Название | G. K. Chesterton: Krimis, Aufsätze, Romane und mehr |
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Автор произведения | Гилберт Кит Честертон |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788027207428 |
»Aufhören! Maul halten!« sprach der Mann mit den Brillen. »Nehmen Sie sich doch zusammen – schmeißen Sie den Wisch weg! Und sagen Sie nu mal ernsthaft, was Sie tun werden?«
»Aber das war doch ein wunderschöner Katechismus!« sprach Syme pathetisch. »Lassen Sie mich ihn vorlesen. Er hat doch nur dreiundvierzig Fragen und Antworten, und einige von den Antworten des Marquis sind wahnsinnig witzig. Ich bin meinem Feind gegenüber stets gerecht.«
»Aber wozu soll denn das taugen?« fragte Dr. Bull verzweifelt.
»Zu meiner Herausforderung doch! Verstehen Sie denn nicht?« sprach Syme – und strahlte vor Freude. »Wenn der Marquis die neununddreißigste Antwort gegeben hat, die folgendermaßen lautet –«
»Ist Ihnen bei alledem niemals – aus purem Zufall etwa – irgendwie der Gedanke gekommen«, fragte der Professor da mit einer erdrückenden Selbstverständlichkeit, »daß der Marquis von den dreiundvierzig Dingern, die Sie ihm zugeschrieben haben, das eine oder andere, sagen wir, nicht mehr wissen, mithin also vergessen haben könnte? In diesem Falle, denke ich, möchten Ihre eigenen Epigramme sich denn doch ein wenig allzu gekünstelt anhören.«
Syme schlug auf den Tisch und strahlte fast ein wenig zu viel vor Freude. »Wie wahr – ach wie so wahr, so wahr das ist! Und ich hab nicht einen einzigen Augenblick daran gedacht! Mein Herr, Ihr Verstand erhebt sich über das Durchschnittsmaß … Sie werden sich noch einen Namen machen.«
»Oh – Sie sind besoffen wie ‘n Nachtwächter!« sprach der Doktor.
»Da bleibt mir nichts anderes übrig«, fuhr Syme unbeirrt fort, »hm – da muß ich nun also eine andere Methode finden, wie das Eis (wenn ich mich so ausdrücken darf) zwischen mir und dem Mann, den ich töten will, zu brechen sein wird. Und da ja der Gang einer Unterhaltung nicht von einer der beiden Parteien allein vorausgesagt werden kann (wie Sie mir ebenso scharfsinnig wie tief gerade dargelegt haben), ist (so vermute ich wenigstens) die einzige Möglichkeit für die eine der beiden Parteien diese: in ihrem vorgefaßten Dialog ihrerseits wenigstens so weit wie möglich zu gehen. Na – und das will ich, beim Heiligen Georg! das will ich –« Und er stand jählings auf, und sein gelbes Haar wehte in der schwachen Brise.
Eine Künstlerbande spielte in einem Cafe chantant verborgen irgendwo unter den Bäumen; und ein Frauenzimmer hatte just mit Singen aufgehört. In Symes überheiztem Schädel war das Schmettern der Blechinstrumente ganz wie der Singsang der Leierkasten von Leicester Square, zu dessen Lied er einst aufstand und sterben wollte. Er sah nach dem kleinen Tisch hinüber, an dem der Marquis saß. Dem leisteten eben zwei Herren Gesellschaft, zwei Ehrfurcht erweckende Franzmänner in langen Gehröcken und mit Seidenhüten, der eine der beiden mit der roten Rosette der Ehrenlegion – zwei Leute von solider gesellschaftlicher Position augenscheinlich. Neben diesen schwarzen, noch obendrein bezylinderten Erscheinungen nahm sich der Marquis mit seinem leichten Strohhut und seinen lichten Sommerkleidern wie ein Bohème – ja geradezu barbarisch aus. Und sah sich doch wie ein Marquis an! Wirklich, wie leicht hätte ihn wer gar für einen König gehalten, mit dieser sinnlichen Eleganz, den spöttisch-höhnischen Augen, dem stolzen Haupt gegen die veilchenfarbene See. Nur daß er kein christlicher König war, um keinen Preis. Ein schwarzbrauner Despot vielmehr, ein Grieche halb, halb Asiate, der in den Tagen, da die Sklaverei etwas Selbstverständliches war, auf das Mittelländische Meer herniedersah, auf seine Galeere und auf seine stöhnenden Sklaven. Gerade so, dachte Syme, müssen die braungoldenen Gesichter solcher Tyrannen sich von den dunkelgrünen Olivenwäldern und dem glühenden Blau des Himmels und des Meeres abgehoben haben.
»Gehen Sie nun, den Zweikampf ausmachen?« fragte der Professor ungeduldig werdend und empfindlich, wie Syme immer noch dastand und gar keine Miene machte, endlich zu gehen.
Da stürzte Syme den Rest des funkelnden Weines hinab.
»Den Zweikampf ausmachen?« sprach er, und deutete auf den Marquis und seine Gesellschaft hinüber. »Die drei da drüben gefallen mir nicht. Ich will der großen scheußlichen mahagonifarbenen Nase da drüben den Garaus machen.«
Und er beeilte sich da hinüberzukommen, wenn er auch nicht gerad auf dem geradesten Weg hinüberkam. Der Marquis, sowie der ihn sah, kniff seine schwarzen assyrischen Augenbrauen vor Erstaunen zusammen. Und lächelte aber höflich. »Da ist ja Mr. Syme, wenn ich recht sehe«, sprach er.
Syme verneigte sich –
»Und Sie sind der Marquis de Saint Eustache?« sprach er mit Grazie. »Gestatten Sie, daß ich Sie ein bißchen an der Nase ziepe?«
Und beugte sich auch schon vor, nach seinen Worten zu tun. Aber der Marquis wich zurück, daß sein Stuhl dabei umfiel, und die zwei Herren mit den Angströhren hielten Syme bei den Schultern gepackt.
»Der Herr hat mich insultiert!« wollte sich Syme mit vielen Gesten verständigen.
»Sie insultiert?« rief der Gentleman mit der roten Rosette. »Wann denn?«
»Oh – eben jetzt«, sprach Syme unverfroren. »Er hat meine Mutter insultiert.«
»Ihre Mutter insultiert!« rief der Gentleman skeptisch.
»Nun – eh – auf jeden Fall, – eh –« sprach Syme, der mit sich handeln ließ, »meine Tante!«
»Aber wie kann der Marquis jetzt eben Ihre Tante beleidigt haben?« fragte der andere Gentleman mit nur allzu berechtigtem Staunen. »Er saß doch die ganze Zeit hier!«
»Ah – ah – er hat gesagt, was er sagte«, drückte sich Syme ziemlich dunkel aus.
»Aber ich habe nichts – nichts gesagt«, sagte der Marquis. »Außer etwas über die Künstlerbande. Ich sagte nur: daß ich Wagner gut gespielt gerne höre.«
»Dann war das eine deutliche Anspielung auf meine Familie«, sprach Syme unentwegt, »meine Tante spielte Wagner miserabel. War eine peinliche Sache. Hat uns Insult genug eingetragen.«
»Das scheint etwas ganz außergewöhnliches«, sprach der Gentleman décoré und sah den Marquis bedenklich an.
»Oh, ich versichere Sie«, behauptete Syme in vollem Ernste, »Ihre ganze Unterhaltung strotzte geradezu von versteckten Anspielungen auf die Geistesschwäche meiner Tante.«
»Aber das ist ja Unsinn!« sprach der andere Gentleman. »Ich zum Beispiel hab seit einer ganzen halben Stunde nichts gesagt, als daß mir der Gesang des schwarzhaarigen Mädchens gefällt.«
»Aber da haben wir Sie ja!« rief Syme aufgebracht. »Meine Tante war fuchsrot!«
»Mir scheint«, sprach der andere wieder, »Sie suchen nichts als einen Vorwand, um den Herrn Marquis zu brüskieren.«
»Beim Heiligen Georg!« sprach Syme, drehte sich um und sah ihn an, »was Sie doch ein gescheiter Kerl sind!«
Der Marquis sprang auf. Mit glühenden Augen – wie Tieraugen.
»Sie wollen Händel mit mir!« schrie er. »Sie wollen einen Kampf mit mir! Bei Gott! da hat nie noch einer lang suchen müssen. Die Herren werden so liebenswürdig sein und Zeugen sein. Wir haben noch vier Stunden bis zum Abend. Wir werden heute Abend die Sache austragen.« Syme verneigte sich mit wunderbarem Anstand. »Herr Marquis«, sprach er, »Sie handeln nach Ihrem hohen Ruf und Ihrer hohen Abstammung. Erlauben Sie, daß ich mich einen Augenblick mit jenen Gentlemen in Verbindung setze, die meine Vertreter sein sollen.«
Und mit drei langen Schritten war er wieder bei seinen Kollegen. Und diese, die seine vom Sekt eingegebene Attacke mitangesehen und seine idiotischen Erklärungen mitangehört hatten, waren durchaus überrascht von seinem jetzigen Gehaben. Denn jetzund, wie er zu ihnen zurückkam, war er absolut nüchtern, ein wenig blaß – ja, – aber er sprach ganz leise und durch und durch vernünftig …
»Es ist gemacht«, sagte er, ein wenig heiser. »Ich hab einen Kampf mit dem Kerl ausgemacht. Aber nun kommen Sie, bitte, dichter ran und hören Sie recht, recht aufmerksam zu. Wir haben nicht viel