Название | Die wichtigsten Werke von Jacob Burckhardt |
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Автор произведения | Jacob Burckhardt |
Жанр | Документальная литература |
Серия | |
Издательство | Документальная литература |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027213764 |
Was bei diesem und andern Anlässen von heiligen Schriftzeichen, teils hieroglyphischer, teils sonstiger geheimer Art erzählt wird, kann in der Tatsache richtig sein; aber der römische, griechische, gallische Isispriester, der diese Schriften verwahrte und vielleicht nachmalen und ablesen konnte, verstand doch sicherlich nichts davon. Ja, weit entfernt, irgendeine tiefsinnige Wissenschaft aus dem priesterlichen Ägypten zu entlehnen, dessen starke Seite ohnedies nicht mehr die Lehre war, nahm Rom selbst die vielgenannten Götter ohne alle theologische Treue in willkürlich verändertem Sinne auf. In betreff der Isis wurde dies bereits bemerkt; ein anderes sprechendes Beispiel ist die Gestalt des Harpokrates, dessen Gebärde (mit dem Finger nach dem Munde) den von Isis Gesäugten andeuten soll; in der trefflichen kapitolinischen Statue aus hadrianischer Zeit findet man nun statt des ägyptischen Götzen einen jungen Amorin, der mit dem Finger auf den Lippen Stille gebietet, als deus silentii. Dagegen musste Anubis, obwohl man ihn für identisch mit Hermes hielt, seinen Hundskopf beibehalten, der sich dann über einem menschlichen Körper mit römischer Draperie sonderbar widerlich ausnimmt.
Einen Inbegriff der Symbole dieses ganzen Kreises gewähren die hie und da vorkommenden bronzenen Hände, welche als Ex-voto's von Wöchnerinnen an die geburtshelfende Isis erkannt worden sind342. Die Finger in schwörender Haltung, die innere wie die äussere Fläche der Hand sind völlig bedeckt mit Attributen, Mysteriengeräten und Brustbildchen der Gottheiten Isis, Serapis, Osiris und Anubis, nur dass letztere als Dionysos und Hermes dargestellt sind. Die Aufzählung jener Symbole gehört nicht hieher; vielleicht entsprachen sie ebensovielen Anrufungen in der Not.
Mit den bisher genannten Fremdgottheiten ist die Mischung der Kulte noch lange nicht erschöpft; manches, was dahin gehört, wird passender erst im folgenden Abschnitt beiläufig behandelt werden. Bisher war nur von den offiziell anerkannten und allgemein verbreiteten sacra peregrina die Rede; dem einzelnen Andächtigen blieb es unbenommen, nach Wunsch die Bilder und Symbole aus allen Landen und Religionen massenweise um sich zu häufen. Wie verschieden und dabei wie bezeichnend war hierin die Subjektivität der beiden ungleichen Vettern, Elagabal und Alexander Severus! Ersterer trägt seine semitischen Götzen, die Palladien Roms und die Steine des Orest aus dem Dianentempel von Laodicea mechanisch auf einen Haufen zusammen; wie der schwarze Stein von Emesa mit dem Bilde der Urania von Karthago vermählt wird, so heiratet der kaiserliche Priester selbst die oberste Vestalin; ja, er soll die Absicht ausgesprochen haben, sein Zentralheiligtum auch zum Vereinigungspunkt für den Gottesdienst der Samaritaner, der Juden und der Christen zu machen. Alle Götter sollten seines grossen Gottes Diener sein, alle Mysterien sich in dem Priestertum desselben konzentrieren. Alexander Severus dagegen feiert von allen Religionen die Stifter als Ideale der Menschheit und stellt ihre Bilder in seiner Hauskapelle zusammen, wo nun Abraham und Christus Platz fanden neben Orpheus als vorgeblichem Gründer der hellenischen Mysterien und Apollonius von Tyana als neuphilosophischem Wundertäter; auch die besten unter den frühern Kaisern343 waren daselbst aufgestellt, wie er ihnen denn noch ausserdem auf dem Forum des Nerva kolossale Statuen setzte; eine zweite Kapelle enthielt die Statuen Virgils, Ciceros, Achills und anderer grosser Männer; der edle unglückliche Fürst sucht sich aus dem Besten, was er kennt, einen neuen Olymp zusammen. Was aber im Kaiserpalast zu Rom im Grossen geschah, wiederholte sich gewiss mannigfach im Kleinen. Manche der Edelsten hätten gerne dem Christentum die ihnen zugänglichen Seiten abgewonnen; noch begieriger aber mochte der gemeine Aberglaube zu den christlichen Mysterien aufblicken, mit welchen es ja eine besondere Bewandtnis haben musste, weil sie ihren Bekennern eine so merkwürdige Haltung im Leben und im Sterben mitteilten. Es ist schwer, sich dieses aus Abscheu und Lüsternheit gemischte Gefühl mancher Heiden lebendig vorzustellen, und eine unmittelbare Kunde davon ist kaum vorhanden, wenn man nicht die Geschichte vom samaritanischen Zauberer Simon344 dahin rechnen will. Von der philosophischen Annäherung