Название | Mary und das Geheimnis der Kristallpaläste |
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Автор произведения | Elfriede Jahn |
Жанр | Учебная литература |
Серия | |
Издательство | Учебная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9783951981307 |
„Wozu sind Träume dann gut?“, fragte Doff Troy.
„Träume sind Geschenke deiner Seele. An deine wichtigen Träume wirst du dich erinnern, wenn es notwendig ist“, sagte Troy und das klang ein wenig geheimnisvoll.
Auch Mary hatte eine Frage: „Sind wir hier die einzigen Gäste?“ Außer dem Mann an der Rezeption hatten sie niemanden gesehen und in der Herberge war es seltsam still. „Zu still“, dachte Mary.
„So hat es den Anschein“, sagte Troy vage und stand auf.
An der Rezeption gaben sie ihre Pässe und Zimmerschlüssel ab. Als sie gut gelaunt auf die Straße hinaustraten, stand die Nachmittagshitze wie eine Wand vor ihnen. Sie hielten sich im Schatten der Häuser und erreichten nach nur wenigen Schritten den Marktplatz. Um Marktstände, die Lebensmittel, Obst und Gemüse anboten, drängten sich Frauen, die Kopfschleier trugen, und Männer mit von Wind und Wetter gegerbter Haut, alle bärtig und mit verschiedenfarbigen Kappen, aber auch Pakistani und Touristen in europäischer Kleidung.
Mary und Troy gingen voraus. Mary hatte ihr blondes glänzendes Haar unter ihrer Schirmmütze verborgen, wodurch sie beinah knabenhaft und jünger wirkte. Dennoch streiften sie hin und wieder verstohlene Männerblicke, was Larry wütend machte. Ihm fiel jedoch auch auf, dass die Blicke der Männer, sobald sie Troys Augen begegneten, seltsam leer wurden ... fast so, als ob ihre Gedanken jäh gelöscht würden.
„Ich bin gut beschützt“, dachte Mary, die eine aufmerksame Beobachterin war. Wie schon am Flughafen lag wieder eine kleine Insel der Ruhe, auf die nicht einmal eine Rasselbande bettelnder Jungen vordringen konnte, um Troy. Aus großen Augen starrten sie den vier Fremden nach, bis sie von der wogende Menge verschluckt wurden. Die ließen gerade den Markt hinter sich und kamen auf eine breite Allee mit hohen blühenden Bäumen.
„Was duftet hier denn so gut?“, fragte Larry, und Troy erklärte ihm: „Das sind besondere Feigenbäume, die nur hier wachsen und bis zu zehn Meter hoch werden.“
„Feigen gab es schon im alten Ägypten.“ Larry wandte sich Doff zu, den Feigen überhaupt nicht interessierten.
„Richtig, Larry“, bestätigte Troy. „In vielen Ländern sagt man der Feige nach, dass sie vor Behexung und dem bösen Blick schützt.“
Und Doff rief: „Und denk mal an das Feigenblatt von Adam und Eva.“
Troy schmunzelte. „Jedenfalls schmeckt sie süß und ist eine begehrte Delikatesse, wenn sie reif ist.“
„Kann man Feigen in Schokolade tunken?“, wollte Doff wissen.
„Nichts ist unmöglich. Halt einfach die Augen offen.“
Doff verdrehte die Augen. Bislang hatte er nichts gesehen, was ihn interessierte. Fortan hielt er aufmerksam nach einschlägigen Geschäften Ausschau. Sie hatten die breite, stark befahrene Straße überquert und tauchten in eine schattige Nebengasse ein. Larry spitzte die Ohren. Er konnte Stimmengewirr hören und das Gackern von Hühnern.
„Wieder ein Markt?“, fragte er.
Troy nickte. „Das ist allerdings kein gewöhnlicher Markt, sondern der älteste Basar der Stadt.“
„Cool!“, flüsterte Doff, und Mary und Larry staunten ebenfalls.
Die Eindrücke – die Farben, die Gerüche und die Geräusche – waren überwältigend. Dies schien endlich ihre Vorstellung von einer orientalischen Stadt zu treffen. Viele Menschen waren auf dem Platz unterwegs und die Gesichter der Männer waren verwegen, die Kleider der Frauen bunt ... und zwischen all diesen Gestalten meckerten Ziegen und blökten Schafe. Fasziniert folgten die drei Troy, vor dem sich, wie Larry auffiel, die Menge wie selbstverständlich teilte. Mary wusste nicht, wohin sie zuerst schauen sollte. Da priesen Händler lautstark lebende Hühner an, dort schnitt ein Barbier in seinem Laden Haare und trimmte Bärte. An den Türläden baumelten blitzende Kupferkessel und Küchenutensilien, kostbare Teppiche und Lederwaren. Im Café tranken Männer Milchtee, spielten Schach oder unterhielten sich. Kleine Gewürzberge in allen Farbschattierungen, vom sandigen Safran bis zum blutroten Chili, verströmten ein betörendes Aroma, das sich mit dem feinen Duft von Rosenwasser und von blühenden Zweigen vermischte, und das Stimmengewirr war ohrenbetäubend laut. Plötzlich war inmitten der wogenden Menge der klagende Ton einer Flöte zu hören. Neugierig folgten die drei Freunde Troy. Wieder teilte sich die Menge vor ihm und gab den Blick auf den Flötenspieler, einen hageren, bärtigen Mann, der einen weißen Turban trug, frei. Zu seinen Füßen stand ein Korb, aus dem sich eine Königskobra aufrichtete, deren Kopf sich rhythmisch hin und her zu wiegen schien.
„Ein Schlangenbeschwörer“, hauchte Doff ehrfürchtig und wich einen Schritt zurück.
„Hab dich nicht so“, flüsterte Larry. „Die ist ohnehin zahm.“
„Woher willst du das wissen?“, fragte Doff und sprang entsetzt zur Seite, denn neben ihm war ein Mann aufgetaucht, der Mary eine Schlange um den Hals legte.
Mary hatte keine Angst vor Schlangen, seit sie vor Jahren in einem Wanderzoo einen Python berührte und dabei gefühlt hatte, wie gut sich das Reptil anfühlte. Der Mann, der sie erschrecken wollte, nahm Mary enttäuscht die Schlange von der Schulter und sah sich nach einem neuen Opfer um. Larry und Doff hatten bereits die Flucht ergriffen. Nur Troy war stehen geblieben. Er lächelte so zufrieden, dass Mary das Gefühl hatte, dass sie gerade eine Probe bestanden hatte. Larry wartete nur wenige Schritte entfernt auf die beiden, aber Doff konnten sie nirgendwo entdecken. Schließlich fanden sie ihn vor einem Stand mit Süßigkeiten.
„Doff, deine Lieblingsschokolade von Zotter gibt es zwar schon weltweit, doch bis nach Pakistan ist sie noch nicht vorgedrungen“, witzelte Larry.
Tatsächlich starrte Doff wie gebannt auf in Honig getränkte Pralinen, während er darüber rätselte, aus was sie wohl gemacht waren. Troy legte ihm fest die Hand auf die Schulter.
„Zuerst müssen wir unsere Kleidung den Gebräuchen des Landes anpassen“, sagte er und schob den enttäuschten Doff energisch weiter.
Der Schlangengürtel
Die nächste Stunde wühlten sich die drei an einem Stand mit Kleidern durch ein riesiges Angebot an Hosen, Hemden und Kaftans aus reiner Baumwolle. Larry war der Erste, der fündig wurde: Er hatte sich für eine Pluderhose entschieden, die einfarbig und hell, leicht und praktisch war. Dazu passte ein weißes, locker sitzendes Hemd, das ihm fast bis zu den Knien reichte.
Mary musste lachen. „Abgesehen davon, dass dir alles drei Nummern zu groß ist, siehst du hübsch aus.“
Larry, der sich in einem fast blinden Spiegel betrachtete, gefiel sich in seinem neuen Outfit so gut, dass er, der doch sonst eher ernsthaft war, übers ganze Gesicht strahlte, und Mary verkniff sich lieber eine weitere Bemerkung. Der Händler, ein kleiner, wieselflinker Mann, breitete unermüdlich Hosen und Hemden vor Doff aus und redete dabei wie ein Wasserfall auf ihn ein. Mary kam Doff und dem Händler, der schon zu verzweifeln drohte, zu Hilfe. Nach langer Suche fand sie ein Hemd, das Doff nicht zu lang und nicht zu eng war. Doff hatte jedoch seine eigenen Vorstellungen. Er bestand auf einer in grellem Grün und Gelb gemusterten Tunika, die über seinem Bauch spannte, und einer Hose, die ihm nur knapp bis unters Knie reichte.
Mary prustete los, weil der Verkäufer Doff gerade einen der roten Filzkappen auf das abstehende, rote Haar stülpte. Wortlos schob Mary Doff vor den Spiegel. Aber der gefiel sich, wie er war, und so ließ er sich nicht davon abhalten, diese auffallende Kleidung zu kaufen. Für sich selbst suchte Mary einen himmelblauen Kaftan aus. Der Verkäufer beschwatzte Mary und reichte ihr einen dazu passenden Seidenschal. Sie nahm die Schirmmütze ab, schüttelte das Haar aus, und knotete es mit dem Tuch im Nacken zusammen.
„Wie sehe ich aus?“, fragte sie und drehte vor dem Spiegel eine Pirouette.
„Wie eine Prinzessin“, staunte Doff beeindruckt, während Larry kritisierte: „Da hätten wir ja beide Platz drin!“ Dabei