Hanseschwestern - Historical Romance Sammelband 6020: 3 Romane. Alfred Bekker

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Название Hanseschwestern - Historical Romance Sammelband 6020: 3 Romane
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Короткие любовные романы
Серия
Издательство Короткие любовные романы
Год выпуска 0
isbn 9783745212594



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ich bitte sogar darum!“, entgegnete sie reflexartig.

      Die Worte waren ihr über die Lippen geflossen, ohne dass sie wirklich darüber nachgedacht hatte. Sie wusste ja immer noch nicht, worum es hier eigentlich ging, und deshalb fügte sie noch rasch hinzu:

      „Schon seltsam, dass du dich so lange nicht mehr hast blicken lassen...“

      „Ja, gewiss, so muss es dir wohl vorkommen, aber es gab Gründe dafür.“

      „Worauf ich sogar wetten würde! Na, da bin ich aber mal ganz besonders gespannt. Gründe mithin, die letztlich für diese miese Laune sorgten, die du zu diesem unerwarteten Treffen mitgebracht hast? Ich meine, das letzte Mal warst du noch wesentlich fröhlicher erschienen.“

      „Ich weiß. Das war ja auch auf deinem kleinen Fest. Da gab es allen Anlass zur Fröhlichkeit.“

      „Das ist ja auch der Sinn meiner kleinen aber feinen Festlichkeiten, nicht wahr? Aber danke, dass du mich daran erinnerst: Was ist denn danach so Schlimmes vorgefallen, dass du keine Zeit mehr hattest für deine beste Freundin und jetzt so tust, als würde es glatt um Leben und Tod gehen?“

      „Das geht es ja auch tatsächlich, genau genommen!“, betonte er ernst. „Nicht die ganze Zeit über schon, sondern eigentlich erst seit heute.“

      „Die Neugierde steigt!“, vermeldete sie ungerührt.

      Er schluckte schwer, ehe er hervorstieß:

      „Ich – ich habe auf deinem kleinen Fest – äh - jemanden kennengelernt.“

      „Aha? Und das sorgt jetzt für diese miese Stimmung bei dir oder was?“

      „In Grunde genommen schon, denn dieser Jemand...“

      Er machte eine Pause, während der er anscheinend erst nach Worten suchen musste, ehe er fortfahren konnte.

      Und dann brachte er ziemlich mühsam und ein wenig stockend hervor:

      „Ich – ich habe nämlich – äh - auf deinem Fest Adele Brinkmann kennengelernt!“

      „Nicht wahr!“, rief sie entsetzt aus und schlug sogleich erschrocken die Hand vor den Mund. Hoffentlich war das jetzt nicht zu laut gewesen. Nicht dass sie dadurch bei ihrer Heimlichtuerei erwischt wurden. Zwei beinahe schon erwachsene Kinder aus bestem Hause, die sich nächtens in eine dunkle Ecke drückten? Das würde ordentlich für Ärger sorgen. Und dabei würde es sicherlich nicht bleiben.

      Verstohlen sahen sich beide um, doch da war anscheinend niemand außer ihnen. Noch nicht einmal einer der Nachtwächter, die hier in der Gegend patrouillierten, um nicht nur als Rufer der Stunde zu fungieren, sondern vor allem die Obrigkeit von Hamburg vor Übergriffen zu schützen.

      Überhaupt war die Einbruchsrate hier äußerst niedrig. Nicht nur dank der Nachtwächter, sondern auch deshalb, weil sich die Hansekaufleute durchaus auch selber zu schützen wussten. Da war kein Herrschaftshaus ohne entsprechendes Personal. Und so war die Rolle der Nachtwächter meist eben doch auf die Kontrolle der Petroleumlampen und die Ansage der jeweils vollen Stunde beschränkt.

      Obwohl sie durchaus bereit waren, einzugreifen, sobald es erforderlich erschien. Und sei es auch nur, Hansekinder einzufangen, die um diese Zeit außerhalb der Häuser nichts mehr verloren hatten.

      Dinge, die Gordula kurz durch den Kopf gingen, ehe sie sich auf die nächsten Worte Johanns konzentrierte.

      Es war für sie schon ziemlich erstaunlich, dass er überhaupt Adele Brinkmann im Zusammenhang mit ihrem Fest erwähnte. Sie war ihr ja überhaupt nicht aufgefallen. Und ausgerechnet Johann Wetken, sozusagen der Thronerbe der Wetken-Gilde, ließ sich auf eine echte Brinkmann ein?

      Das klang zu schlimm in ihren Ohren, um wirklich wahr zu sein. Eigentlich. Und doch schien es tatsächlich so zu sein, wie Johann auch noch sich zu bekräftigen bemühte:

      „Ich habe mich sehr gut mit ihr unterhalten“, beschrieb er es in verdächtig schwärmerischem Tonfall. „Und daher haben wir uns in der Folgezeit eben – äh - mehrmals heimlich getroffen.“

      Jetzt war es heraus. Endgültig.

      Gordula riss schreckensweit ihre Augen auf und konnte nicht verhindern, dass ihr außerdem auch noch regelrecht die Kinnlade herunterklappte.

      Also, wenn sie gedacht hätte, nichts könnte sie mehr überraschen oder gar noch mehr erschüttern, war sie soeben drastisch eines Besseren belehrt worden.

      Wer die Zusammenhänge kannte – und Gordula gehörte eindeutig zu den Eingeweihten -, hätte genau dieses halt niemals für möglich gehalten. Dass überhaupt Adele Brinkmann mit dabei gewesen war, erstaunte sie schon im höchsten Maße, aber dass sie dann ausgerechnet mit Johann Wetken angebandelt hatte? Das hatte sie tatsächlich gewagt?

      Und dann Johann Wetken, der doch eigentlich noch vor dem Fest so getan hatte, als würden sie beide, er und Gordula nämlich, sich besonders gut verstehen, dass sie sich regelrecht in Freundschaft verbunden fühlten, was an sich schon in den Augen der Erwachsenen ein schlimmes Vergehen darstellte, weil sie das niemals hätten verstehen können... Und genau dieser Johann Wetken ließ sich seinerseits auf eine echte Brinkmann ein?

      Nicht wahr!

      Gordula fehlten ausnahmsweise die Worte. Sie hatte sichtlich Mühe, das alles erst einmal zu verarbeiten. In ihrem hübschen Kopf herrschte das reinste Chaos.

      Wenn sie allein nur die ungeheuerliche Tragweite von all dessen in Betracht zog...

      Johann ließ ihr die Zeit, die sie benötigte. Nicht jedoch ohne noch zu beteuern:

      „Ich wollte das alles nicht. Adele sicherlich genauso wenig. Es ist halt einfach passiert. Wir konnten uns nicht dagegen wehren. Es ist unabwendbar gewesen, im wahrsten Sinne des Wortes. Wir haben uns gesehen und... haben uns unsterblich ineinander verliebt!“

      Das hätte er jetzt wirklich nicht mehr extra betonen müssen. Es war Gordula sowieso schon klar gewesen.

      Und dann fiel ihr etwas ein, das sie selber regelrecht wie ein Blitz traf:

      „Moment mal, und wieso tauchst du jetzt ausgerechnet bei mir auf? Nur um mir dies mitzuteilen oder was? Gut, auch noch herzlichen Dank für die schockierende Meldung, aber was willst du jetzt tatsächlich von mir?“

      Natürlich hatte sie ihn durchschaut: Er war nicht etwa gekommen, nur um ihr mal wieder zu zeigen, dass er ihre Freundschaft immer noch hoch hielt, sondern er hatte ein Anliegen.

      Und was konnte dieses sein?

      Johann Wetken wagte es nicht, mit der Tür ins Haus zu fallen. Er glaubte zwar, Gordula gut genug zu kennen, aber er hatte trotzdem keine Ahnung, wie sie auf die Eröffnung reagieren würde, dass er sie sozusagen für sein Strategiespiel missbraucht hatte, um vor seinem überaus strengen Vater bestehen zu können. Immerhin in einer Art und Weise, wie es nicht ohne Folgen bleiben konnte. Egal, ob er dies nun wollte oder nicht – und auch egal, ob Gordula dies noch wollte oder nicht.

      Er druckste zunächst nur herum, wobei Gordula zusehends misstrauisch wurde. Sie beobachtete ihn ganz genau, soweit dies bei diesen schlechten Lichtverhältnissen überhaupt möglich war. Zwar hatten sich ihre Augen daran gewöhnt, doch es reichte natürlich nicht wirklich dazu aus, Einzelheiten erkennen zu können.

      „Ich – ich bin irgendwie erwischt worden“, gab Johann zu.

      „Erwischt, als du dich mit dieser Adele getroffen hast oder was?“, hakte Gordula sogleich unbeirrbar nach.

      „Nein, nicht ganz“, berichtigte Johann verdattert: „Wir waren gestern Abend das letzte Mal verabredet gewesen, doch sie konnte nicht kommen. Ich habe die ganze Nacht lang auf sie gewartet. Vergeblich. Erst am Morgen ging ich wieder heim, und das war durchaus aufgefallen.“

      „Aha? Und das hat dann zu einem entsprechenden Donnerwetter deines alten Herrn geführt oder wie?“

      „Schlimmer noch!“, meinte Johann