Jedes Kind darf glücklich sein. Maren Hoff

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Название Jedes Kind darf glücklich sein
Автор произведения Maren Hoff
Жанр Социология
Серия
Издательство Социология
Год выпуска 0
isbn 9783833876776



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und mit uns selbst –, können wir unseren Kindern einen friedvollen, stärkenden, unterstützenden Start ins Leben geben. So können wir Selbstwirksamkeit als Wert weitergeben. Und wir können unseren Kindern das Gefühl geben, dass es schön ist und wichtig, dass sie auf dieser Welt sind.

      WUNDE UND WUNDER

      Die Worte Wunde und Wunder sind im Deutschen nur einen Buchstaben voneinander entfernt. Dort, wo es wehtut, verbirgt sich oft auch das größte Geschenk, das wir uns selbst machen können. Deshalb frage ich schwangere Frauen oft: Was hindert dich daran, dich mutig, selbstsicher und vertrauensvoll mit der Geburt deines Kindes zu fühlen? Und was will geheilt werden, damit du dich so fühlen kannst? Die Geburt eines Kindes kann ein wunderbarer Anlass sein für die Frage: Wie will ich leben? Welche Werte will ich leben und wie will ich sie weitergeben? Was sind die Werte, mit denen ich groß geworden bin? Kann ich die alle unterschreiben? Will ich etwas verändern? Für mich und für mein Kind? Für die folgenden Generationen? Und nicht zuletzt geht es eben darum: Wollen wir die eigenen Wunden, die vielleicht schon über mehrere Generationen weitergegeben wurden, an unsere Kinder und Enkel weitergeben?

      Wir können in jedem Augenblick für uns entscheiden, wie wir dieses Leben leben wollen. Welche Basis für uns wichtig ist. Selbst wenn der Start ins Leben holprig war: Wir haben die Macht, unseren Kindern einen anderen Start zu geben. Wir müssen nicht kreislaufartig alles wiederholen. Wir sind frei. Und unsere Kinder können es dann auch sein. So frei und glücklich, wie sie es sein wollen.

      EIN LEBENSLANGER WEG

      Ich sitze nicht mehr in Thailand auf dem Boden, sondern im Schwarzwald am Schreibtisch im Haus meiner Eltern und bin dabei, mit dem Schreiben dieses Buches zu beginnen. Diese Wände kennen mich. Hier habe ich getanzt, geweint, geschrien, vor Wut gegen Wände geschlagen, bis mir meine wunderbaren Freunde einen Boxsack geschenkt haben. Diese Wände können erzählen von durchwachten Nächten, von Schmerz und Traurigkeit. Sie kennen einen Teil meiner Geschichte besser als meine Eltern und meine Freunde, sie erinnern sich besser als ich mich selbst. Dieses Buch ist als Kreislauf geplant und da macht es Sinn, dass ich selbst dort beginne, wo ich vor vielen Jahren familiären Schmerz erlebt habe und von wo aus ich aufgebrochen bin, um mein Leben nach meinen Wünschen zu gestalten.

      Seit ich denken kann, hatte ich die Sehnsucht, in einer heilen und liebevollen Familie zu leben. Mit 18 schien mir das kaum vorstellbar.

      Ich habe keine Vernachlässigung erlebt, keine Schläge, keinen Missbrauch. Ganz im Gegenteil: Ich bin mit Singen, Kuscheln und Vorlesen groß geworden – drei wunderbaren Dingen, mit denen jedes Kind beschenkt werden sollte. Mir wurde sehr viel Liebe entgegengebracht. Meine Eltern haben sich das Beste für mich gewünscht und sie haben es mir auf vielfältige Weise immer wieder gegeben. Nur bin ich in prägenden Kernsituationen eben auch verlassen worden, mehrmals. Und weil das menschliche Gehirn sich solche Situationen leider so viel besser merkt als die vielen alltäglichen schönen Momente, entwickelten sich auf dieser Grundlage über die Jahre bei mir tief sitzende Glaubenssätze. Ich dachte, alles allein schaffen zu müssen und auf niemanden zählen zu können. Meine Angst vor Trennungen war groß und ich tat alles dafür, sie zu vermeiden. Nach außen war ich ein »Sonnenschein«, mit meiner Traurigkeit war ich meist allein. Nicht weil meine Eltern das so gewollt hätten. Sondern weil es sich im Familiengeflecht so ergab. Ich bildete mir meine eigene Welt um meinen Schmerz herum.

      Mein Bruder war der Sohn meines Vaters und wuchs zwischen zwei Familien auf. Der Nähe unserer Beziehung als Kinder tat dies keinen Abbruch. Der Schmerz und die Scham über den Verlust meines Bruders erschütterte meine Familie derart, dass alle Traurigkeit unter den Teppich gekehrt wurde, um irgendwie weiterleben zu können. Als ich in der Pubertät war, gab es dann ein Zuwenig an echter Kommunikation und ein Zuviel an harten Worten. Wie viel Mut muss es meine Eltern gekostet haben, weiterzuleben! Wie viel Liebe haben sie für mich empfunden, um mich dabei zu unterstützen, gut aufzuwachsen und die Frau zu werden, die ich heute bin! Dabei haben sie selbst viel Schmerz in ihrer Kindheit erlebt. Sie haben unbewusst alte Familienmuster weitergetragen – zum Beispiel, dass sie über schlimme Dinge nicht sprechen.

      Mit 17 Jahren schien es mir unmöglich, mit meinem Vater jemals ein wahrhaftiges, warmherziges Gespräch zu führen. Wenn mir damals jemand gesagt hätte, eines Tages werdet ihr zusammen in Urlaub fahren, du wirst mit deinen Eltern über deinen Bruder sprechen, ihr werdet euch eure Liebe zueinander sogar mitteilen – ich hätte es nicht geglaubt. Heute sitze ich in diesem Haus und spüre: Meine Sehnsucht nach einer liebevollen Familie und einem ehrlichen, warmen Miteinander hat sich erfüllt. Und das lässt mich jeden Tag dankbar sein.

      Wenn ich hier Geschichten aus meinem Leben teile, dann mit Achtsamkeit, Respekt und Liebe meinen Eltern gegenüber. Wir sind, jeder für sich und alle zusammen, einen langen Weg gegangen und ich bin froh, dass heute Liebe, Verbundenheit, Ehrlichkeit und Vertrauen unsere Beziehung prägen.

      Ich kann heute sagen, dass ich mit allem, was geschehen ist, dankbar dafür bin, dass diese beiden meine Eltern sind. Wenn ich hier über unsere schwierigsten Momente schreibe, dann, um begreiflich zu machen, dass eine Versöhnung mit der eigenen Geschichte immer möglich ist. Ich danke meinen Eltern für ihr Vertrauen in mich, meine und damit auch einen Teil ihrer Geschichte teilen zu dürfen. Sie haben es wunderbar gemacht. Ich bin glücklich, dass dies meine Familie ist.

      Wir könnten niemals dort stehen, wo wir stehen, wenn unsere Eltern nicht den ganzen langen Weg vor uns gegangen wären. Mag sein, dass sie es gelegentlich nicht optimal gemacht haben. In manchen Fällen haben Eltern nicht viel für uns getan. Doch selbst dann gilt: Sie haben uns das Leben geschenkt. Auch dafür können wir ihnen danken. Elternsein ist der schwerste und undankbarste Job der Welt. Ja, vielleicht gab es Situationen, die uns auf eine nicht förderliche Weise tief geprägt haben. Wir können den Eltern dafür die Schuld geben. Oder wir übernehmen selbst die Verantwortung und erkennen die Glaubenssätze, die sich in uns in frühester Kindheit und Jugend entwickelt haben, und machen uns daran, sie zu lösen und einen neuen Umgang mit uns selbst und unseren Eltern, Großeltern und Ahnen zu schaffen.

      DAS LEBEN ALS LANDSCHAFT

      Heute morgen bin ich durch die Landschaft meiner Jugend gewandert. Berge, Wald, Wiesen. Es ist schön hier. Während ich darüber nachdachte, was Heilung der eigenen Familiengeschichte eigentlich bedeutet, kam mir ein Gedanke. Er hatte damit zu tun, dass ich gerade lief. Es soll sich ja etwas im Inneren bewegen, wenn man sich im Äußeren bewegt. Denn festgefahrene Gedanken bewegen sich ebenfalls, Lösungen kommen in Sicht, Wut löst sich schneller und die Sorgen bleiben zurück.

      Was ich dachte, war: Eine Wanderung ist nie nur schön. Es gibt Streckenabschnitte, die sind beschwerlich, steil oder steinig. Es gibt Zeiten, da läuft man vielleicht durch Regen oder hat Gegenwind. Niemand stellt dies bei einer Wanderung infrage. Es ist einfach so. Wir sind vielleicht genervt und hoffen, dass wir irgendwo ankommen, wo es uns gefällt. Manchmal denken wir: Hier war ich doch schon mal. Aber es ist nie derselbe Ort, allenfalls ein ähnlicher.

      Vom Wunsch, für immer glücklich zu sein

      Ich lief also und fand: Der Heilungsprozess der Familiengeschichte ist irgendwie ähnlich. Mein großer Wunsch, als ich mich auf den Weg machte, um mich mit meiner Geschichte und meinem Schmerz auseinanderzusetzen, war es, anzukommen. Dass ich eines Tages für immer glücklich sein würde und vielleicht sogar alle um mich herum glücklich machen könnte.

      Seit über 20 Jahren bin ich nun auf diesem Weg. Und ich bin immer noch nicht angekommen. Sicher gab es in den letzten Jahren Stellen, an denen ich dachte: Jetzt! Jetzt haben wir es geschafft. Meine Familie und ich. Wir können miteinander sprechen, wir sind uns grundsätzlich zugeneigt. Ich habe verziehen, mir ist vergeben worden. Das fühlte sich sehr gut an. Wie ein schöner Ort auf einer Wanderung. Aber wie bei einer Wanderung ging es eben auch hier wieder weiter. Neue Herausforderungen kamen. Situationen, die niemand vorhersehen konnte. Heilung ist nichts, was irgendwann zu Ende ist. Wir haben uns vielleicht schon vor der Geburt auf den Weg gemacht und vielleicht finden wir vollkommene Heilung erst lange nach dem Tod. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, sie als wichtiges Ziel im Leben zu etablieren. Denn dieser Weg