Das Haus in den Dünen. Ulrich Hefner

Читать онлайн.
Название Das Haus in den Dünen
Автор произведения Ulrich Hefner
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839265048



Скачать книгу

Weltuntergang voraus.«

      »Nein, ich bin nur ein kleiner Kriminalbeamter, der als Erster hautnah den Verfall der Gesellschaft zu spüren bekommt«, erwiderte Trevisan. »Schau dich doch um – immer mehr Verrückte laufen herum. Manchmal denke ich, man kann diese Welt nur noch ertragen, wenn man irgendwo eine Macke hat. Politiker, die sich selbst bedienen und im Gegenzug das Hohelied der Moralapostel singen. Manager, die sich die Taschen füllen und im gleichen Atemzug Betriebe an die Wand fahren. Immer mehr Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger, die ihren Frust im Alkohol ertränken. Man muss schon ein bisschen schizophren sein, um das alles noch zu kapieren.«

      Angela setzte sich neben ihn und legte ihm zärtlich die Hand auf die Brust. »Und du hast dich jetzt wohl zum Kreuzritter ernannt und bist angetreten, das letzte Stück Paradies auf Erden zu retten?«

      »Nein, ich bin angetreten, um einen irren Pyromanen zu finden, der Häuser ansteckt, in denen sich Menschen zum Schlafen niedergelegt haben.«

      »Mord?« Ihre Finger fuhren über seine Brusthaare.

      »Mord, Totschlag, Zufall, nenne es, wie du willst«, entgegnete Trevisan. »Auf alle Fälle ist der Kerl bibelfest. Zumindest hinterlässt er Zitate aus dem Buch der Bücher.«

      »Der Papst kann es nicht sein«, unkte Angela. »Der ist vor ein paar Stunden in Südamerika gelandet.«

      »Und wie ist es mit dir?« Trevisan schlang seine Arme um ihre Schultern und zog sie zu sich heran.

      »Vielleicht solltet ihr damit warten, bis es dunkel ist.«

      Trevisan ließ seine Arme sinken und wandte den Kopf. Paula stand auf der Terrasse und schleckte an einem Eis.

      »Ich glaube, Paula hat recht«, sagte er. »Heute Nacht ist noch genug Zeit, um die Welt zu retten. Jetzt habe ich erst einmal Hunger.«

      Angela sprang auf. »Verdammt! Jetzt ist die Pizza bestimmt schon schwarz.«

      »Und im Anfang war das Feuer«, zitierte Trevisan.

      »Das ist, soviel ich weiß, aber nicht aus der Bibel«, rief ihm Angela zu, als sie durch die Terrassentür im Haus verschwand.

      »Nein, aber aus einem verdammt guten Film.«

      *

      »Die Penner wissen zumindest nichts von einem Streit«, sagte Till Schreier. »Aber der Tod von Baschwitz erschüttert sie nur wenig. Ich glaube nicht, dass er viele Freunde hatte. Nach allem, was wir erfahren haben, muss er ein ganz unangenehmer Zeitgenosse gewesen sein.«

      »Und diese beiden Wohnsitzlosen?«, fragte Trevisan. »Der Beraubte und der Mittäter?«

      »Wie vom Erdboden verschwunden. Die Fahndung läuft.«

      »Die sollen sich nach der Geschichte aus Wilhelmshaven verzogen haben«, erläuterte Dietmar, während er seine Hände knetete, damit die Feuchtigkeitscreme einziehen konnte. »Sie sind schon seit Wochen nicht mehr hier gesehen worden.«

      »Fakt ist, dass die hiesigen Penner Baschwitz gemieden haben wie die Pest«, ergänzte Till. »Sie machten wegen seiner plötzlichen Gewaltausbrüche einen großen Bogen um ihn.«

      »Und ich dachte, man ist schon ganz unten, wenn man seine Arbeit und seine Bleibe verloren hat, aber offenbar kann man immer noch tiefer sinken«, murmelte Trevisan. »Eure Erkenntnisse unterstützen nur die Theorie, dass es mögli­cher­weise doch eine gezielte Tat im Milieu gewesen sein könnte. Wir müssen diese beiden Pennerkollegen, diesen Schmitt und diesen Ammann, ausfindig machen. Ich denke, wir schreiben sie umgehend zur Aufenthaltsermittlung aus.«

      Till Schreier erhob sich. »Dann mache ich mich mal an die Arbeit.«

      »Und wie läuft es bei euch?«, fragte Trevisan Monika Sander.

      »Das wird eine langwierige Sache. Wir sind Schneiders Liste noch einmal durchgegangen. Zusätzlich waren wir inzwi­schen bei zwei Firmen, die eine Betriebsfeuerwehr unterhalten. Wir haben bereits über zwanzig Verdächtige, die ins Muster passen würden.«

      »Denkt bitte daran, dass der Kerl zurzeit kein Feuerwehrmann mehr sein muss. Es wäre möglich, dass er rausgeworfen wurde oder aus irgendeinem Frust heraus von selbst gegangen ist.«

      »Das haben wir bereits in Erwägung gezogen«, antwortete Monika. »Ich habe um neun einen Termin mit dem Kommandanten der Betriebsfeuerwehr vom Ölhafen. Du könntest mich begleiten, während Anne am Computer das Umfeld unserer Verdächtigen abcheckt.«

      »Jetzt, nachdem feststeht, dass der Tote zweifelsfrei dieser Baschwitz ist, habe ich Zeit. Komm bei mir vorbei, wenn du losfährst. Es kann nur sein, dass du ein paar Minuten warten musst, Beck will mit mir reden.«

      »Den treibt schon wieder die Angst vor schlechter Publicity an«, witzelte Dietmar Petermann.

      »Kann man es ihm verübeln, so kurz nach den Serienmorden im Frühjahr?«, entgegnete Trevisan. »Er steht schließlich in der Verantwortung.«

      »Dann könnte er sich doch auch ein paar Namen von unserer Liste vornehmen und überprüfen.«

      »Lass mal«, sagte Trevisan mit einem Lächeln. »Ich möchte mich auf das Ergebnis der Überprüfungen schon verlassen können.«

      *

      »Ah, Trevisan.« Kriminaldirektor Beck erhob sich hinter seinem Schreibtisch. »Gut, dass Sie gekommen sind. Wie kommen Sie voran?«

      Beck trug trotz der Hitze im Büro einen grauen Anzug und hatte die Fenster geschlossen. Die Luft schmeckte abgestanden und Trevisan betrat nur unwillig das Zimmer unter dem Dach.

      »Wir stecken mitten in den Ermittlungen«, antwortete er und schlenderte zum Stuhl vor Becks Schreibtisch.

      »Brauchen Sie noch Leute?«

      »Könnte nicht schaden. Alex Uhlenbruch und Tina Harloff sind noch bis Ende der Woche im Urlaub und es stehen eine Menge Überprüfungen an.«

      Trevisan spürte, dass die unausgesprochene Befürchtung in der Luft lag, Wilhelmshaven könne erneut von einem Serientäter heimgesucht werden, so wie im Frühsommer des Jahres. Er hatte noch immer die Schlagzeilen vor Augen, die von einer überforderten und unfähigen Polizei berichteten, die der Lage nicht Herr werden konnte.

      Auf Becks Stirn zeichnete sich ein dünner Schweißfilm ab. »Wir können uns einen zweiten Amoklauf in unserer Gegend nicht leisten«, sprach er Trevisans Gedanken aus. »Jetzt, wo sich die Touristen in unserem schönen Landstrich aufhalten, müssen wir umsichtig und schnell handeln. Ich habe Schneider und das 3. Fachkommissariat informiert. Er wird euch unterstützen. Die Streifen sind informiert und fahren Sonderschichten in den entlegenen Gebieten. Sie wissen, wie schnell wir wieder eine negative Presse bekommen, wenn es uns nicht gelingt, den Mann zu fassen, bevor er noch weiteres Unheil anrichtet.«

      Trevisan schmunzelte. »Schneider hat den Fall schon seit sechs Wochen auf dem Tisch, aber bislang ergab sich noch kein Ansatzpunkt. Wir können auch nicht hexen.«

      »Bislang hatte der Brandstifter aber auch nur marode Buden angezündet«, entgegnete Beck. »Jetzt ist ein Mensch zu Schaden gekommen, das ist etwas anderes. Wir müssen den Kontrolldruck und gleichzeitig die Ermittlungsaktivitäten ver­stär­ken, dann werden sich schon Ansatzpunkte ergeben.«

      »In der Theorie hört sich alles ganz einfach an«, widersprach Trevisan. »Doch in der Realität hat die Sache einen Haken: Unsere Kunden halten sich nicht an unsere schönen Polizeistrategien, die unsere Cheftheoretiker in ihren feinen Büros entwerfen.«

      Beck winkte ab. »Mensch, Trevisan, das weiß ich doch selbst. Ich bin auch nicht von gestern, aber unsere Direktorin lebt nun einmal in ihrer theoretischen Zahlenwelt. Also, machen wir ein paar Aktionen und hoffen darauf, dass uns der Zufall hilft.«

      »Ich will damit ja auch nicht sagen, dass Sonderstreifen Blöd­sinn sind. Natürlich erhöhen wir durch mehr Leute auf der Straße die Möglichkeit, dass er uns in die Arme läuft. Ich will bloß nicht, dass der Eindruck entsteht, es wäre ein Kinderspiel. Wir werden Zeit, wir werden Geduld und wir werden