Ostfriesenspieß. Wolfgang Santjer

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Название Ostfriesenspieß
Автор произведения Wolfgang Santjer
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839264621



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sah er das Gesicht seiner Frau, flüsterte ihren Namen.

      *

      Gerd Hasler saß hinter dem Lenkrad des Transporters. Er zwang sich, ruhig zu bleiben, und dachte über die neue Situation nach. Sie hatten verdammtes Glück gehabt, dass der Polizist alleine unterwegs war. Wieso musste der auch so hartnäckig sein? Der Beamte hatte das verfälschte Kennzeichen des Wohnmobils bemerkt. Gerd hatte handeln müssen, sonst wäre alles vorbei gewesen.

      Lisa sollte zur Halle fahren. Die Ereignisse des Tages waren zu viel für sie gewesen. Er durfte sie nicht überfordern.

      Tag 4, 03.45 Uhr

      Unterwegs vom Grenzübergang Ndl. (A 280)-AD Bunde-Weener-Emstunnel-Leer-West (A 31)

      Onno Elzinga und Klaas Leitmann saßen im Streifenwagen der Autobahnpolizei, einem Bulli. Die Kollegen fuhren gerne damit. Klaas Leitmanns Rücken freute sich über die gerade Sitzposition.

      Die Ausrüstung, die Onno für sein Fachgebiet, den Schwerlastverkehr, mitschleppte, passte auch besser in den Bulli als in den Mercedes Kombi oder den Audi A6. Der kleine Tisch war außerdem praktisch, wenn man mit dem Laptop arbeitete oder mehrere Schaublätter vom analogen Kontrollgerät auswertete.

      Allerdings war der Bulli deutlich langsamer als die anderen Streifenwagen. Die Kollegen waren sich aber einig, dass die Vorteile überwogen.

      Vor ihnen fuhren das Begleitfahrzeug, ein sogenanntes BF3, und zwei Sattelzugmaschinen mit Tiefladeraufliegern, darauf zwei schwere, überbreite Transformatoren.

      Die drei Fahrzeuge vor ihnen hatten das gelbe Rundumlicht eingeschaltet. Auf dem Dach des Einsatzbullis drehten sich die beiden Blaulichter. Es war schon spät, nur noch drei Stunden bis zum Ende des Nachtdienstes. Die Lichtreflexe schmerzten in Onnos Augen.

      Den Transport hatten sie an der Grenze übernommen. Die Begleitstrecke verlief von der Bundesgrenze bis zum Dreieck Bunde, über die A31S an der Anschlussstelle Weener vorbei bis hinter dem Emstunnel. An der AS Leer-West, gleich nach dem Tunnel, war die Begleitung durch die Polizei nicht mehr vorgeschrieben.

      Klaas hatte die Leselampe über dem Beifahrersitz eingeschaltet. Im Notizbuch sortierte er die schon durchgeführten Schwertransportbegleitungen der Nacht.

      Onno warf ihm einen Seitenblick zu. »Na, steigst du noch durch? Ich bin froh, wenn wir die Nacht rum haben. Schön in die Heia und nichts mehr hören und sehen.«

      »Wenn man denn schlafen kann.« Klaas unterdrückte ein Gähnen. »Kann dir auch passieren, dass du dich um 10 Uhr morgens immer noch schlaflos von einer Seite auf die andere drehst. Mittags stehst du dann wütend auf. Den ganzen Tag Matsche im Kopf.«

      »Stimmt. Alte Männer wie wir gehören zu einer gewissen Zeit ins Bett.« Er beobachtete, wie der Schwerlast-Konvoi einige Kilometer vor dem Tunnel vom Hauptfahrstreifen in die Mitte der Autobahn fuhr. Das BF 3 schaltete auf dem Dach das Lichtzeichen für Überholverbot ein.

      Als sie am Rastplatz Rheiderland vorbeifuhren, sah Onno kurz auf die andere Seite der Autobahn. Für einen Moment glaubte er, ein eingeschaltetes Blaulicht gesehen zu haben. Oder spielten ihm seine übermüdeten Augen einen Streich? »Klaas, hast du auf der anderen Seite auch ein Blaulicht gesehen?«

      Klaas unterbrach seine Notizen und sah Onno fragend an. »Blaulicht … Ich seh nur noch Lichter. Sorry, negativ.«

      In der rechten Ablage des Bulli klingelte das Diensthandy. Klaas sah auf das Display, es war die Wache. Er meldete sich. »Leitmann!«

      Die Stimme des Wachhabenden Mark Rode am anderen Ende der Leitung klang säuerlich. »Klaas, ich kann Rolf Berger ums Verrecken nicht erreichen. Ihr müsst jetzt den Transport von Rolf übernehmen.« Mark hörte, dass Klaas ihn unterbrechen wollte. »Klaas, es geht nicht anders. Also: einmal von Leer-Ost bis zur großen Maschinenfabrik!«

      Inzwischen war der Konvoi in den Emstunnel eingefahren. Die Tunnelwände reflektierten die gelben und blauen Lichtblitze. Onno schaltete den rechten Blinker ein.

      Klaas knurrte. »Onno, bleib auf der Bahn. Wir müssen noch einen Transport in Leer-Ost übernehmen. Mark kann Rolf nicht erreichen. Wir sollen einspringen.«

      »Oh nee! Klaas, nicht noch einen!«

      »Ent-schul-di-gung!« Klaas hob die Arme und wackelte mit dem Kopf.

      Die anschließende Begleitung war Routine. Jetzt musste nur noch der lästige Papierkrieg erledigt werden.

      Tag 4, 05.00 Uhr

      Auf der Dienststelle erwartete sie ein beunruhigter Mark Rode. »Ich mach mir echt Sorgen. Rolf hat sich seit einer Ewigkeit nicht mehr gemeldet. Erreichen kann ich ihn auch nicht!«

      Das war absolut untypisch. Rolf war die Zuverlässigkeit in Person.

      »Vielleicht ist er zu einer anderen Dienststelle gefahren. Quatscht bei einer Tasse Kaffee über alte Zeiten«, schlug Klaas vor.

      Sie telefonierten mit allen Dienststellen in der Nähe, die noch besetzt waren, von der Bundespolizei bis zu den Kollegen von der Georgstraße. Alles negativ, Rolf Berger war nicht gesehen worden.

      Dann gingen sie noch einmal gemeinsam alle Einsätze der Nacht durch. Schichtleiter Mark Rode sah sich alle Genehmigungen für die durchgeführten Schwertransportbegleitungen an. »Rolf hatte als letzten Einsatz eine Tunnelbegleitung in Richtung Niederlande.«

      »Wie sollte es dann weitergehen?«, fragte Onno. »Ich meine, die nächsten Transporte für Rolf?«

      Mark Rode rieb sich die Augen. »Als Einbaum sollte er die kurzen Transporte übernehmen. Ja, warte mal …« Er versuchte, seine eigene Schrift in der Wachkladde zu entziffern. »Hier, ich hab es gefunden. 3.10 Uhr: Begleitung vom Tunnel zu den Kavernen nach Jemgum. Da konnte ich ihn schon nicht mehr erreichen. Den Transport haben die Kollegen von der Georgstraße übernommen.«

      Onno schloss die Augen. »Rolf hat bestimmt beim Tunnel auf den nächsten Transport gewartet.« Er konnte sich nur schwer konzentrieren. Der Nachtdienst forderte Tribut. Er stellte sich vor, wie Rolf Berger mit dem Streifenwagen auf Warteposition hinter dem Tunnel stand. Gleich dahinter in Richtung Niederlande befand sich der Parkplatz Rheiderland. Jetzt fiel es ihm wieder ein. »Klaas, das Blaulicht auf der Gegenfahrbahn!«

      Klaas sah ihn fragend an. »Blaulicht? Onno, was meinst du denn?«

      »Mark, hatten wir noch einen Einsatz am Rastplatz Rheiderland?«, fragte Onno.

      Der Schichtleiter ärgerte sich, weil er nicht wusste, was Onno von ihm wollte. »Nee, Onno, hatten wir nicht. Was soll die Frage?«

      »Als wir den vorletzten Transport hatten«, erklärte Onno, »du weißt schon, vom Grenzübergang bis zum Tunnel …«

      »Ja, ich weiß. Was hat das mit Rolf zu tun?«

      »Lass mich ausreden. Kurz vorm Tunnel, also Höhe Parkplatz, habe ich auf der anderen Seite ein Blaulicht gesehen. Komm mit, Klaas, wir fahren da jetzt hin.«

      In Rekordzeit durchfuhren sie den Tunnel. Schon bei der leichten Rechtskurve sahen sie das Blaulicht.

      »Scheiße, Onno«, sagte Klaas. »Ich glaube, du hast recht.«

      Tag 4, 05.15 Uhr

      Der querstehende Streifenwagen blockierte die Zufahrt zum Parkplatz. Kein Zweifel, das war der Mercedes-Kombi, mit dem Rolf unterwegs war. Die Kollegen stiegen aus und rannten zu seinem Streifenwagen.

      Irgendwie