Seewölfe - Piraten der Weltmeere 18. Davis J. Harbord

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Название Seewölfe - Piraten der Weltmeere 18
Автор произведения Davis J. Harbord
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783954392018



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wollte noch etwas hinzufügen, da gellte Dan O’Flynns helle Stimme vom Vormars.

      „Deck! Ein Kanu – nein, mehrere Kanus – Steuerbord achteraus!“

      Die „Golden Hind“ lag vor Anker im Wind, den Bug seewärts, das Heck schräg zum Land gerichtet. Francis Drake, Hasard und die Männer auf dem Achterdeck fuhren herum und starrten achteraus.

      Um die Ostseite des langen Strandes schossen mehrere Kanus über das Wasser und wurden mit kurzen, raschen Paddelschlägen auf die „Golden Hind“ zugetrieben.

      „Araukaner!“ sagte Nuno da Silva. „Ihre Verbündeten, Senor Capitan.“ Seine Stimme hatte einen etwas ironischen Klang.

      Es waren sechs Kanus, jeweils mit zwölf hellbraunen, schwarzhaarigen Männern besetzt. Sie trugen als einzige Kleidungsstücke Durchziehschurze und hatten kräftige, stämmige Körper.

      Der Kaplan ächzte. Geradezu fassungslos sagte er: „Das sind ja nackte Wilde!“

      „Halbnackt, Mister Fletcher“, sagte Hasard, der neben ihm stand. „Sie bemerken hoffentlich den feinen Unterschied.“

      Der Kaplan warf ihm einen ärgerlichen Blick zu und biß sich auf die Lippen.

      Die Kanus teilten sich und umkreisten die „Golden Hind“. Die Mienen der Araukaner waren alles andere als freundlich. Finster betrachteten sie das fremde Schiff und die bärtigen Männer mit der hellen Haut.

      Drake schwang sich auf das Backbordschanzkleid und winkte ihnen zu. Er lachte breit und lud durch Handbewegungen ein, doch ruhig näher zu kommen. Gestenreich und mit eindrucksvoller Mimik tat er kund, friedliche Absichten zu hegen, ließ ein leeres Wasserfaß zeigen, sagte „gluck-gluck“, um anzudeuten, daß sie Wasser brauchten, klopfte sich auf den Bauch und kaute zum Zeichen des Hungers, verbeugte sich mehrere Male und legte immer wieder seine Rechte aufs Herz.

      Ein Kanu löste sich von den anderen und wurde langsam herangepaddelt. Achtern thronte hochaufgerichtet ein breitschultriger, muskulöser Mann. Um den kräftigen Hals trug er eine Silberkette. In den Fäusten hielt er eine Steinaxt – ein Ding, das geeignet erschien, Felsen zu zertrümmern.

      Dieser beeindruckende Mann schien so etwas wie ein Häuptling zu sein. Er sagte etwas Unverständliches, und die Indianer stoppten das Kanu mit den Paddeln. Sie taten es sehr geschickt und drehten das leichte Fahrzeug, so daß es parallel zum Achterkastell lag.

      Der Mann achtern starrte zu Francis Drake hinauf, wies mit dem Stiel seiner Steinaxt zu ihm hoch und sagte mit einer dunklen Stimme: „Du – Philipp?“

      Drake blickte ihn verblüfft an, dann begriff er und lachte schallend. Auf spanisch sagte er: „Nein – kein Philipp! Ich bin Engländer, und dem verdammten Philipp wünsche ich die Pest an den Hals, mein Junge, verstehst du?“

      Die Araukaner schnatterten durcheinander. Der Häuptling runzelte finster die Brauen und blieb weiterhin mißtrauisch. Mit einer schroffen Handbewegung brachte er seine Männer zum Schweigen.

      „Wir sind keine Spanier!“ rief Drake hinunter. „Wir sind Engländer und eure Freunde!“ Er wandte sich zu seinem Trompeter, dem jungen Tim Brewer, um. „Lauf in meine Kammer, Tim, und hol den Zierdegen aus dem Schapp links neben der Koje. Ich will ihn dem Häuptling als Geschenk überreichen, los, ab mit dir!“

      „Aye, aye, Sir.“ Der Junge flitzte los.

      „Ogottogott“, murmelte der dicke Kaplan und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Sie wollen diesem Heiden eine Waffe schenken, Kapitän?“

      „Allerdings“, sagte Drake spitz. „Ich würde ihm ja gern eine Bibel verehren, aber ich befürchte, daß er sie nicht zu lesen versteht.“

      „Das sind doch Menschenfresser“, sagte der Kaplan.

      „Sollten sie es sein“, erwiderte Drake mit makabrem Humor, „dann werde ich dem Häuptling empfehlen, Sie als ersten von uns zu schlachten, Mister Fletcher. Das wird bestimmt eine fettreiche Suppe.“

      Der Kaplan wurde schneeweiß und sah sich hilfesuchend um. Er blickte nur in grinsende Gesichter.

      Stotternd sagte er: „Sie – Sie versündigen sich, Kapitän.“

      „Unfug“, sagte der Kapitän schroff und winkte Carberry zu: „Profos, lassen Sie bitte die Jakobsleiter ausbringen.“

      „Aye, aye, Sir.“

      Die Jakobsleiter wurde auf der Backbordseite ausgebracht. Welchen Zweck sie hatte, mußte auch den Indianern klar sein, aber sie verhielten sich eher erschreckt.

      Francis Drake winkte einladend, kletterte selbst die Leiter hinunter, enterte wieder auf und winkte erneut dem Häuptling zu, es ihm gleichzutun.

      Der zögerte immer noch und schien sich mit seinen Männern zu beraten. Hasard sah, daß die Indianer Speere sowie Pfeile und Bogen im Kanu liegen hatten. Sechs mal zwölf Indianer ergaben zweiundsiebzig Kämpfer – eine stolze Zahl, auch wenn sie keine Feuerwaffen hatten.

      „Ben, paß auf, was die Brüder drüben auf der Steuerbordseite tun“, flüsterte er dem Bootsmann zu. „Behalte die Kanus dort im Auge.“

      Ben Brighton nickte nur und schlenderte zum Steuerbordschanzkleid hinüber.

      Hasard blickte zum Vormars hoch. Es war, wie er es gedacht hatte: Dan O’Flynn hing halb über der Segeltuchverkleidung und starrte fasziniert auf die Männer in den Kanus.

      Hasard flankte über die Balustrade des Achterkastells, glitt über die Kuhl, blieb stehen, stemmte die Fäuste in die Hüften und schaute schweigend zum Vormars hoch. Der Blick aus seinen eisblauen Augen sprach Bände.

      Das Bürschchen zuckte zusammen und bezog sofort wieder seinen Ausguckposten, das heißt, unaufhörlich rundum Ausschau zu halten.

      Als Hasard sich wieder umwandte, sah er, daß Kapitän Drake es geschafft hatte.

      Das Kanu wurde an die Jakobsleiter herangepaddelt, und der Häuptling enterte wie eine Katze hoch. Mit einem geschmeidigen Satz landete er auf der Kuhl fast direkt vor Hasard.

      Hasard lächelte ihn an und verbeugte sich leicht, die Rechte auf dem Herzen. Der Häuptling blickte ihn irritiert an. Offensichtlich hatte er so blaue Augen noch nie in seinem Leben gesehen. Er trat noch näher, hob die Rechte und zog vorsichtig mit dem Zeigefinger Hasards linkes Unterlid nach unten.

      Hasard verzog keine Miene.

      Der Häuptling grunzte, als sein Blick auf Stenmark, den großen, blonden Schweden fiel. Der hatte auch blaue Augen – na, und das Haar!

      Er mußte es sich gefallen lassen, daß der Häuptling ihm eins auszupfte und hastig unter dem Schurz verschwinden ließ.

      Dann war der Riese Ferris Tucker, Hasards Schiffszimmermann, an der Reihe. Sein rotes Haar leuchtete in der Nachmittagssonne wie eine Fakkel. Er beugte den Kopf und bot dem Häuptling sein Haar zum Zupfen dar. Er verlor mehr als nur ein Haar. Das Büschel verschwand ebenfalls unter dem Schurz.

      Von magischer Anziehungskraft erwies sich im weiteren die Hakenprothese von Matt Davies. Dem Häuptling fielen fast die Augen aus dem Kopf, und er sagte etwas zu Matt.

      Matt Davies grinste so freundlich wie ein Haifisch und sagte: „Damit kann ich Holz hacken, in der Nase bohren, Schädel spalten, Spundlöcher verdübeln, Lasten heben und dir den Arsch aufreißen!“

      Der Häuptling nickte bewundernd. Daß ein Mensch statt einer Hand einen scharfgeschliffenen, metallenen Haken hatte, war großer Zauber.

      Kapitän Drake räusperte sich diskret, und der Häuptling drehte sich um. Drake hielt ihm auf den offenen Händen den Zierdegen entgegen.

      „Für dich, mein Junge.“ Der Häuptling mochte sogar älter als Kapitän Francis Drake sein. Dennoch sagte Drake „mein Junge“. Das war so seine Art, dem Partner sein Vertrauen zu zeigen. Der Häuptling hätte das nie begriffen, auch wenn er die Sprache des Kapitäns verstanden hätte. „Mein Junge“ bedeutete einfach, du bist ein