Название | Martin Eden |
---|---|
Автор произведения | Джек Лондон |
Жанр | Языкознание |
Серия | |
Издательство | Языкознание |
Год выпуска | 0 |
isbn | 9788026884491 |
Er legte das Manuskript in einen großen Umschlag und schickte es an den Redakteur des San Francisco Examiner. Er dachte sich, daß ein von einem Blatt angenommener Aufsatz sofort veröffentlicht würde, und da er das Manuskript am Freitag eingesandt hatte, erwartete er, seinen Aufsatz am folgenden Sonntag gedruckt zu sehen. Er meinte, das wäre eine hübsche Art und Weise, Ruth von seiner Rückkehr zu unterrichten. Dann wollte er am Sonntag nachmittag zu ihr gehen und sie begrüßen. Unterdessen beschäftigte ihn eine andere Idee, die, wie er glaubte, wirklich vernünftig, gesund und bescheiden war. Er wollte eine Abenteuergeschichte für Knaben schreiben und sie dem Jugendmagazin verkaufen. Er ging in den Lesesaal der Volksbibliothek und blätterte mehrere Jahrgänge des Jugendmagazins durch. Er sah, daß die Geschichten durchweg in fünf Fortsetzungen zu je etwa dreitausend Wörtern gedruckt waren. Er sah aber auch mehrere Erzählungen, die sich über sieben Nummern erstreckten, und er entschloß sich, eine von dieser Länge zu schreiben.
Er hatte einmal eine Walfangexpedition in den Arktischen Meeren mitgemacht – eine Reise, die auf drei Jahre berechnet gewesen war, aber nach einem halben Jahr durch Schiffbruch ihr Ende fand. Seine Einbildungskraft war lebhaft, zeitweise sogar phantastisch, gleichzeitig aber besaß er einen ausgeprägten Wirklichkeitssinn, der ihn zwang, nur über Dinge zu schreiben, die er kannte. Er kannte den Walfang und begann das Material, das er besaß, zu den abenteuerlichen Erlebnissen umzugestalten, die das Los der beiden Knaben werden sollten, welche er zu Helden seiner Geschichte machen wollte. Am Sonnabend entschied er, daß es eine leichte Arbeit war. Er hatte an diesem Tage den ersten Abschnitt von dreitausend Wörtern beendet – zur großen Belustigung Jims und zum offenen Spott Bernard Higginbothams, der beim Essen andauernd Bemerkungen über den »Literaten« machte, der plötzlich in ihrer Mitte aufgetaucht war. Martin tröstete sich damit, daß er sich die Überraschung seines Schwagers ausmalte, wenn er am Sonntagmorgen den Examiner öffnete und den Aufsatz über die Schatzsucher sah. Am Sonntagmorgen war er ganz früh auf der Straße und überflog die Spalten der dicken Zeitung. Er durchsuchte sie noch einmal sehr sorgfältig, faltete sie dann zusammen und legte sie wieder an ihren Platz zurück. Er freute sich, daß er keinem etwas von seinem Aufsatz erzählt hatte. Dann kam er zu dem Ergebnis, daß er sich geirrt hatte in bezug auf die Schnelligkeit, mit der ein Artikel in den Spalten der Zeitung erscheinen konnte. Zudem war sein Aufsatz nicht eigentlich aktuell gewesen, und höchstwahrscheinlich würde der Redakteur ihm erst schreiben.
Nach dem Frühstück arbeitete er weiter an seiner Erzählung. Die Worte flossen ihm aus der Feder, obwohl er häufig innehielt, um etwas im Lexikon nachzuschlagen oder sich mit der Rhetorik zu beraten. In diesen Pausen las er auch oft, und zwar wiederholt, ein ganzes Kapitel durch und tröstete sich damit, daß er, wenn er auch nicht die großen Dinge schrieb, die er, wie er fühlte, in sich hatte, doch auf jeden Fall dabei schreiben lernte und sich übte, seine Gedanken zu formen und auszudrücken. Er arbeitete bis zum Dunkelwerden und ging dann in den Lesesaal, wo er Magazine und Zeitschriften bis zum Bibliothekschluß um zehn Uhr abends durchlas. Dieses Programm befolgte er eine ganze Woche. Täglich schrieb er dreitausend Wörter, und täglich las er die Magazine und suchte herauszufinden, was für Erzählungen, Aufsätze und Gedichte die Redakteure am liebsten veröffentlichten. Eines war sicher: Was diese zahlreichen Skribenten machten, konnte er auch fertigbringen, und wenn er nur Zeit hatte, wollte er schon etwas machen, das sie nicht konnten. Es ermutigte ihn, daß er in einem Blatte eine Notiz fand, wie Leute, die für Magazine schrieben, bezahlt wurden – nicht, weil er sah, daß Rudyard Kipling einen Dollar das Wort bekam, sondern weil die schlechteste Bezahlung der größeren Magazine zwei Cent das Wort waren. Das Jugendmagazin mußte doch ein größeres Blatt sein, und so brachten ihm die dreitausend Wörter, die er an diesem Tage geschrieben hatte, seiner Berechnung nach sechzig Dollar – zwei Monate Heuer – ein!
Am Freitag abend hatte er die einundzwanzigtausend Wörter lange Erzählung beendet. Nach seiner Berechnung mit zwei Cent das Wort mußte sie ihm vierhundertundzwanzig Dollar einbringen – kein schlechter Wochenverdienst. Das war mehr Geld, als er je auf einmal besessen hatte. Er wußte gar nicht, was er mit all dem Geld machen sollte. Er hatte eine Goldmine entdeckt. Wo das hergekommen war, konnte er mehr holen. Er gedachte sich noch einige Kleidungsstücke zu kaufen, viele Zeitschriften zu halten und sich Dutzende von Handbüchern anzuschaffen, um derentwillen er jetzt in die Bibliothek gehen mußte. Aber es blieb immer noch ein gut Teil von den vierhundertundzwanzig Dollar übrig, mit dem er nichts anzufangen wußte. Das quälte ihn, bis ihm der Gedanke kam, ein Dienstmädchen für Gertrude zu engagieren und ein Fahrrad für Marian zu kaufen.
Er schickte das umfangreiche Manuskript mit der Post an das Jugendmagazin, und am Sonnabend nachmittag, nachdem er den Entwurf für einen Aufsatz über Perlenfischerei gemacht hatte, ging er, Ruth zu begrüßen. Er hatte sie zuvor angerufen, so daß sie ihn selbst an der Tür empfing. Das alte, wohlbekannte Gefühl von strahlender Gesundheit strömte ihr von ihm entgegen und traf sie wie ein Schlag. Es war, als ginge sie in ihren Körper über, schösse wie ein glühender Strom durch ihre Adern und ließe sie unter dieser neuen Kraftzufuhr erbeben. Eine warme Röte ergoß sich über sein Gesicht, als er ihre Hand ergriff und ihr in die blauen Augen sah. Aber die acht Monate in einem warmen Klima hatten sein Gesicht so verbrannt, daß man diese Röte nicht sah, wenn man auch auf seinem Halse die roten Streifen des steifen Kragens bemerkte. Sie sah den roten Strich und belustigte sich darüber, aber ihre Heiterkeit schwand, als sie seine Kleidung sah. Sie paßte ihm wirklich – es war sein erster nach Maß gefertigter Anzug –, und er erschien ihr schlanker und feiner gebaut. Dazu hatte er seine Mütze mit einem weichen Filzhut vertauscht, den er auf ihre Aufforderung aufsetzte, worauf sie ihm Komplimente über sein Aussehen machte. Sie konnte sich nicht erinnern, je so glücklich gewesen zu sein. Die mit ihm vorgegangene Veränderung war ihr Werk, und sie war stolz darauf und von dem ehrgeizigen Traum erfüllt, ihm noch weiter zu helfen.
Aber die durchgreifendste Veränderung und die, worüber sie sich am meisten freute, war doch die in seiner Sprache. Er sprach nicht nur korrekter, sondern auch mit größerer Leichtigkeit, und sein Wortschatz hatte sich um viele neue Ausdrücke vermehrt. Nur wenn er sich besonders ereiferte und begeisterte, konnte er wieder in seinen alten Slang und die gedehnten Endsilben verfallen, und sie bemerkte auch eine gewisse Verlegenheit und Zurückhaltung, wenn er einen der neugelernten Ausdrücke anzuwenden versuchte. Aber außer der Leichtigkeit, mit der er sich ausdrückte, bemerkte sie auch zu ihrer Freude eine scherzhafte Leichtigkeit und Eleganz in seinem Gedankengang. Dieser Sinn für Humor und diese Unterhaltungsgabe waren es, die ihn in seinem eigenen Kreise so beliebt gemacht hatten, aber aus Wortmangel hatte er ihr gegenüber bisher keinen Gebrauch davon machen können. Er war im Begriff, ein neuer Mensch zu werden und zu fühlen, daß er keine Null mehr war. Aber er fühlte stets, wie weit er gehen durfte, ließ Ruth in bezug auf Scherz und Unterhaltung stets den Vortritt und wagte sich nie weiter als sie.
Er erzählte