5 harte Western 1/2020: Das unbarmherzige Gesetz des Revolvers: Sammelband mit 5 Wildwestromanen. Alfred Bekker

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Название 5 harte Western 1/2020: Das unbarmherzige Gesetz des Revolvers: Sammelband mit 5 Wildwestromanen
Автор произведения Alfred Bekker
Жанр Вестерны
Серия
Издательство Вестерны
Год выпуска 0
isbn 9783745211658



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Diese so überaus stark und fast penetrant nach Mensch riechende Höhle mit so merkwürdigen Gegenständen in ihrem Innern flößte ihm erneut Angst ein. Er suchte instinktiv Schutz und sauste zum Kamin, dessen Feuer erloschen war. Doch die Steine gaben noch viel Wärme ab, und Sam spürte das, als er fast in das Loch gekrochen wäre, das sich direkt neben der Feuerstelle in der Wand befand und wo sich Tracy Johnson im Winter die Pantoffeln wärmte oder wo die von der Jagd nassen Socken getrocknet wurden.

      Schließlich fand Sam ein Versteck hinter der Mehlkiste, und hier verkroch er sich und ließ sich nicht mehr sehen.

      „Ich habe ihn gefunden“, sagte Tom, der sich heiß wünschte, Libbies Vater sollte auftauchen. Denn er war in einem Alter, wo man einem Mädchen wie Libbie nicht mehr so ganz unbefangen gegenüberstand, zumal Tom Mädchenbekanntschaften nur selten gehabt hatte. Viele der anständigen Mädchen lehnten ihn ab, so gut er ihnen auch gefiel, weil er eben der Sohn von Indianer-Hennie war.

      Libbie kannte diese Geschichte mit seiner Mutter auch. Aber er war ihr trotzdem sympathisch, und da sie hier in der Wildnis an andere Menschen sowieso ganz andere Maßstäbe anlegte als die Leute in der Stadt, störte sie das nun überhaupt nicht.

      „Setzen Sie sich, Tom“, sagte sie. „Sie heißen doch Tom?“

      Das war so eine Retourkutsche auf seine Frage von vorhin, als er wissen wollte, ob sie Libbie Johnson sei. Als wenn er das nicht gewusst hätte.

      Sie hatte aber keine Ahnung von dem, was in Musselshell vorgefallen war. Nur, das wusste Tom nicht. Er hätte etwas darum gegeben, sicher zu wissen, ob sie ahnungslos war oder nicht.

      „Ja“, wiederholte er, „ich habe den dort gefunden.“ Er zeigte auf die Mehlkiste, hinter der Sam mit gesträubtem Fell lag und der Dinge harrte, die kommen mochten. „Er ist ein halber Wolf und ein halber Hund. Ich habe von German-Joe gehört, dass er so große Hunde hat, die wie Wölfe aussehen. Da ist auch ein Leitwolf im letzten Winter gewesen. Auf den waren die Farmer wie verrückt. Das soll auch so einer von German-Joes großen Hunden gewesen sein. Vielleicht ist der hier der Sohn von dem Leitwolf.“

      Sam hatte den Kopf neugierig hinter der Truhe hervorgesteckt und blickte treuherzig auf die beiden Menschen, die ihn ansahen. Das Mädchen hob die Sturmlaterne etwas hoch, so dass sie Sam besser sehen konnte.

      „Er sieht wirklich nicht wie ein Wolf aus. Er wird auch mal sehr groß, glaube ich“, sagte Libbie.

      Tom nickte eifrig, während das Regenwasser von seiner Kleidung troff und Lachen unten auf dem festgestampften Boden bildete.

      Libbie bemerkte es und sagte: „Wollen Sie sich nicht die Sachen trocknen? Ich habe nur kein Feuer mehr. Pa sagt immer, dass man bei schwerem Sturm das Feuer löschen muss.“

      „Ist Ihr Pa nicht da?“, fragte er wieder.

      Sie zeigte auf den Verschlag. „Er schläft. Er hat was am Bein. Hat sich die Axt in den Fuß geschlagen, vor sechs Wochen schon. Es wollte nicht heilen. Doc Roland war schon einmal hier, und seitdem geht es etwas besser. Aber der Doc hat für den einen einzigen Besuch zwanzig Dollar gewollt. Wir hatten überhaupt nur neunzehn im Haus und schulden ihm noch einen. Pa hat die ganze Zeit nicht viel gejagt gehabt, weil irgendeine Krankheit umgeht unter dem Wild, Räude oder so etwas. Und jetzt ist das zwar nicht mehr, aber nun sitzt Pa mit dem Fuß fest. Wir haben kaum Fleisch. Der Colonel hat uns manchmal jemanden geschickt, der uns Rindfleisch und Kartoffeln gebracht hat. Einmal war er auch selbst hier und hat uns Tabak und eine Korbflasche mit Schnaps mitgebracht. Der Schnaps sollte eigentlich zum Reinigen von Pa's Wunde sein. Aber Pa wollte sich wohl auch innerlich reinigen. Jedenfalls hat er bis auf einen Rest den ganzen Brandy getrunken und nicht auf den Fuß getan. Für diesen Zweck wäre der Schnaps zu schade, hat er gesagt. Es ist nicht gut, wenn ein Mann solche Schmerzen hat, dass er sie mit Schnaps betäubt.“

      Tom hatte schon von Old Cliff gehört, dass der Jäger Johnson zum Säufer geworden sein sollte. Jetzt fiel ihm das ein. Und dann so eine Tochter, dachte er. Mensch, die ist Klasse. Das habe ich bisher nie gesehen, dass sie so Klasse ist. Aber was die da vom Colonel sagt und wie sie es sagt, da wird alles ganz anders sein, wenn sie erfährt, was mit dem Colonel passiert ist und dass diese Hunde mir das anhängen wollen. Verdammte Lügnerbande!

      „Warum machen Sie ein so böses Gesicht, Tom?“, fragte sie.

      Er erzwang ein Lächeln. „Libbie, Sam und ich - ich habe ihn Sam genannt - haben verdammten Hunger. Ob Sie vielleicht ein kleines Stück Brot...?“

      Sie nickte eifrig und sprang auf. „Aber entschuldigen Sie, dass ich daran nicht gedacht habe! Wohin wollten Sie eigentlich, Tom? So am späten Abend noch, und dann so ein Unwetter.“

      Ich muss sie belügen, es hat sonst keinen Zweck, dachte er.

      „Libbie, das mit dem Unwetter ist ja schuld, sonst wäre ich längst weiter“, sagte er. Und er fragte sich, ob er es überzeugend genug erzählte. „Wissen Sie, ich wollte schon längst in der Stadt sein. Mein Pferd ist mir weggelaufen, aber ...“

      Plötzlich wieherte draußen ein Pferd. Dann schrie eine Männerstimme, aber der Sturm verschluckte die Worte.

      „Ob es Ihr Pferd ist?“, fragte Libbie überrascht.

      Tom war herumgefahren und antwortete nicht. Sie sind da!, dachte er. Sie haben mich eingeholt! Verdammt, ich bin ihnen in die Falle gesprungen, hier in dieser verdammten Hütte!

      *

      „Warten Sie!“, keuchte Tom, nahm die Parkerflinte, die Libbie an die Wand gelehnt hatte, und sagte: „Machen Sie auf! Öffnen Sie die Tür! Man muss wissen, wer da kommt.“

      „Aber Tom, warum sind Sie auf einmal so aufgeregt?“, wunderte sich Libbie, ging aber zur Tür und stieß den Riegel zurück. Als sie öffnete, fiel der Lampenschein auf zwei wildfremde Männer in flatternden schwarzen Ölmänteln.

      „Hallo! Mein Gott, sind wir froh, dass hier Menschen sind! Vor uns ist der halbe Berg zusammengerutscht. Eine Lawine. Können wir herein? Wir sind von der Cornfield-Ranch mit dem Kreuz im Kreis-Zeichen. Wir sollten einen Stier zu Colonel Carpound bringen. Aber den Stier hat der Berg erschlagen. Jetzt sehen wir fein aus!“

      Tom hatte das Gewehr gesenkt, und Libbie ließ die beiden hereinkommen. Sie sahen nicht nur wie Cowboys aus. Ihre Hände waren hornig, die Gesichter ledern, die Vorderzähne beim Bulldogging eingeschlagen, dass es wie bei vielen Cowboys beim Reden zischelte. Sie schälten sich aus ihren Ölhäuten, klopften sich das Wasser von den Hosenbeinen und schnallten sich die schweren Beinschützer ab.

      Der eine war groß, rotblond und hatte ein breitknochiges, von Sommersprossen übersätes Gesicht. Der andere wirkte kleiner, hatte schwarze Haare und schien mexikanischer Herkunft zu sein.

      Der Rotblonde tippte sich auf die Brust. „Ich bin Terry Prowder, und mein Partner ist Pablo Varganzo. Mann, ist das ein Wetter. Das ganze Tal schwimmt weg. Würde mich nicht wundern, wenn diese Hütte wie eine Arche Noah plötzlich zu schwimmen beginnt. Er schnupperte. „Hier riecht es nach Wolf. Verdammt, meine Nase ist fast soviel wert wie mein Pferd. Und ich rieche Wölfe. Wohnt hier ein Jäger oder ein Fallensteller?“

      Da entdeckte er Sam, der ein Stück weit hinter der Truhe vorlugte, knurrte und die Rückenhaare gesträubt hielt.

      „Ein Wölfchen! Menschenskind, sieh dir das an, Pablo, ein Wölfehen! Ist das Ihr Herzenswärmer, junge Frau?“, rief er und sah Libbie auf eine Art an, dass Tom fast kochte vor Wut.

      Libbie lächelte zurückhaltend und sagte kühl: „Ich bin nicht verheiratet, Mr. Prowder.“

      Terry Prowder lachte polternd, schlug sich auf die Schenkel, dass es wie ein Schuss krachte und brüllte amüsiert: „Na wunderbar, Schätzchen, das höre ich gerne. Und er ist wohl Ihr Bruder, wie?“ Er machte eine nicht sehr respektvolle Handbewegung in Toms Richtung.

      „Nein, er ist mein Freund“, behauptete sie so überraschend, dass Tom aufgeregt schlucken musste.

      „Na, da musst du aber noch ’ne