Das Haus in den Dünen. Ulrich Hefner

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Название Das Haus in den Dünen
Автор произведения Ulrich Hefner
Жанр Триллеры
Серия
Издательство Триллеры
Год выпуска 0
isbn 9783839265048



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Stelle, von wo aus geschossen worden ist«, entgegnete Dietmar. »Es wäre möglich, dass Kropp ein paar Einbrecher überrascht hat.«

      »Einbrecher mit Gewehren und Pistolen?«

      »Nicht ganz handelsüblich, was?«

      Kleinschmidt tauchte hinter einem Container an der Nordwestseite eines langgestreckten Gebäudes auf und marschierte auf den Zaun zu, der das Betriebgelände umgab. Trevisan beeilte sich, den Chef der Spurensicherung einzuholen. »Moin, Horst.«

      Kleinschmidt tastete mit suchenden Blicken den Boden ab, als könne ihm der Asphalt verraten, was in der Nacht hier geschehen war. »Jetzt auch noch das«, knirschte er knurrig. »Als ich angerufen wurde, dachte ich, es hätte wieder mal gebrannt. Und jetzt liegt hier eine Leiche. Das ist vielleicht ein beschissenes Jahr.«

      »Dietmar sagte etwas von einem Einbruch?«

      Kleinschmidt winkte ab. »Das war seine Theorie. Für mich sieht das eher so aus, als ob der Täter dem Opfer aufgelauert hat.«

      »Aufgelauert?«

      »Dort hinten gibt es einen recht frischen Schlitz im Zaun. Mit einer Metallschere gemacht. Ansonsten wurde nichts aufgebrochen. Noch nicht einmal Ansatzspuren für einen Versuch sind vorhanden, obwohl es genügend ungesicherte Fenster als Einstiegsmöglichkeiten gibt. Nein, hier hinter dem Container saß jemand und hat in aller Seelenruhe abgewartet, bis der Fernfahrer aufgetaucht ist. Dann hat er ihn mit einer Flinte bewegungslos geschossen und anschließend mit einem Schuss in die Schläfe hingerichtet. Das deutet nicht unbedingt auf einen Einbruch hin, oder?«

      Trevisan nickte stumm.

      »Ich habe drei Hülsen gefunden«, fuhr Kleinschmidt fort. »Zwei lagen neben dem Container, eine in der Nähe des Toten. Linksauswerfer, wenn du mich fragst. Selbstladepistole und Jagdgewehr. Zumindest dem Kaliber nach. Die Pistole 7,65 mm und die Gewehrgeschosse dürften 9,3 mm haben. Ich schätze auf 9,3 x74. Ein handelsübliches Format für jagdbares Wild aller Art, Menschen eingeschlossen.«

      »Sonst noch etwas?«

      »Ja, aber das ist komisch. Neben der linken Hand des Toten lag ein Hemdknopf. Ein ganz normaler Knopf ohne Verzierungen. Dutzendware. Der Tote trägt aber ein T-Shirt, eine kurze Sporthose und eine Regenjacke mit Reißverschluss. Der Knopf könnte also vom Täter stammen.«

      »Spuren eines Kampfes?«

      »Nein, überhaupt nicht. Wenn der Knopf zum Täter gehört, dann ist er wohl aus Altersschwäche abgefallen. Das Opfer, obwohl der Mann ein ordentliches Kraftpaket gewesen ist, hatte keine Chance. Ich glaube, bevor der wirklich kapierte, was los ist, war er schon tot.«

      Trevisan ging hinüber zu den Containern und schaute in Richtung der Leiche. Aufmerksam musterte er das Gelände. Kleinschmidt hatte recht. Ein idealer Ort, um jemandem aufzulauern. Die Entfernung zum Leichnam betrug knapp fünfzig Meter. Er schaute auf das gegenüberliegende Verwaltungsgebäude und sah die Laterne, die auf dem Dach montiert war. Sogar für Büchsenlicht hatte man gesorgt.

      »Hallo, Martin!«

      Trevisan fuhr herum. Monika Sander und Tina Harloff standen vor ihm.

      »Ich dachte, ihr seid mit dem Mechaniker beschäftigt?«, sagte Trevisan überrascht.

      »Das machen Alex und Till.« Tina Harloff wies auf die beiden PKW, die neben dem dritten Gebäude standen. »Wir haben uns den Wagen des Ermordeten vorgenommen. Der rote Ford gehört ihm, der andere Wagen dem Mechaniker.«

      »Habt ihr etwas gefunden?«

      Monika Sander reichte Trevisan einen Fetzen Papier, der in einer Plastiktüte steckte.

      … dazu rate ich dir sonst zien wir dir das fell über die Ohren. Versuc…

      Die Schrift, mit blauer Tinte auf ein normales, liniertes Papier geschrieben, wirkte krakelig und unbeholfen. Der Rest der Mitteilung war abgerissen und fehlte.

      »Das ist sehr interessant.« Trevisan zeigte Kleinschmidt den Zettel. »Gibt es sonst noch was?«

      »Ordentlich scheint er nicht gewesen zu sein«, entgegnete Monika Sander. »Der Wagen gleicht einer Müllkippe. Bierdosen, Zigarettenstummel und allerlei zerknülltes Papier. Aber nichts mehr, das uns weiterhelfen könnte. Der Fetzen lag auf der Mittelkonsole.«

      »Sag ich doch«, mischte sich Kleinschmidt ein und wies auf die Container neben der Halle. »Ein idealer Platz, um jemandem aufzulauern.«

      »Ich denke, wir sollten herausfinden, was für ein Leben der Tote führte«, überlegte Trevisan. »Es scheint, dass er nicht nur Freunde hatte.«

      *

      Dragan Vukovic war ein blasser und hagerer Mann mit einem kantigen Gesicht und dichten schwarzen Haaren. Nervös saß er auf seinem Stuhl im kleinen Aufenthaltsraum neben der Werkstatt und kaute an seinen Fingernägeln.

      »Hans arbeitete schon seit zwei Jahren bei uns«, sagte Vukovic. »Er ist vor sieben Tagen mit Druckmaschinen nach Spanien gefahren und kam in der Nacht mit Kunststoffteilen aus Pamplona zurück.«

      Till Schreier hatte neben ihm Platz genommen, während sich Alex Uhlenbruch an die große Scheibe lehnte, die den Blick in die Werkstatt ermöglichte. Vukovic zitterte.

      Till führte das Gespräch und hatte einen Notizblock vor sich liegen. Das kleine, silberne Bandgerät stand hochkant auf dem Tisch, das Mikro auf Vukovic gerichtet.

      »Waren Sie mit ihm befreundet?«

      »Befreundet ist zu viel gesagt. Wir waren Arbeitskollegen. Manchmal tranken wir zusammen ein Bier.«

      »War es eigentlich normal, dass Kropp seinen Wagen einfach so im Hof abstellte, wenn er mit Fracht beladen war?«

      »Wenn der Fahrer spät zurückkehrt, dann ist das nicht ungewöhnlich. Unsere Fahrer haben einen Schlüssel für das Tor. Sie stellen den Wagen ab und entladen ihn am nächsten Morgen. Das ist ganz normal.«

      Till Schreier nahm das blaue Heft in die Hand und blätterte es auf. »Hier steht als Fahrtende 22.41 Uhr. Ist das die Handschrift von Hans Kropp?«

      Er zeigte Vukovic das Fahrtenbuch, das sie im Führerhaus des LKW gefunden hatten.

      »Wird er wohl gewesen sein«, erklärte der. »Die Fahrer füllen es aus, wenn sie ihren Bock hier parken. Ist für die Spesen­abrechnung. Gestern hat es stark geregnet. Eigentlich wollte er bis neun zurück sein. Aber das kann ein Fahrer nie genau kalkulieren.«

      »Lebte Kropp allein?«, mischte sich Alex ein.

      Vukovic nickte. »Er ist geschieden und hat nur Ärger damit. War ein paar Jahre drüben im Osten. Dort hat er eine Zeit lang gearbeitet. Ist für eine Spedition nach Polen gefahren und erzählte manchmal darüber. War nicht immer alles legal. Schmuggelte Zigaretten und so. Ich weiß aber nicht, ob das stimmt. Hans hat gerne Geschichten erzählt, wenn er ordentlich geladen hatte.«

      »Hatte er sonst irgendwelche Freunde oder Bekannte?«

      Vukovic schüttelte den Kopf.

      »Und Feinde?«

      Vukovic lächelte verbissen. »Er hat mir mal erzählt, dass ihm seine beiden Schwäger die Hölle heiß machen, weil er keinen Unterhalt für seine Ex und den Bengel zahlte. Aber ich weiß nicht, ob das stimmt. Er war schon ein bisschen … ungewöhnlich.«

      »Ungewöhnlich?«

      »Ich glaube, dass er nur so herumgelungert hat, wenn er frei hatte. Das Drumherum war ihm manchmal scheißegal, wenn Sie wissen, was ich meine. Er lebte so in den Tag und war zufrieden, wenn er Bier und Zigaretten hatte. Wenn es ihm danach war, dann hat er diese Nummern angerufen, die in der Bildzeitung stehen. Aber ich glaube nicht, dass er viele Freunde hatte.«

      »Seine Exfrau und diese Schwäger, Sie wissen nicht zufällig, wie die heißen und wo sie wohnen?«

      »Nein. Die müssen noch immer im Osten sein. Ich glaube, seine Alte hieß Jenny oder so. Aber mehr weiß ich nicht darüber. Mein Gott, wir