Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt. Jacob Burckhardt

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Название Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt
Автор произведения Jacob Burckhardt
Жанр Документальная литература
Серия
Издательство Документальная литература
Год выпуска 0
isbn 9788027213764



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Ausschweifung schadlos zu halten. So werden die Bettelpriester bei Lucian und Apuleius zur Zeit der Antonine geschildert. Später muss wenigstens in Rom dieser Kultus der Grossen Göttin wieder eine ehrbare Seite gehabt und namentlich die Kastration aufgehört haben, indem sonst die öffentlich durch Denkmäler eingestandene Teilnahme vieler sehr angesehenen Leute sich nicht erklären liesse. Von den eigentümlichen Mysterien, welche sich mindestens seit dem dritten Jahrhundert daran anschlossen, wird weiter die Rede sein.

      Ausser diesen beiden grossen Gottheiten der Semiten darf hier noch eine dritte nicht übergangen werden, obschon ihre Einmischung in die griechisch-römische Religion nicht der Kaiserzeit, sondern der Urzeit angehört: nämlich der Melkart der Phönizier, von welchem der griechische Herakles nur eine Seite ist. Sein Kultus, wenn auch jetzt unter römischem Namen, reichte von jeher so weit als die phönizischen und karthagischen Niederlassungen, und einer seiner berühmtesten Tempel war derjenige bei Gades (Cadix). In Italien und Griechenland hätte man sich mit der klassischen Auffassung des Sohnes des Zeus und der Alkmene begnügen können, allein die spätere Göttermischung nahm auch den sogenannten Tyrischen Herkules ausdrücklich in ihr grosses Pantheon auf. Eine unteritalische Inschrift aus der Zeit des Gallienus ist ihm gewidmet, ungefähr wie in neuerer Zeit die Namen und die Kopien weit entfernter Gnadenbilder auf manchen Altären wiederholt werden.

      Bei der Aufnahme vorderasiatischer Gottheiten hatte es sich schlechthin um eine neue Superstition und um eine Erweiterung des Götterdienstes gehandelt; ein neues Bildungselement kam mit diesem Kultus nicht nach Rom. Ganz anders imposant treten die Götter Ägyptens in der grossen Mischung auf. Es begleitete sie die uralte Ehrfurcht des Griechen vor der ägyptischen Priesterweisheit, in welcher man Theologie, Astronomie, Naturbeobachtung, Heilkunde und Mantik gleichmässig vollendet zu finden hoffte. Hier handelte es sich nicht um rasende Verschnittene, sondern um eine Priesterkaste, welche einst die Pharaonen und ihr Volk beherrscht und die grössten Denkmäler hinterlassen hatte.