Lederstrumpf. Джеймс Фенимор Купер

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Название Lederstrumpf
Автор произведения Джеймс Фенимор Купер
Жанр Языкознание
Серия Klassiker bei Null Papier
Издательство Языкознание
Год выпуска 0
isbn 9783962813444



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er hat mir gesagt, er könne nicht lesen! Bedenke nur, ein weißer Mann und nicht einmal seine Bibel lesen können! Er hat wohl nie eine Mutter gehabt, Schwester!

      Lass das ruhen, Hetty. Nicht alle Menschen können lesen; obgleich unsre Mutter so Viel wusste, und uns so Viel lehrte, versteht doch Vater sehr Wenig von Büchern, und kann kaum nur die Bibel lesen, wie du weißt.

      Oh, ich dachte auch nie, dass die Väter gut lesen könnten, aber die Mütter sollten alle lesen, denn wie können sie es sonst ihre Kinder lehren? Glaube mir, Judith, Wildtöter kann nie eine Mutter gehabt haben, sonst würde er auch lesen können.

      Hast du ihm gesagt, ich habe dich an’s Land geschickt, Hetty, und dass ich so bekümmert sei um sein Unglück? fragte die andere ungeduldig.

      Ich glaube so, Judith; aber du weißt, ich bin schwachsinnig und kann es vergessen haben. Ich habe ihm gesagt, du habest mich ans Land geführt. Und er trug mir vieles auf, was ich dir sagen sollte, dessen ich mich wohl erinnere, denn das Blut erstarrte mir, wie ich ihm zuhörte. Er trug mir auf zu sagen, seine Freunde – ich denke, zu denen gehörst du auch, Schwester?

      Wie kannst du mich so martern, Hetty! gewiss gehöre ich zu den treuesten Freunden, die er auf der Welt hat!

      Dich martern, ja, jetzt besinne ich mich wieder auf alles! Ich bin froh, dass du das Wort gebrauchtest, Judith, denn es ruft nur wieder alles in die Seele zurück. Nun er sagte, er könnte wohl von den Wilden gemartert werden, aber er wolle versuchen, es zu ertragen, wie es einem christlichen, weißen Manne gezieme, und es dürfe niemand in Forcht sein – warum sagt denn Wildtöter: in Forcht, während uns doch Mutter immer sagen lehrte: in Furcht?

      Lass das, liebe Hetty, lass doch jetzt das, rief die andere, beinahe außer Stand zu atmen. Hat Wildtöter dir wirklich gesagt, er glaube, die Wilden würden ihn martern? Besinne dich recht, Hetty, denn das ist eine höchst ernste und entsetzliche Sache.

      Ja, das hat er; und es fällt mir darüber ein, dass du sagtest, ich martere dich. Oh! es ward mir sehr leid und bange um ihn, und Wildtöter nahm alles so ruhig und so geräuschlos! Wildtöter ist nicht so schön wie Hurry Harry, Judith, aber er ist ruhiger.

      Er ist so viel wert, als eine Million Hurry’s! ja, er ist so viel wert als alle die jungen Männer, die je an den See kamen, zusammengenommen, sagte Judith mit einer Lebhaftigkeit und Bestimmtheit, welche ihre Schwester staunen machte. Er ist wahr! es ist keine Lüge in Wildtöters Mund und Seele. Du, Hetty, weißt vielleicht nicht, welches Verdienst an einem Manne die Wahrheit ist, aber wenn du einmal – nein, ich hoffe du wirst es nie erfahren. Warum sollte ein Geschöpf, wie du, je die harte Schule des Hasses und Misstrauens durchmachen?

      Judith beugte, so dunkel es war, und so wenig sie von irgend einem Auge außer dem der Allmacht gesehen werden konnte, ihr Haupt herunter zwischen ihre Hände und stöhnte tief auf. Dieser plötzliche Paroxysmus von Affekt dauerte jedoch nur einen Augenblick, und sie fuhr dann ruhiger fort, immer noch freimütig zu ihrer Schwester sprechend, in deren Verstand und Verschwiegenheit in allem, was sie betraf, sie nicht das mindeste Misstrauen setzte. Ihre Stimme war aber jetzt leise und hohl, während sie zuvor klar und lebhaft gewesen war.

      Es ist eine harte Sache, die Wahrheit fürchten zu müssen, Hetty, sagte sie: und doch fürchte ich Wildtöters Wahrhaftigkeit mehr als irgend einen Feind. Man kann nicht markten mit solcher Wahrhaftigkeit – solcher Redlichkeit – solcher hartnäckigen Geradheit! Aber sind wir nicht gänzlich ungleich, Schwester – Wildtöter und ich? Ist er nicht in allem mir überlegen?

      Es war etwas Ungewöhnliches bei Judith, sich so weit herunterzugeben, dass sie an Hetty’s Einsicht und Urteil sich fragend wandte. Auch redete sie sie nicht oft mit dem Namen Schwester an, – eine Auszeichnung, die gewöhnlich die Jüngere der Älteren erweist, selbst da wo in allen anderen Beziehungen Gleichheit der Personen stattfindet. Wie geringfügige Abweichungen vom gewohnten Ton oft stärker auffallen, als wichtigere Veränderungen, bemerkte auch Hetty diese Umstände, und wunderte sich darüber in ihrer einfachen Weise.

      Ihr Ehrgeiz war ein wenig aufgestachelt; und ihre Antwort war eben so wenig dem gewöhnlichen Lauf der Dinge entsprechend, als die Frage; denn das arme Mädchen suchte sich über ihr Vermögen fein und klug vernehmen zu lassen.

      Überlegen, Judith?– wiederholte sie mit Stolz. In was kann Wildtöter dir überlegen sein? Bist du nicht der Mutter Kind – und kann er lesen – und tat es nicht Mutter darin allen Frauen in dieser Gegend der Welt zuvor? Ich sollte meinen, weit entfernt, dass er dir überlegen wäre, dürfte er sich kaum mir überlegen glauben. Du bist hübsch und er ist hässlich–

      Nein, nicht hässlich, Hetty, unterbrach sie Judith, Nur unansehnlich. Aber sein ehrliches Gesicht hat einen Ausdruck, der weit besser ist, als Schönheit. In meinen Augen ist Wildtöter hübscher als Hurry Harry.

      Judith Hutter! Du erschreckst mich. Hurry ist der hübscheste Sterbliche auf der Welt – hübscher sogar als du selbst; weil, wie Du weißt, das gute Aussehen eines Mannes immer besser ist, als das gute Aussehen eines Weibes.

      Dieser kleine unschuldige Zug von natürlichem Geschmack gefiel der ältern Schwester im Augenblick nicht, und sie stand nicht an, dies zu erkennen zu geben.

      Hetty, du sprichst jetzt töricht, und sagtest lieber Nichts mehr über diesen Gegenstand, versetzte sie. Hurry ist weit nicht der schönste Sterbliche auf der Welt; und es sind Offiziere in den Garnisonen – bei diesen Worten stammelte Judith – es sind Offiziere in den Garnisonen in unsrer Nähe weit hübscher als er. Aber warum glaubst Du, dass ich Wildtötern gleich sei – davon sprich, denn ich höre es nicht gern, wenn du solche große Bewunderung an den Tag legst für einen Mann wie Hurry Harry, der weder Gefühl, noch Benehmen, noch ein Gewissen hat. Du bist zu gut für ihn, und das sollte man ihm geradeheraus sagen!

      Ich, Judith, wie Du alles vergisst! Ha, ich bin ja nicht schön, und schwachsinnig!

      Du bist gut, Hetty, und das ist mehr, als sich von Henry March sagen lässt. Er mag ein Gesicht, und einen tüchtigen Körper haben, aber er hat kein Herz. Doch genug hievon für jetzt. Sage mir, was mich Wildtötern gleich stellt.

      Dass dir einfällt, mich das zu fragen, Judith! Er kann nicht lesen und du kannst es. Er weiß nicht, schön zu reden, sondern spricht schlechter, sogar als Hurry; denn, Schwester, Harry spricht seine Worte nicht immer richtig aus. Hast du das auch schon bemerkt!

      Ganz gewiss; er ist so roh im Sprechen, wie in allem sonst. Aber ich fürchte, du schmeichelst mir, Hetty, wenn du meinst, ich könne mit Recht Wildtötern gleich gestellt werden. Es ist wahr, ich habe mehr gelernt; bin in einem Sinne hübscher; und vielleicht dürfte ich nach Höherem trachten – aber dann seine Wahrhaftigkeit – seine Wahrhaftigkeit – die macht einen fürchterlichen Unterschied zwischen uns! Nun, ich will hievon nicht weiter sprechen; und wir wollen auf Mittel denken, ihn aus den Händen der Huronen zu befreien. Wir haben Vaters Schrank in der Arche, Hetty, und könnten es mit der Lockspeise weiterer Elephanten versuchen; aber ich fürchte, solche Spielsachen werden nicht die Freiheit eines Mannes wie Wildtöter erkaufen. Ich fürchte Vater und Hurry werden nicht so bereitwillig sein, Wildtöter auszulösen, als er es war, sie auszulösen!

      Warum nicht, Judith? Hurry und Wildtöter sind Freunde und Freunde sollten immer einander beistehen?

      Ach, arme Hetty, du kennst die Menschen wenig! Anscheinende Freunde sind oft mehr zu fürchten, als offene Feinde, zumal von Frauen. Aber Du sollst am Morgen noch einmal an’s Land, und versuchen, was für Wildtöter geschehen kann. Gemartert soll er nicht werden, so lange Judith Hutter lebt, und Mittel finden kann, es zu verhindern.

      Das Gespräch kam jetzt auf allerlei Punkte und spann sich fort, bis die ältere Schwester von der jüngern alle Umstände herausgezogen hatte, welche zu behalten und mitzuteilen dieser ihre schwachen Geisteskräfte gestatteten. Als Judith befriedigt war – obgleich man eigentlich nicht sagen kann, dass sie befriedigt worden, da ihre Gefühle so mit allem verwoben waren, was sich auf den Gegenstand bezog, dass eine fast nicht zu stillende Neugier in ihr rege geworden war – also, als Judith keine Fragen mehr zu ersinnen wusste, ohne sich nur zu wiederholen, ward das Canoe zu der Arche hingerudert.