Der Sieg des Islams. Eduard Gibbon

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Название Der Sieg des Islams
Автор произведения Eduard Gibbon
Жанр Религиозные тексты
Серия
Издательство Религиозные тексты
Год выпуска 0
isbn 9788075838438



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dem regierenden Eunuchen des Palastes und von seinem Genossen Dioskorus, der dem Neffen des Theophilus auf dem Throne, im Glaubensbekenntnisse, an Talenten und Lastern nachgefolgt war, kräftig unterstützt. Auf besonderen Befehl des Theodosius war die zweite Synode von Ephesus (August 449)nach richtiger Auswahl aus zehn Metropoliten und zehn Bischöfen aus jeder der sechs großen Provinzen des morgenländischen Reiches zusammengesetzt; einige Ausnahmen aus Gunst oder der Verdienste wegen erhöhten die Zahl bis auf einhundertfünfunddreißig, und auch der Syrer Barsumas erhielt als Oberhaupt und Stellvertreter der Mönche die Aufforderung, mit den Nachfolgern der Apostel zu sitzen und zu stimmen. Auch diesmal jedoch unterdrückte der despotische alexandrinische Patriarch die Freiheit der Verhandlungen. Die gleichen geistlichen und weltlichen Waffen wurden abermals aus den Arsenalen von Ägypten genommen. Die asiatischen Veteranen, eine Schar Bogenschützen, dienten unter dem Befehle des Dioskorus, und die noch furchtbareren Mönche, die der Vernunft und dem Mitleide unzugänglich waren, belagerten die Tore der Kathedrale. Die Väter nahmen allem Anschein nach allgemein und ungezwungen das Glaubensbekenntnis, ja sogar die Anatheme des Cyrill an, und die Ketzerei des Glaubens an zwei Naturen wurde in den Personen und Schriften des gelehrtesten Orientalen feierlich verdammt. »Mögen diejenigen, die Christus teilen, mit dem Schwerte geteilt, mögen sie in Stücke gehauen, mögen sie lebendig verbrannt werden!« waren die frommen Wünsche einer christlichen Synode. Die Unschuld und Heiligkeit des Eutyches wurde ohne Zaudern anerkannt, aber die Prälaten, insbesondere die von Thracien und Asien, wollten ihren Patriarchen nicht gern wegen Ausübung oder gar wegen Mißbrauch seiner gesetzlichen Amtsgewalt absetzen. Sie umfaßten die Knie des Dioskorus, während er mit drohender Miene

      [fehlende/vertauschte Zeile/n im Buch. Re] auf insbesondere die von Thrazien und Asien, wollten ihren Pa-

      Vergehen seines Bruders zu verzeihen und seine Würde zu achten. »Wollt ihr einen Aufruhr erregen?« rief der unerbittliche Tyrann. »Wo sind die Wachen?« Auf diese Worte hin brach eine wütende Schar Mönche und Soldaten mit Stöcken, Schwertern und Ketten in die Kirche; die zitternden Bischöfe verbargen sich hinter dem Altar oder unter den Bänken, und da sie durchaus kein Verlangen nach dem Märtyrertum trugen, unterschrieben sie einer nach dem anderen ein leeres Papier, auf das nachher das Verdammungsurteil des byzantinischen Bischofs gesetzt wurde. Flavian wurde unverzüglich den Bestien dieses geistlichen Amphitheaters ausgeliefert; die Mönche wurden durch Zuruf und Beispiel des Barsumas angeeifert, die Unbilden Christi zu rächen. Der Patriarch von Alexandria soll seinen Amtsbruder von Konstantinopel beschimpft, geschlagen, gestoßen und mit Füßen getreten haben. Sicher ist, daß das Opfer, bevor es den Ort seiner Verbannung erreichen konnte, am dritten Tage an den Wunden und Quetschungen starb, die es in Ephesus erlitten hatte. Die Teilnehmer dieser zweiten Synode sind mit Recht als eine Schar Räuber und Mörder gebrandmarkt worden, indes haben wohl die Ankläger des Dioskorus seine Gewalttätigkeiten übertrieben, um die Feigheit und die Unbeständigkeit ihres eigenen Benehmens zu beschönigen.

      Der Glaube von Ägypten hatte die Oberhand behalten, aber die besiegte Partei wurde von demselben Papste unterstützt, der sich ohne Furcht der feindlichen Wut Attilas und Genserichs entgegengestellt hatte. Die Theologie des Leo, sein berühmtes Tome oder Schreiben über das Mysterium der Inkarnation, war von der Synode von Ephesus unberücksichtigt gelassen worden. Sein Ansehen und das der lateinischen Kirche wurde in seinen Legaten beschimpft, die der Sklaverei und dem Tode entflohen, um die traurige Geschichte von der Tyrannei des Dioskorus und dem Märtyrertum Flavians zu erzählen. Seine Provinzialsynode vernichtete das regelwidrige Verfahren jener von Ephesus; da aber dieser Schritt selbst eine Unregelmäßigkeit war, betrieb er die Einberufung einer allgemeinen Kirchenversammlung in den freien und rechtgläubigen Provinzen von Italien. Von seinem unabhängigen Throne aus sprach und handelte der römische Bischof ohne Gefahr als das Oberhaupt der Christen. Seine Verordnungen wurden willfährig von Placidia und ihrem Sohne Valentinian abgeschrieben, die sich an ihre morgenländischen Kollegen wandten, um den Frieden und die Einheit der Kirche wiederherzustellen. Die Puppe auf dem orientalischen Kaiserthrone jedoch wurde mit gleicher Geschicklichkeit von dem Eunuchen geleitet, und Theodosius ließ sich ohne Zögern zu der Antwort bewegen, daß die Kirche bereits Frieden genieße und triumphiere und daß der neuerliche Brand durch die gerechte Bestrafung der Nestorianer gelöscht worden sei. Vielleicht wären die Griechen noch immer in die Ketzerei der Monophysiten verstrickt, wenn nicht das Pferd des Kaisers zu rechter Zeit gestrauchelt wäre. Theodosius verschied, seine rechtgläubige Schwester Pulcheria folgte ihm mit einem nominellen Gemahl auf den Thron. Chrysophius wurde verbrannt, Dioskorus fiel in Ungnade, man berief die Verbannten zurück, und das Tome Leos wurde von den orientalischen Bischöfen unterschrieben. Indessen konnte der Papst mit seinem Lieblingsplane einer lateinischen Kirchenversammlung nicht durchdringen. Er verschmähte es, in der griechischen Synode, die alsbald zu Nicäa in Bithynien versammelt wurde, den Vorsitz zu führen; seine Legaten forderten in gemessenem Tone die Anwesenheit des Kaisers, und die erschöpften Väter wurden nach Chalcedon unter die unmittelbare Aufsicht Marcians und des Senats von Konstantinopel versetzt. Eine Viertelmeile vom thrakischen Bosporus stand die Kirche der heiligen Euphemia auf dem Gipfel eines sanft geneigten, aber hohen Berges; der Dreibau wurde als ein Wunder der Kunst gepriesen, und der unbegrenzte Blick über Land und Meer konnte wohl in einem Sektierer erhebende Gedanken über den Gott des Weltalls auslösen. Im Kirchenschiff saßen sechshundertdreißig Bischöfe, aber die Legaten hatten den Vorrang vor den Patriarchen des Ostens. Einer der Legaten war ein einfacher Priester. Der Ehrenplatz blieb dreißig Laien von senatorischem oder konsularischem Range vorbehalten. Das Evangelium war prunkend im Mittelpunkte aufgestellt, die Glaubensregel jedoch wurde von den päpstlichen und kaiserlichen Ministern bestimmt, welche die dreizehn Sitzungen (8. Oktober bis 1. November 451) des Konzils von Chalcedon leiteten. Ihre parteiische Einmischung brachte das unmäßige Geschrei und die für die bischöfliche Würde entehrenden Verwünschungen zum Schweigen. Aber auf die förmliche Anklage der Legaten hin mußte Dioskorus den Platz eines in der Meinung seiner Richter bereits verurteilten Verbrechers einnehmen. Die gegen Nestorius minder feindlich als gegen Cyrill gesinnten Orientalen begrüßten die Römer als ihre Befreier. Thrazien, Pontus und Asien waren gegen die Mörder Flavius' erbittert und die neuen Patriarchen von Konstantinopel und Antiochia sicherten sich ihre Stellungen, indem sie ihren Wohltäter aufgaben. Die Bischöfe von Palästina, Makedonien und Griechenland hingen zwar dem Glauben Cyrills an, aber vor versammelter Synode, in der Hitze der Schlacht gingen die Anführer vom rechten zum linken Flügel über und entschieden den Sieg durch ihre rechtzeitige Flucht. Von den siebzehn Bischöfen, die von Alexandria mitgesegelt waren, ließen sich vier ihrer Treue abwendig machen. Die übrigen dreizehn fielen zur Erde und flehten die Gnade der Kirchenversammlung unter Schluchzen und Weinen und mit der pathetischen Erklärung an, daß sie im Falle der Nachgiebigkeit bei ihrer Rückkehr nach Ägypten von dem entrüsteten Volke ermordet werden würden. Man ließ späte Reue die Schuld oder den Irrtum der Mitschuldigen des Dioskorus sühnen; aber ihre Sünden wurden auf sein Haupt gehäuft, weder verlangte noch hoffte er auf Verzeihung, und die Gemäßigten, die für eine allgemeine Verzeihung sprachen, wurden durch Sieges- und Rachegeschrei übertönt. Um den Ruf seiner gewesenen Anhänger zu retten, entdeckte man geschickt einige persönliche Vergehen: seine verwegene und ungesetzliche Ausschließung des Papstes aus der Kirchengemeinschaft und seine frevelhafte Weigerung (während er doch als Gefangener festgehalten wurde), der Vorladung der Synode Folge zu leisten. Zeugen wurden vorgeladen, um Beweise seines Stolzes, seiner Habsucht und Grausamkeit zu erbringen, und die Kirchenväter hörten mit Abscheu, daß die Almosen der Kirchen an Tänzerinnen verschwendet würden, daß sein Palast, ja selbst sein Bad den Freudendirnen von Alexandria geöffnet wäre, und daß der Patriarch die schändliche Pansophia oder Irene öffentlich als seine Geliebte unterhalten hätte.

      Wegen dieser ärgerlichen Dinge wurde Dioskorus von der Synode abgesetzt und vom Kaiser verbannt, sein Glaube jedoch in Anwesenheit und mit der stillschweigenden Billigung der Kirchenväter für rein erklärt. Die klugen Kirchenväter setzten die Ketzerei des Eutyches, der nie vor ihren Richterstuhl geladen ward, voraus, ohne sich über sie auszusprechen und sie saßen still und beschämt da, als ein kühner Monophysit ihnen ein Werk Cyrills vor die Füße warf und sie aufforderte, in ihm selbst die Lehre des Heiligen zu ächten. Wenn wir die Akten von Chalcedon, so wie sie von der orthodoxen Partei aufgezeichnet worden sind, unparteiisch durchlesen, finden wir, daß die meisten Bischöfe die einfache Einheit Christi bekannten und das Zugeständnis,