Sophienlust Paket 3 – Familienroman. Patricia Vandenberg

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Название Sophienlust Paket 3 – Familienroman
Автор произведения Patricia Vandenberg
Жанр Языкознание
Серия Sophienlust Paket
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783740959937



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Abend einen sehnsüchtigen Blick auf den Briefkasten zu werfen, um dort eines der fröhlichen Lebenszeichen von Robin zu entdecken. Nach vielen begeisterten Berichten aus Sophienlust waren Robins Briefe seltener geworden, ohne dass sie etwas von ihrer Herzlichkeit und Anhänglichkeit eingebüßt hatten.

      Barbara lächelte, als sie den Briefkasten aufschloss. Robin hatte also doch schon wieder geschrieben. Sie betrachtete die etwas sorglos hingekritzelte Adresse liebevoll und stieg in den Lift.

      Ein Brief von Robin hatte in letzter Zeit immer zur Folge, dass Thomas Platen sie anrief. Die beiden Jungen schienen sich immer gemeinsam an ihr Schreibpult zu setzen, um nach Hause zu schreiben. Dadurch kam es gelegentlich zu langen zwanglosen Gesprächen zwischen Kais Vater und ihr.

      Barbara betrat ihre stille Wohnung. Sie legte Handtasche und ihr Einkaufsnetz beiseite und öffnete den Briefumschlag. Aber noch während ihre Augen über die Zeilen hinwegglitten, überkam sie eine so große Sehnsucht, dass sich ein Schleier vor ihren Blick legte.

      So, als fühle sie sich beobachtet, wischte sie die Tränen verstohlen fort. Robin hatte mit vielen gemalten Herzchen geendet. Doch ganz unten stand ein Satz, der ihr den Atem nahm.

      ›Hier ist es wunderschön, Mami. Aber hast du mich auch noch lieb?‹

      Barbara schluckte. Langsam faltete sie den Briefbogen zusammen, als könnte es ihr wehtun, diesen Schlusssatz noch länger zu betrachten. Sie erhob sich und bereitete ihr Abendessen. Durch die offene Balkontür drang das fröhliche Kreischen spielender Kinder zu ihr. Barbara schloss die Tür. Sie konnte die Stimmen dieser glücklichen jungen Menschen jetzt nicht ertragen. Sie fühlte sich einsam. Ihr Sohn fehlte ihr unsagbar.

      Seit Robin fort war, hatte Peter Knoll sie immer wieder enttäuscht. Er nahm nur seinen abendlichen Trunk bei ihr ein und kümmerte sich sonst überhaupt nicht um sie. Sie war nun unglücklicher als je zuvor, wusste aber, dass sie mit keinem darüber sprechen konnte.

      Das Telefon klingelte. Barbara eilte über den Korridor. Es konnte nur Thomas Platen sein, der sich erkundigen wollte, ob auch sie einen Brief von Robin erhalten habe.

      Aber statt der ruhigen Stimme des Bauunternehmers meldete sich die aufgeregte Stimme Peter Knolls.

      »Ich muss dich sofort sprechen, Barbara«, erklärte er. »Du musst mir helfen.«

      Einige Minuten später war er schon bei ihr. Er sah müde und abgehetzt aus. Sein blondes Haar klebte an seinen Schläfen, unter seinen Augen zeichneten sich dunkle Ringe ab.

      »Ich bin in eine geschäftliche Klemme geraten«, erzählte er ihr mit hastigen Worten. »Ich brauche für einige Tage eine größere Summe Geldes …«

      Barbaras Liebe zu ihm war geringer geworden. Aus der Leidenschaft, die sie zu diesem charmanten Mann empfunden hatte, war Gleichgültigkeit geworden. Es war nur die Angst vor dem Alleinsein, die sie noch mit ihm verband.

      »Handelt es sich um die Motorjacht, Peter?«

      Weil sie es so gewohnt war, bot sie ihm Cognac an. Peter kippte drei Gläser hintereinander herunter, bevor er antwortete: »Ja. Ich muss sofort nach Marseille. Ich habe die Jacht zusammen mit einem Geschäftspartner bestellt. In drei Tagen muss die erste Rate auf dem Tisch der Werft liegen, sonst wird das herrliche Schiff an einen anderen Kunden verkauft.«

      »Und dein Partner? Wolltet ihr euch nicht den Betrag teilen?«

      Peter fuhr sich mit beiden Händen gleichzeitig über sein Haar. Es war eine Geste der Verzweiflung, die sie noch nie bei ihm gesehen hatte.

      »Doch, doch«, keuchte er. »Aber nun ist er momentan nicht zahlungsfähig. Wenn ich die Jacht für uns erhalten will, muss ich die Anzahlung ganz allein bestreiten.«

      Barbara setzte sich. Zweifelnd sah sie ihn an. »Warum lässt du die Jacht nicht zurückgehen, Peter? Wenn du nicht genug Geld hast, um sie allein zu bezahlen, wäre das doch vernünftig.«

      »Vernünftig schon, Barbara. Aber meine Pläne, die ich für dich und Robin gemacht hatte, wären damit auch geplatzt.« Er sah sie an, als erwarte er einen Freudenschrei von ihr. Aber Barbara gab sich kühl, obwohl ihr Herz heftig schlug. Er hatte also doch an sie gedacht. Und nicht nur an sie, sondern auch an Robin.

      »Welche Pläne?«, fragte sie zurückhaltend.

      Peter Knoll war geschickt. Jetzt plötzlich fiel alle Nervosität von ihm ab. Dafür umschmeichelte ein unschuldiges Lächeln seinen breiten Mund.

      »Robin und du, ihr gehört doch dazu. Ich wollte euch in den Ferien auf eine Kreuzfahrt einladen.« Blitzartig verdüsterte sich sein Gesicht. »Aber nun fällt ja wohl alles ins Wasser, außer du …«

      Barbara schloss die Augen. Vor ihr stieg ein Bild auf, dessen Schönheit sie erregte. Robin und sie waren auf einer Motorjacht, im herrlichen Sonnenschein des Südens, auf dem blauen Wasser.

      »Wann brauchst du das Geld, Peter? Und wie viel?«

      Er nannte eine nicht unbeträchtliche Summe, und sie wusste, dass sie einen Kredit aufnehmen musste, um ihm die Summe vorstrecken zu können. Trotzdem sagte sie zu. Als Peter sie kurz darauf verließ, fühlte sie sich nicht einmal durch die Verantwortung belastet. Sie spürte, dass ihr Versprechen sie näher an das Glück heranbrachte. An das Glück mit Robin und Peter.

      Barbara setzte sich hin und schrieb einen langen zärtlichen Brief an Robin. Sie vermied es aber, die Sommerpläne zu erwähnen. Dafür berichtete sie ihm mit einfachen einfühlsamen Worten von seinen Fischen, von den Jungen aus seiner Schule, die sie im Schwimmbad gesehen hatte und von dem neuen Fußballplatz, der ganz in der Nähe der Wohnung gebaut worden war.

      Es war gegen zehn Uhr, als es klingele und Thomas Platen eintrat. Er sah ebenfalls niedergeschlagen aus. Mit müden Bewegungen ließ er sich auf dem weichen Sofa nieder, als könnte er sich hier endlich ausruhen.

      »Meiner Frau geht es nicht gut, Frau Wirthner. Ich kann sie in diesem Zustand nicht allein lassen.« Dabei holte er einen Brief von Kai aus der Tasche seines leichten Sommerjacketts. Sein Gesicht drückte Stolz und Freude aus. »Sie sind sehr glücklich, unsere Jungen«, berichtete er strahlend. »Meine Idee war richtig. Sophienlust hat wieder gesunde, natürliche Kinder aus ihnen gemacht.«

      Barbara sah ihn skeptisch an. »Ich verstehe Sie nicht, Herr Platen. Auch ich freue mich über Robins Berichte. Aber warum sagen Sie, Sie können Ihre Frau nicht allein lassen?«

      »Weil ich Kai versprochen hatte, ihn vor den Sommerferien zu besuchen.«

      »Aber wir haben gerade erst Pfingsten hinter uns, Herr Platen.«

      Er sah sie einen Moment lang fast bittend an. Ob sie ihn verstand, wenn er zugab, wie viel Sehnsucht er nach seinem Jungen hatte?

      »Es ist noch eine lange Zeit bis dahin, Frau Wirthner. Bitte, besuchen Sie unsere Söhne. Kai wird sich genauso über Ihren Besuch freuen.« Er beugte sich vor und erfasste ihre Hand. »Bitte, wenn Sie es irgendwie einrichten können, dann fahren Sie hin.«

      Barbara presste die Lippen aufeinander. Auch sie sehnte sich ja so nach Robin. Ob sie es ihm gestehen sollte?

      »Gut«, antwortete sie nach einer Weile. »Ich werde nächstes Wochenende hinfahren, wenn ich alles andere erledigt habe.«

      »Alles andere? Haben Sie Probleme, die ich Ihnen abnehmen kann?«

      Eine leichte Röte überzog ihr hübsches Gesicht. Sie schüttelte schnell und heftig den Kopf. Nein, sie hatte keine Probleme. Sie brauchte Geld, und das würde sie sich schon beschaffen. Während sie ihn wortlos ansah und gezwungen lächelte, fiel ihr ein, wie schön es wäre, wenn auch Kai die Kreuzfahrt auf der Jacht mitmachen könnte.

      »Wann erwartet Ihre Frau das Baby?«, fragte sie.

      »In zwei Monaten, Frau Wirthner. In den Ferien hat Kai schon sein Brüderchen.«

      Barbara nickte. Ja, wenn Kai sein Brüderchen haben würde, würde sie Robin mit der Fahrt auf dem Mittelmeer überraschen können. Beschwingt schritt sie durch das Zimmer an ihren kleinen alten Sekretär. Dort lag Robins Brief.