Die verhängnisvolle Neigung der Menschen über etwas, was nicht mehr zweifelhaft ist, nicht länger nachzudenken, ist die Ursache der Hälfte aller Irrtümer." JOHN STUART MILL
Spätestens seit dem Arabischen Frühling wird dem durchaus komplexen Freiheitsbegriff wieder intensive Beachtung geschenkt. John Stuart Mill differenziert und erläutert bereits im 19. Jahrhundert überraschend zeitgemäß die unzähligen Ebenen, die den Terminus der Freiheit ausmachen. Er konfrontiert den Mikrokosmos des Einzelnen mit dem Makrokosmos eines Volkes. Mill erläutert in «Über die Freiheit» unter anderem wie sehr Pressefreiheit, Bildung einer öffentlichen Meinung, die Freiheit des Einzelnen und eines Volkes sowie Rechte und Pflichten eines Herrschers zusammenhängen. So stellt er sich der Frage, inwiefern von einem Herrscher oder Lehrer fraglos übernommene (öffentliche) Meinungen noch freie und vor allem wahre Meinungen sind. Ausführlich widmet Mill sich auch der Freiheitseinschränkung innerhalb einer Gesellschaft, sei es der Festlegung von Warenpreisen, staatliches Erschweren der Drogenein- und ausfuhr sowie der Giftherstellung oder der Besteuerung alkoholischer Getränke. Gleichermaßen setzt er sich mit religiöser und kultureller Verfolgung auseinander. Auch seine Überlegungen und Reformansätze zu ethisch-moralischen Problematiken wie der Verhinderung eines Verbrechens, der Prävention von Gewaltexzessen aus Trunkenheit, dem Einschreiten des Staates in die Kindererziehung und -bildung oder die Frage nach sozialer Ungerechtigkeit sind von bissiger Aktualität.
"Das A und O aller Philosophie ist die Freiheit." F. W. J. SCHELLING
Freiheit war ein Leitmotiv des «Deutschen Idealismus». Für Hegel war die gesamte Weltgeschichte nichts anderes als ein «Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit». Auch der junge Schelling, neben Fichte und Hegel der dritte Hauptvertreter des Deutschen Idealismus, teilte zunächst begeistert diese optimistische Geschichtsauffassung. Doch bald schlug er eigene, höchst originelle Denkwege ein, die bis heute ihre herausfordernde Kraft nicht verloren haben. Immer deutlicher stellen sich bei Schelling die Zweifel an der Vernünftigkeit der Welt überhaupt ein. Schelling lässt sich irritieren von der faktischen Unvernünftigkeit von Welt und Geschichte. Er beginnt radikal die Frage nach dem Ursprung und der Natur des Bösen zu stellen. So wie er früher in den vielfältigen Phänomenen der Natur die Vorformen des Geistes und der Vernunft erblickte, sieht er nun auch das Bizarre, die Dysfunktionalitäten, das Sinnwidrige, das sich beim Menschen schließlich zu Perversion und Grausamkeit steigern kann. Das Böse, das es im eigentlichen Sinne nur auf der Ebene der Freiheit, also im Menschen, geben kann, ist eine Aktualisierung dessen, was in der Natur als Drang, Begierde, angelegt ist. Das Böse entsteht, wenn der Mensch die so beschriebene Natur gegen den Geist zum Prinzip erhebt. Seine kleine, aber einflussreiche Freiheitsschrift markiert den entscheidenden Wendepunkt in Schellings Denken. Woher stammt das Böse, woher kommt das Dunkle, Chaotische des Lebens? Das tiefe Erschrecken Schellings über die Abgründe des Daseins nimmt Schopenhauers Pessimismus und Nietzsches Nihilismus bereits vorweg. Schellings Denken «zwischen den Zeiten» ist gerade in seiner Gebrochenheit heute aktueller denn je.
"Ihr nennt ihn den stummen Ochsen; ich sage euch,dass dieser stumme Ochse einmal so laut brüllen wird, dass sein Gebrüll die Welt erfüllt." ALBERTUS MAGNUS
Innerhalb des imposanten Gesamtwerks des Thomas von Aquin ist dieser kleine Traktat leicht zu übersehen – und dennoch ist De ente et essentia wahrscheinlich die meistgelesene Schrift des großen mittelalterlichen Theologen. Und dies zu Recht, bietet sie doch in äußerst prägnanter Form die metaphysischen Grundlagen, das Grundgerüst der aristotelischen Metaphysik, das uns das Werk des Thomas von Aquin zuallererst erschließt.
Während Thomas von Aquin von seinen Mitschülern belächelt wurde, erkannte sein Lehrer Albertus Magnus schon früh das Talent des ruhigen Schülers. Albert sollte recht behalten, Thomas von Aquin ist bis heute einer der bedeutendsten christlichen Denker des Mittelalters. In seiner kurzen, aber präzisen Schrift De ente et essentia setzt er sich mit der Metaphysik des Aristoteles auseinander, diskutiert deren Interpretation durch die arabischen Philosophen Avicenna und Averroes und bringt in einer beeindruckenden Synthese christliche und arabische Erkenntnisse über das Wesen und das Sein zusammen. Die vorliegende Übersetzung stammt von Edith Stein.
"Wir nehmen an, kein Stern sei unbewohnt." NIKOLAUS VON KUES
Nikolaus von Kues gilt als der erste Philosoph der Renaissance und des Humanismus. Gerade sein Hauptwerk «Über die belehrte Unwissenheit» markiert einen Epochenbruch und weist in vieler Hinsicht auf die Moderne voraus. Unser Wissen bleibt immer hinter dem zurück, was gewusst werden kann. Der Erkennbarkeit der Wirklichkeit an sich setzt von Kues seine «Kunst der Mutmaßungen» entgegen. Damit wird er zum Wegbereiter Descartes', Kants und der modernen Wissenschaftstheorie. Bereits vor Kopernikus bestreitet er, dass die Erde Mittelpunkt des Universums sei, und wagt den kühnen Gedanken von der Unendlichkeit der Welt. Die Philosophie des Kusaners eröffnet den Raum, die Welt in ihrem «reinen Weltlichsein» zu erkunden. Einer bloß instrumentellen Ratio setzt er jedoch seine «schauende Vernunft» entgegen. Der zentrale Gedanke eines «Zusammenfalls der Gegensätze» in Gott ist die wohl bedeutendste und wirkungsmächtigste Einsicht seines Hauptwerks. Kein Geringerer als Hegel meinte, dass diese Idee den eigentlichen Gehalt alles Philosophierens überhaupt ausmache.
Die philosophischen Schriften des griechischen Universalgelehrten Plutarch von Chaeronea (45-125 n. Chr.), meist unter dem Namen Moralia zusammengefasst, stellen eines der letzten großen Dokumente der Philosophie der heidnischen Antike dar. Von Platon, aber in einigen Gedanken auch von der Stoa geprägt, äußert er sich in der hier vorliegenden Textauswahl zu den Extremformen menschlicher Beziehungen. Die Schriften sind in der Reihenfolge ihrer Überlieferung abgedruckt und ergeben so eine abwechslungsreiche Mischung von Betrachtungen zu Liebe, Freundschaft und Feindschaft, jeweils mit Einleitung und Erläuterungen.
"Cogito ergo sum." René Descartes «Cogito ergo sum.» – Jeder kennt sie, die drei Wörter, mit denen der französische Philosoph, Mathematiker und Physiker René Descartes im beginnenden 17. Jahrhundert in die Philosophiegeschichte eingeht. Dass sie allerdings den Ausgangs- und nicht den Endpunkt philosophischer Argumentation bilden, ging im mentalen Lexikon der geflügelten Worte unter. Sie sind die Geburtsstunde des modernen Rationalismus, der das denkende Subjekt in den Fokus der Betrachtung rückt. An die Stelle sinnlicher Wirklichkeitserfahrung setzt Descartes den Zweifel. Dieser wird ihm zum methodischen Ausgangspunkt eines vernunftbasierten Erkenntnisprozesses und führt erstmals das «Selbst-Bewusstein» als genuin philosophisches Thema ein. Die beiden hier versammelten Schriften Meditationen über die Grundlagen der Philosophie und Abhandlung über die Methode, die Vernunft richtig zu gebrauchen markieren den Beginn der «Cartesischen Zäsur», mit der sich die Philosophie vom Primat der Theologie emanzipiert, und sind maßgebliche Schlüsselwerke des französischen Rationalisten.
Durch die grundsätzlichen Erwägungen über das Wesen des Menschen sind die Bekenntnisse des heiligen Augustinus mehr als nur eine Biographie – sie gelten vielmehr als die erste Autobiographie der Literatur. Die Bekenntnisse beschreiben introspektiv die Phasen der geistigen Entwicklung Augustins. Er analysiert sein frühes Leben, seine ständige Suche nach Wahrheit und seine Bekehrung. Wie Augustinus später bemerkt, hat der Titel zwei Bedeutungen: Confession im Sinne von «Schuldbekenntnis» und Confessio im Sinne von «Glaubensbekenntnis». Neben den unmittelbar theologischen Einsichten geben die Confessiones Einblick in das menschliche Seelenleben überhaupt und offenbaren dabei eine bis heute unerreichte Tiefe und Subtilität.