine parabolische –« begann er.
Er schrie laut auf und sprang sechs Fuß hoch oder noch mehr.
Einer der vier bewaffneten Mondleute hatte ihn mit seinem Stachel gestochen!
Ich wandte mich mit einer raschen, drohenden Geste gegen den Stachelträger hinter mir, und er fuhr zurück. Das und Cavors plötzlicher Schrei und Sprung erstaunte klärlich alle Seleniten. Sie wichen hastig, uns zugewandt, zurück. Einen jener Momente lang, die ewig zu dauern schienen, standen wir in zornigem Protest da, mit einem zerstreuten Halbkreis dieser unmenschlichen Wesen um uns.
»Er hat mich gestochen!«, sagte Cavor mit stockender Stimme.
»Ich sah ihn«, antwortete ich.
»Zum Henker!«, sagte ich zu den Seleniten, »das lassen wir uns nicht gefallen! Für was auf aller Welt halten Sie uns?«
Ich blickte rasch nach links und rechts. In großer Ferne sah ich durch die blaue Höhlenwildnis eine Anzahl weiterer Seleniten auf uns zulaufen; breite und schlanke waren es, und einer hatte einen größeren Kopf als die anderen. Die Höhle erstreckte sich weit und niedrig hin und verlor sich nach allen Richtungen ins Dunkel. Ihr Dach, entsinne ich mich, schien sich wie unter dem Gewicht der ungeheuren Felsendicke, die uns gefangen hielt, herabzubauchen. Es gab keinen Weg hinaus – keinen Weg hinaus. Oben, unten, in allen Richtungen war das Unbekannte und diese menschlichen Geschöpfe mit ihren Stacheln und Gesten, die uns entgegenstanden, uns zwei wehrlosen Menschen.
15 – Die schwindlige Brücke
Nur einen Moment dauerte diese feindselige Pause. Ich glaube, sowohl wir wie die Seleniten vollführten einiges rasche Denken. Mein klarster Eindruck war der, dass nichts vorhanden war, wogegen ich den Rücken stellen konnte, und dass wir sicher würden umringt und getötet werden. Die überwältigende Narrheit unserer Anwesenheit dort ragte in schwarzem, ungeheurem Vorwurf über mir. Warum hatte ich mich je auf diese wahnsinnige, unmenschliche Expedition begeben?
Cavor kam an meine Seite und legte mir die Hand auf den Arm. Sein blasses und erschrecktes Gesicht sah in dem blauen Licht gespenstisch aus.
»Wir können nichts machen«, sagte er. »Es ist ein Irrtum. Sie verstehen uns nicht. Wir müssen mitgehen. Wie sie wollen, dass wir gehen.«
Ich blickte auf ihn nieder und dann auf die frischen Seleniten, die ihren Genossen zu Hilfe kamen. »Wenn ich nur die Hände frei hätte –«
»Es nützt nichts«, keuchte er.
»Nein.«
»Wir wollen mitgehen.«
Und er machte kehrt und führte in der Richtung, die uns angegeben war.
Ich folgte, indem ich versuchte, so unterwürfig auszusehen wie möglich, und tastete nach den Ketten um meine Handgelenke. Mir kochte das Blut. Ich sah nichts mehr von der Höhle, obgleich es lange Zeit zu dauern schien, ehe wir hindurchgegangen waren; oder wenn ich noch etwas sah, so vergaß ich es, während ich es sah. Meine Gedanken, glaube ich, waren auf meine Ketten und auf die Seleniten konzentriert, und besonders auf die behelmten mit den Stacheln. Erst gingen sie parallel mit uns und in achtungsvoller Entfernung, aber alsbald wurden sie von drei weiteren eingeholt, und da kamen sie näher, bis sie wieder in Armesweite waren. Ich zuckte wie ein geschlagenes Pferd, als sie uns nahe kamen. Der kürzere, dickere Selenit ging erst auf unserer rechten Flanke, kam aber dann wieder vor uns.
Wie gut sich mir das Bild dieser Gruppierung in das Gehirn gegraben hat: der Rücken von Cavors gesenktem Kopfe gerade vor mir, darunter seine niedergeschlagen hängenden Schultern, und dann das starrende Gesicht unseres Führers, das sich beständig ruckweise drehte, und die Stachelträger zu beiden Seiten, wachsam, aber mit offenem Munde – ein blaues Monochrom. Und schließlich erinnere ich mich doch noch einer Einzelheit außer der rein persönlichen Sache, und das ist, dass alsbald eine Art Gosse über den Boden der Höhle und dann seitwärts an dem Felsenpfade, dem wir folgten, entlang führte. Und sie war voll von demselben hellen, blauen, leuchtenden Stoff, der aus der Maschine floss. Ich ging dicht an ihm hin, und ich kann bezeugen, dass er kein Partikelchen Wärme ausstrahlte. Er leuchtete hell und war doch weder wärmer noch kälter als irgend sonst etwas in der Höhle.
Bum, bum, bum, kamen wir gerade unter den Hebeln einer zweiten riesigen Maschine durch, und so gelangten wir schließlich in einen weiten Tunnel, in dem wir sogar das Klipp-klapp unserer unbeschuhten Füße hören konnten, und der, abgesehn von dem rieselnden blauen Faden rechts von uns ganz unbeleuchtet war. Die Schatten machten auf der unregelmäßigen Wand und dem Dache des Tunnels gigantische Travestien aus unseren Gestalten und denen der Seleniten. Hin und wieder blitzten Kristalle in den Tunnelwänden wie Edelsteine, hin und wieder erweiterte sich der Tunnel zu einer Tropfsteinhöhle, oder er gab Zweige ab, die ins Dunkel verschwanden.
Wir schienen den Tunnel eine lange Zeit hinabzugehen. »Tripp, tripp«, lief das fließende