Philosophische und theologische Schriften. Nicolaus Cusanus

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Название Philosophische und theologische Schriften
Автор произведения Nicolaus Cusanus
Жанр Философия
Серия Kleine philosophische Reihe
Издательство Философия
Год выпуска 0
isbn 9783843800983



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      Vom Namen Gottes und der affirmativen Theologie

      Nachdem wir nun mit Gottes Hilfe durch ein mathematisches Beispiel in unserem Nichtwissen über das erste Größte zu größerer Erkenntnis zu gelangen gestrebt, wollen wir zur Ergänzung unseres Wissens noch über den Namen des Größten eine Untersuchung anstellen, die, wenn wir das Bisherige festhalten, von keiner Schwierigkeit sein wird.

      Da das Größte das schlechthin Größte ist, das keinen Gegensatz hat, so ist klar, daß ihm eigentlich kein Name zukommen könne. Denn alle Namen entstehen aus einer gewissen singulären Verstandestätigkeit, durch welche eines vom andern unterschieden wird. Wo nun alles Eins ist, kann es keine besonderen Namen geben. Mit Recht sagt daher Hermes Trismegistus : Da Gott das All der Dinge ist (universitas rerum), so hat er keinen besondern Namen, denn man müßte entweder Gott mit jedem Namen, oder alles mit seinem Namen benennen, da er in seiner Einfachheit das All der Dinge in sich begreift, daher muß auch der Gott eigentlich zukommende Namen (jener von uns unaussprechliche Name, der τετϱαγϱάμματον ist oder aus vier Buchstaben besteht, und deshalb der eigentliche Name Gottes heißt, weil er ihm nicht infolge eines Verhältnisses zu den Kreaturen, sondern nach seiner eigentlichen Wesenheit zukommt) übersetzt werden: Einer und Alles (unus et omnia) oder besser: Alles in Einheit (omnia uniter). Und so hat sich uns ja oben die höchste Einheit, die soviel ist als: »Alles in Einheit« ergeben, ja der Name »Einheit « scheint noch näher bezeichnend zu sein, als: Alles in Einheit. Daher sagt auch der Prophet: »an jenem Tage wird Gott sein und sein Name ist: Einer« und ein andermal: »Höre Israel! (d. i. du, der du Gott mit der Vernunft schaust) dein Gott ist Einer.« Die Einheit ist aber nicht in dem Sinne der Name Gottes, wie wir die Einheit verstehen. Der Einheit steht die Vielheit gegenüber. Eine solche Einheit kommt Gott nicht zu, sondern jene, der kein Anderssein, keine Vielheit entgegensteht. Dies ist der größte Name, der alles in der Einfachheit der Einheit zusammenfaßt, dies der unaussprechliche Name, der über allen Verstand geht. Denn wer könnte die unendliche Einheit begreifen, die unendlich allem Gegensatze vorausgeht, wo alles ohne Zusammensetzung in der Einfachheit der Einheit begriffen ist, ohne Anderes und Gegensatz, wo der Mensch nicht vom Löwen, der Himmel nicht von der Erde verschieden und doch jedes auf die wahrste Weise ist, nicht nach seiner Endlichkeit, sondern als die größte Einheit selbst! Wer diese Einheit zu begreifen oder zu benennen vermöchte, die als Einheit – alles, und als das Kleinste – das Größte ist, der hätte den Namen Gottes gefunden. Allein da der Name Gottes Gott selbst ist, so kennt niemand Gott, außer derjenige Geist, der das Größte selbst ist und der größte Name. Durch die Wissenschaft des Nichtwissens sehen wir also ein, daß die Einheit, wenn sie gleich eine nähere Bezeichnung des Größten ist, doch hinter dem wahren Namen des Größten, der das Größte selbst ist, noch unendlich zurückbleibt.

      Hieraus erhellt, daß die affirmativen Namen Gottes nur im unendlich kleinsten Grade (per infinitum diminute) ihm zukommen, denn sie werden ihm nach irgendeiner Eigenschaft der Kreaturen beigelegt. Da nun aber Gott etwas Partikulares, das einen Gegensatz hat, nur im allerkleinsten Grade zukommen kann, so sind alle affirmativen Namen, wie Dionysius sagt, nicht genug zusammenfassend (incompactae). Nennst du ihn die Wahrheit, so ist der Gegensatz die Lüge, nennst du ihn die Tugend (virtutem), so ist der Gegensatz die Sünde (vitium) –, Substanz, so ist der Gegensatz das Akzidens usf. Da er aber nicht eine Substanz ist, die nicht alles ist, ohne einen Gegensatz, nicht Wahrheit, die nicht alles ohne Gegensatz36 ist, so können ihm jene Namen nur im ganz verminderten Grade zukommen. Alle Affirmationen, die in sein Wesen etwas aus dem von ihnen bezeichneten Gegenstande hineinlegen (quasi in ipso aliquid sui significati ponentes), können ihm nicht zukommen, der nicht irgend etwas mehr ist, als er alles ist (qui non est plus aliquid quam omnia). Daher werden ihm die affirmativen Namen, wenn sie anders ihm zukommen, nur im Verhältnisse zu den Kreaturen beigelegt, nicht als ob die Kreaturen die Ursache hiervon wären, da das Größte von den Kreaturen nichts haben kann, sondern sie kommen ihm vermöge seiner unendlichen Macht im Verhältnisse zu den Kreaturen zu (sed ei ex infinita potentia ad creaturas conveniunt); denn von Ewigkeit konnte Gott schaffen; hätte er dies nicht gekonnt, so wäre er nicht die höchste Allmacht. Wenn ihm daher gleich der Name: Schöpfer im Verhältnisse zu den Geschöpfen zukommt, so kommt er ihm doch auch zu, bevor noch ein Geschöpf war, weil er von Ewigkeit schaffen konnte. So verhält es sich auch mit der Gerechtigkeit und anderen affirmativen Namen, die wir auf Gott aus dem Leben der Geschöpfe wegen einer gewissen Vollkommenheit, die durch diese Namen bezeichnet wird, übertragen. Alle diese Namen waren von Ewigkeit, ehe wir sie Gott beilegten, in Wahrheit in seiner höchsten Vollkommenheit und seinem unendlichen Namen enthalten, so wie auch alle Dinge, die durch diese Namen bezeichnet, und von denen sie durch uns auf Gott übertragen werden. Das Gesagte hat so sehr Gültigkeit, daß auch der Name der Trinität und der Personen: Vater, Sohn und heiliger Geist im Verhältnisse zu den Geschöpfen ihm beigelegt werden. Denn da Gott als Einheit erzeugend und Vater, als Gleichheit der Einheit – gezeugt oder Sohn, als Verbindung beider – der heilige Geist ist, so ist klar, daß der Sohn Sohn heißt, weil er die Gleichheit der Einheit oder des Seins ist. Weil Gott von Ewigkeit die Dinge erschaffen konnte, wenn er sie auch nicht erschaffen hätte, so wird er in Rücksicht auf die Dinge Sohn genannt ; denn deshalb ist er Sohn, weil er die Gleichheit des Seins ist, über oder unter welcher die Dinge nicht bestehen könnten, die Gott machen konnte, wenn er sie auch nicht gemacht hätte. Könnte Gott sie nicht machen, so wäre er weder Gott Vater noch Sohn, noch heiliger Geist, überhaupt nicht Gott. Betrachtest du die Sache tiefer, so heißt: »der Vater erzeugt den Sohn,« soviel als: er erschafft alles durch das Wort (quod si subtilius consideras, patrem filium gignere, hoc fuit omnia in verbo creare). Deshalb nennt auch Augustin das Wort die Kunst und Idee im Verhältnis zu den Geschöpfen. Die Kreatur beginnt dadurch, daß Gott Vater ist, ihr Sein; dadurch, daß er Sohn ist, erlangt sie ihre Vollendung (perficitur), dadurch, daß er heiliger Geist ist, ist sie mit der ganzen Weltordnung im Einklang. Dies sind die Spuren der Trinität in jeglichem Dinge. Dies ist der Sinn der Worte Augustins, wenn er die Stelle der Genesis: »Im Anfange erschuf Gott Himmel und Erde« also erklärt: Gott hat als Vater die Prinzipien der Dinge erschaffen.

      Was also in der affirmativen Theologie von Gott ausgesagt wird, gründet sich auf das Verhältnis zu den Geschöpfen. Dies gilt auch in Bezug auf jene heiligsten Namen, die sich bei den Hebräern und Chaldäern finden und in denen die größten Geheimnisse der Erkenntnis Gottes enthalten sind. Keiner dieser Namen bezeichnet Gott anders als nach einer besonderen Eigentümlichkeit, außer jenem Namen mit vier Buchstaben, welche sind:

, das der eigentliche und unaussprechliche Name ist und oben erklärt wurde. Hierüber handeln Hieronymus und der Rabbiner Salomon in dem Buche: dux neutrorum ausführlich, was man nachlesen mag.

      FÜNFUNDZWANZIGSTES KAPITEL

      Die Heiden gaben Gott im Verhältnisse zu den Geschöpfen

      verschiedene Namen

      Die Heiden benannten Gott nach den verschiedenen Verhältnissen zu den Geschöpfen. Jupiter nannten sie ihn wegen seiner bewunderungswürdigen Güte (propter mirabilem pietatem). Julius Firmicus sagt nämlich, Jupiter sei ein so günstiges Gestirn, daß, wenn er allein im Himmel regierte, die Menschen unsterblich wären. Saturn heißt Gott wegen der Tiefe der Gedanken und der Erfindungen in dem, was zum Leben notwendig ist, Mars von den Siegen im Kriege, Merkur wegen der Klugheit im Rate, Venus wegen der die Natur erhaltenden Liebe, Sonne wegen der Stärke der Bewegungen in der Natur, Mond wegen der Erhaltung der zum Leben notwendigen Feuchtigkeit, Cupido wegen der Einheit beider Geschlechter, weshalb man ihn auch die Natur nannte, weil er durch das Geschlechtliche die Gattungen der Dinge enthält. Hermes sagt, alles, sowohl Lebendes als nicht Lebendes, sei doppelten Geschlechts, weshalb die Ursache von allem, Gott, männliches und weibliches Geschlecht in sich enthalte, wovon Cupido und Venus die äußere Erscheinung sei. In gleichem Sinne besang der Römer Valerius den allmächtigen Jupiter als die zeugende und gebärende Gottheit (genitorem genitricemque Deum). Daher nannte er auch Cupido, sofern nämlich ein Wesen nach dem andern begehrt (cupit), die Tochter der Venus,