Rurschatten. Olaf Müller

haben mir sehr geholfen, Major. Vielleicht komme ich noch einmal retour, wie man in Aachen sagt. Sie wissen ja alles über Vogelsang. Sagen wir mal, fast alles. Nicht wahr. Also. Auf bald.«

      Er verließ das Haus des Majors nachdenklich und hungrig.

      Fett kam nicht weiter. Es häuften sich immer mehr Geheimnisse an. Nachdem er eine Portion erstklassiger Fritten mit Mayonnaise verputzt hatte, fuhr er mit seinem Alfa Romeo zurück nach Aachen. Nichts. Absolument nichts.

      Das Goldbach-Feuerwerk

      »Der tote Goldbach.« Oberkommissar Kuckertz versuchte, sich zu erinnern, blätterte durch die Akten. Es war Anfang September, immer noch heiß.

      »Ach ja. Der Scheiß. Ein blöder Fall. Der Goldbach war mit seinem Segelboot auf dem Rursee unterwegs. Er hatte einen Liegeplatz in Woffelsbach. Merkwürdig war, dass bei ›Rursee in Flammen‹ sein Boot irgendwie von einer Rakete getroffen wurde. Er war also nachts auf dem See. ›Rursee in Flammen‹. Viele Raketen, Feuerwerk, Tausende Leute. Sein Boot muss in Brand geraten sein. Jedenfalls hat er eine Propangasflasche an Bord gehabt. Wahrscheinlich in der Kajüte, und ehe einer etwas gemerkt hat, ist die Kiste explodiert. Der Goldbach wurde mit Verbrennungen ins Wasser geschleudert und ist ertrunken. So war das.«

      »Kein Fremdverschulden?« Fett war hellhörig geworden.

      »Fremdverschulden, wie? Wie man’s nimmt, die Raketen halt. In der Küche hat es gebrannt. Vielleicht seine eigene Rakete. Dann rums, Propangas mit Verbrennung und Verletzung. Es hat lange gedauert. Alle dachten, das sei eine neue chinesische Rakete. Von wegen. Also, wir haben die Feuerwehrleute befragt. Explosion wegen Feuer in der Kajüte. Feuer in der Kajüte wegen Rakete. Fertig. Alles abgeschlossen und mausetot.«

      »Danke, Kollege. Die Akten nehmen wir mal mit.«

      »Sind Sie schon weiter mit dem Annakirmes-Toten?«

      »Ja, kurz vor der Auflösung. Ihre Aussage fehlte noch. Wegen Feuerwerk und so. Servus.« Fett dampfte. Innerlich.

      Testamente helfen weiter – manchmal

      »Schmelzer, wer erbt denn nun bei Rütters und wer hat bei Goldbach geerbt? Das haben Sie doch bestimmt in all Ihrer jugendlichen Sorgfalt penibel recherchiert? Oder?«

      Fett war ungehalten. Er wurde immer ungehaltener, denn dieser Fall, er nannte ihn nun »Rurschatten«, wurde immer mysteriöser.

      »Logo, Chef. Also, bei Rütters erbt seine Tochter. Fast alles. Rund zwei Millionen Euro. Daneben ging noch was an Sankt Irmgardis, rund 100.000 Euro, und zum Schluss an die Frau Utzerath, Moment mal, rund 200.000 Euro und das Haus. Und bei Goldbach, das war etwas schwieriger, da musste ich den Nachfolger des alten Notars in Düren …«

      »Schmelzer, Ergebnis!«, raunzte Fett.

      »Ergebnis: Bei Goldbach ging interessanterweise ein Teil, sogar der größte Teil, an die Stiftung des KZ Buchenwald. Und ein Teil noch an einen Geschichtsverein in Düren, aber nicht den offiziellen, sondern so einen alternativen Geschichtsverein. Auch Marie Utzerath wurde mit rund 150.000 Mark bedacht.«

      Pling! Fett klopfte auf den Tisch. Marie Utzerath, der Geschichtsverein. Er musste nochmals durchstarten. Zuerst den Geschichtsverein, dann Marie Utzerath.